Mittwoch, 19. Mai 2021

Beseitigung der Verstrickung einer zuvor ausgebrachten Kontopfändung

Beseitigung der Verstrickung einer vor Insolvenzeröffnung ausgebrachten Kontopfändung.

Eduard Meier, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner

 

Hat ein Gläubiger rechtzeitig vor dem Eingreifen der Rückschlagsperre nach § 88 InsO eine Kontopfändung ausgebracht, so steht ihm grundsätzlich ein zur abgesonderten Befriedigung berechtigendes Pfandrecht i. S. d. § 50 Abs. 1 InsO am Kontoguthaben zu. Soweit die Pfändung jedoch Beiträge umfasst, die erst nach Insolvenzeröffnung dem Konto gutgeschrieben werden, ist die diesbezügliche Zwangsvollstreckung nach § 89 Abs. 1 InsO (bzw. nach § 294 InsO für die Wohlverhaltensphase) unzulässig. Dies führt zwar zum Wegfall der materiell-rechtlichen Verwertungsbefugnis, nicht aber der öffentlich-rechtlichen Verstrickung.

 

SEMINARTIPP

Das "neue" Pfändungsschutz-Konto, 13.10.2021, Frankfurt/M.

 

Die Beseitigung der Verstrickung setzt grundsätzlich die dauerhafte Aufhebung der Pfändungsmaßnahme voraus. Dies kann vom Vollstreckungs- bzw. Insolvenzgericht entweder auf Antrag des Betroffenen selbst oder auch von Amts wegen geschehen. In der Instanzrechtsprechung ist seit vielen Jahren jedoch höchst umstritten, ob die Beseitigung der Verstrickung auch dergestalt erfolgen kann, dass die Vollziehung der Vollstreckung zeitlich beschränkt bis zur Beendigung des Insolvenzverfahrens (bzw. bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung) ausgesetzt wird. Dies hätte für die Gläubiger den Vorteil, dass ihr jeweiliger Rang – anders als bei einer unbedingten Aufhebung – erhalten bliebe.

 

BUCHTIPP

Cranshaw (Hrsg.): Drittschuldnerkommentar Kreditwirtschaft, 2021.

 

Mit Beschluss vom 09.02.2021 – 2-09 T 39/21 hat das Landgericht Frankfurt a. M. die Zulässigkeit einer vorübergehenden Aussetzung verneint. Zur Begründung weist es darauf hin, dass für eine solche Aussetzung – erst recht im Hinblick auf das streng formalisierte Zwangsvollstreckungsverfahren – eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich sei. Insoweit komme eine Einstellung der Zwangsvollstreckung etwa in Form der Ruhendstellung der Pfändung nach §§ 775 Nr. 4, 843 ZPO nicht in Betracht.

 

PRAXISTIPP

 

Die (rechtskräftige) Entscheidung des Landgerichts Frankfurt ist zutreffend. Die ZPO sieht die Möglichkeit einer zeitlich beschränkten Aussetzung einer Pfändungsmaßnahme für die (unbestimmte) Dauer des Insolvenzverfahrens, welche zugleich zu der gewünschten vorübergehenden Suspendierung der öffentlich-rechtlichen Verstrickung führt, schlichtweg nicht vor. An dieser Feststellung vermag auch der Verweis der Gegenauffassung auf das Interesse der Gläubiger an einer Rangwahrung nichts zu ändern. Es bleibt nach derzeitiger Rechtslage daher nur die Möglichkeit, die Pfändung aufzuheben. 

 

Eine endgültige Klärung wird letztlich dem Bundesgerichtshof vorbehalten bleiben. Dort sind bereits entsprechende Rechtsbeschwerden unter den Aktenzeichen IX ZB 10/21 und 11/21 anhängig.

 


Beitragsnummer: 18220

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