Mittwoch, 12. Januar 2022

Unzulässigkeit von Negativzinsen bei Alt-Schuldscheindarlehen

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner


Was die Frage der Zulässigkeit der Vereinbarung von Negativzinsen bei sogenannten Alt-Schuldscheindarlehen anbelangt, so hatten unterschiedliche Kammern des Landgerichts Düsseldorf diesbezüglich unterschiedlich entschieden. Während die 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (vgl. hierzu Edelmann/BTS, Ausgabe Oktober 2020, 123 f.) entschieden hatte, dass die in einem zwischen zwei Unternehmen abgeschlossenen Schuldscheindarlehen enthaltene Zinsleitklausel bei hinreichendem Absinken des Referenzzinssatzes zu einem rechtlich nicht zu beanstandenden Negativzins und damit zu einer Umkehr der Zahlungsströme führen kann, hatte eine weitere Kammer des Landgerichts Düsseldorf festgehalten, dass die Vereinbarung von Negativzinsen auch in einem zwischen zwei Unternehmen abgeschlossenen Schuldscheindarlehen gegen den Leitbildgedanken des § 488 BGB verstoßen würde und daher unwirksam wäre (vgl. hierzu Edelmann, BTS Ausgabe März 2021, 19 f.). 

In seiner Entscheidung vom 28.10.2021 Az. I, 5 U 29/21 schließt sich das Oberlandesgericht Düsseldorf letzterer Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf an und hält fest, dass die Vereinbarung von Negativzinsen auch bei Schuldscheindarlehen zwischen zwei Unternehmen gegen den Leitbildgedanken des § 488 BGB verstößt. 

Im Hinblick auf die anderslautende und vorstehend zitierte Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf weist das Oberlandesgerichts Düsseldorf darauf hin, dass der Entscheidung des BGH vom 13.04.2010 (NJW 2010, 1742) entgegen der Auffassung des LG Düsseldorf keine Aussage darüber entnommen werden kann, ob die Zahlung von Negativzinsen aufgrund einer im Jahr 2004 vertraglich vereinbarten Zinsgleitklausel zulässig ist oder nicht (so auch Edelmann, BTS Ausgabe Oktober 2020, 123) und dass das Landgericht Düsseldorf darüber hinaus bei der Auslegung der Zinsklausel nicht den gesamten Wortlaut des betroffenen Schuldscheindarlehensvertrages berücksichtigt habe.

 

PRAXISTIPP

Da das Oberlandesgericht Düsseldorf die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen hat, bleibt abzuwarten, wie der BGH über die Frage entscheiden wird. Vieles spricht dafür, dass der Bundesgerichtshof die Auffassung des OLG Düsseldorf bestätigen wird. Dies deshalb, weil die Vereinbarung von Negativzinsen auch bei sogenannten Schuldschein-Darlehensverträgen zwischen zwei Unternehmen gegen den Leitbildgedanken des § 488 BGB sowie gegen die in Literatur und Rechtsprechung bisher vertretene „Zinsdefinition“ verstößt, woran eine rein mathematische Betrachtungsweise nichts zu ändern vermag. Im Übrigen dürften beide Parteien bei Abschluss des Schuldscheindarlehensvertrages nicht davon ausgegangen sein, dass sich die vereinbarten Zahlungsströme in ihr Gegenteil verkehren.


Beitragsnummer: 19505

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