Oliver Pickert, Analyst Marktfolge Kredit, Volksbank RheinAhrEifel eG
„Der Digitale Finanzbericht“ ist im aktuellen Nutzungsumfang ein deutschlandweit einheitlicher Standard, um Jahresabschlussdaten an Kreditinstitute elektronisch zu übertragen.
Digitalisierung, weit mehr als reine Technik
Offiziell hat sich das Projekt „Der Digitale Finanzbericht“ die Maschinenlesbarkeit von Jahresabschlussdaten auf Seiten der Banken zur Aufgabe gemacht. Rein technisch ist also die Datenübertragung mit dem Transfer der E-Bilanz an die Finanzbehörde vergleichbar. Unter anderem soll der händische Erfassungsaufwand minimiert werden – Erfassungsaufwand, welcher der eigentlichen Analyse vorausgeht.
In der subjektiven Wahrnehmung sind es dreiviertel der Arbeitszeit, die darauf verwendet werden, Daten manuell zur erfassen oder durch scannen in die entsprechenden Systeme zu übernehmen. Damit verbleiben zur Analyse und weiteren Verarbeitung gerade einmal ein Viertel des verfügbaren Zeitfensters. Diese Gewichtung sollte überdacht werden und zwar bevor die Gegebenheiten dazu zwingen.
Stand heute lassen sich auch die Daten der Einnahmeüberschussrechnung digital übermitteln. Fachkundige Kreise gehen sogar davon aus, dass hier die höheren Übertragungsmengen zu erwarten sind.
SEMINARTIPPS
Analyse der zukünftigen Kapitaldienstfähigkeit, 07.10.2019, Frankfurt/M.
Quick-Check BWA-Analyse, 05.11.2019, Wiesbaden.
Automatisierte EWB-Sicherheiten-Prüfung, 11.11.2019, Berlin.
Sicherheitenmanagement nach CRR, 20.11.2019, Frankfurt/M.
Kredit-Jahrestagung 2019, 20.–21.11.2019, Berlin.
Eine weit größere Innovation des „Digitalen Finanzberichts“ besteht jedoch in der Bereitschaft zur Kooperation aller am Vorgang Beteiligten (Steuerberater, Kreditinstitute, Softwareanbieter). Gerade die gemeinsame Kommunikation offenbart weitere Synergien und macht deutlich, in welchem Maße beispielsweise Informationen ungenutzt vorgehalten werden. Daten, die beim jeweiligen Empfänger ansonsten nur mit erheblichem Aufwand und auch nur unvollständig erhoben werden.
Die Nutzung von Daten konsequent weiter ausbauen
Die Verfügbarkeit möglichst vielseitiger Informationen ist noch wesentlicher als deren möglichst einfache Erhebung. Dabei ist nicht nur der Dateneingang, sondern auch die konsequente Weiterverarbeitung ein entscheidendes Kriterium. Gemeint ist die Möglichkeit, vorliegende Daten, z. B. bereichsübergreifend nutzen zu können. Begriffe wie „Datawarehouse“, „Datalakes“ und „Big Data“ machen immer wieder die Runde, nicht zuletzt in zentralen Institutionen wie der Bundesbank.
Leider sind es gerade die wirtschaftlichen Interessen der jeweiligen Softwareanbieter, die den möglichen Umfang der Nutzung einschränken oder aber Medienbrüche zu mindestens nicht beheben. Diese Medienbrüche führen beim Nutzer zu organisatorischem Mehraufwand bzw. ziehen teilweise umständliche Softwarelösungen nach sich.
Anregungen für den Alltag
Allgemeingültige Tipps für den Alltag gibt es bislang nicht, denn das würde voraussetzen, dass die Gegebenheiten in allen Kreditinstituten und Steuerberatungspraxen gleich wären, was nicht der Fall ist. Folglich sind es die klassischen Themen wie Kommunikation und Kooperationsbereitschaft, die es als Voraussetzung einer gelungenen Zusammenarbeit zu erfüllen gilt.
Mit Wissen gewinnen
Es ist die Dosis, die das Gift macht und so ist es wesentlich, die am Prozess beteiligten Personen in einem sachgerechten Maß vorab zu informieren. Es gilt sie zu informieren, welche Kooperationen angestrebt und welche Ziele hiermit verfolgt werden. Und zwar dass die Einführung der digitalen Datenübertragung geplant ist und welche Konsequenzen sich für die tägliche Arbeit ergeben können. Den Führungskräften kommt noch eine weitere Aufgabe zu: die Nachsicht. Damit ist nicht nur das Verständnis für den Mitarbeiter gemeint, der sich nun mit den Neuerungen auseinandersetzen muss. Es ist vielmehr die Planung und Kommunikation von Reviews gemeint – nicht zuletzt, um so die Ernsthaftigkeit des Vorhabens zu unterstreichen.
Mut zur Lücke
Das Vertrauen in die Qualität der gelieferten Daten ist nötig, ebenso wie die Gewissheit der rechtlichen Verbindlichkeit. Dies klingt vergleichsweise einfach, stellt sich in der Praxis, also im Alltag, bisweilen als Herausforderung dar. Es sind Normen einzuhalten, Abläufe zu verändern oder zu errichten. Wie gilt es mit Fragen umzugehen bzw. zu reagieren, wenn Absprachen nicht eingehalten werden? In diesem Zusammenhang wird unser bisheriges Maß an individueller Toleranz erkennbar, welches wir bei Planung und Anwendung des Standards jedoch nicht mehr bereit sind zu akzeptieren. Genau diese Toleranz ist zu Beginn jedoch erforderlich, denn kein Standard ist von Anfang an perfekt. Lassen wir uns also von den Fragen und Herausforderungen der Praxis zu möglichst einfachen und praktikablen Lösungsansätzen führen.
Es gilt, die eigenen Grenzen auszuloten, d. h. in welchem Maße sind Veränderungen gewünscht und gelingt es, diese sukzessive auch auf die Mitarbeiter zu übertragen. Denn es sind die Mitarbeiter, die im Alltag an die Sinnhaftigkeit der Kooperation glauben müssen. Sie sollen auch in der Hektik der täglichen Aufgaben an Schnittstellen denken und diese konsequent nutzen.
PRAXISTIPPS
- Suchen Sie die aktive Kommunikation mit Mitarbeitern und Steuerberatern.
- Lassen Sie Rückfragen und insbesondere Kritik zu und „lernen Sie daraus“.
- „Probieren geht über Studieren“, aus eigener Anwendung heraus, Chancen und Risiken selbst erfahren.
- Warten Sie nicht auf die Lösung durch andere, suchen Sie sie selbst.
Beitragsnummer: 3040