Dienstag, 12. November 2019

Entgelt für Treuhandauftrag bei Darlehensablösung unwirksam

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner

In seinem Urt. v. 10.09.2019, Az. XI ZR 7/19, entscheidet der Bundesgerichtshof erstmals, dass das in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbarte Entgelt für die allein im Interesse des Kunden erfolgte freiwillige und vorzeitige Freigabe der Grundschuld der abzulösenden Bank an die ablösende Bank AGB-rechtlich unwirksam ist. Die Tatsache, dass die kreditgebende und abzulösende Bank grundsätzlich nicht zur vorzeitigen Freigabe der zu ihren Gunsten bestellten Grundschuld gegenüber der ablösenden Bank verpflichtet ist, solange der Darlehensnehmer sein Darlehen nicht vollumfänglich zurückgeführt hat, rechtfertigt es entgegen der bisherigen nahezu einhelligen Auffassung in Rechtsprechung und Literatur nicht, in der vorzeitigen freiwilligen Freigabe der Grundschuld gegenüber der darlehensablösenden Bank von einer AGB-rechtlich nicht überprüfbaren entgeltlichen Sonderleistung zu sprechen (so aber LG Dortmund, Urt. v. 23.01.2018, Az. 25 O 311/17; OLG Köln, Urt. v. 27.05.2009, 13 U 202/08, BKR 2011 S. 244; Nobbe, WM 2008 S. 185, 194; Hofauer, BKR 2015 S. 397, 401; Müller, WM 2018 S. 741, 745; Edelmann, Münchener Anwaltshandbuch, Bank- und Kapitalmarktrecht, 2. Aufl. 2018, § 4 Rn. 60). Zur Begründung führt der BGH hierzu nur aus, dass die vorzeitige freiwillige Freigabe der Grundschuld gegenüber der ablösenden Bank lediglich Bestandteil der Erfüllung der Rückgewährpflicht der darlehensgebenden Bank aus der Sicherungsabrede ist.

SEMINARTIPPS

VerbraucherKreditRecht 2020, 20.04.2020, Würzburg.

Auf-/Ausbau Meldewesen-IKS – Erfahrungen aus Aufsicht und Bankpraxis, 20.04.2020, Frankfurt/M.

Aktuelle Rechtsfragen rund um die Baufinanzierung, 23.11.2020, Frankfurt/M.

BUCHTIPP

Nobbe (Hrsg.), Kommentar zum Kreditrecht, 3. Aufl. 2018.



PRAXISTIPP

Mit seiner Entscheidung vom 10.09.2019, Az. XI ZR 7/19, widerspricht der Bundesgerichtshof ganz offenkundig seiner eigenen bisherigen und anerkannten Entgeltrechtsprechung, wonach der AGB-Inhaltskontrolle solche Klauseln entzogen sind, durch welche eine zusätzlich angebotene, weder vertraglich noch gesetzlich geschuldete Sonderleistung wirksam bepreisbar ist. Denn obwohl der Bundesgerichtshof in Rn. 23 seiner Entscheidung selbst noch ausführt, dass die kreditgebende Bank bei Ablösung des Darlehens ihres Kunden durch eine Drittbank nicht verpflichtet ist, vor der unvollständigen Rückzahlung des Darlehens die Grundschuld vorzeitig herauszugeben, hält er diese freiwillige, vertraglich nicht geschuldete vorzeitige Leistung der abzulösenden Bank für nicht entgeltfähig. Vielmehr ist der Bundesgerichtshof entgegen seiner bisherigen eigenen Meinung der Ansicht, die freiwillige vorzeitige und nicht geschuldete Freigabe der Grundschuld sei Bestandteil des Rückgewähranspruchs der Bank, die aus dem Sicherungsvertrag ihrem Darlehensnehmer auch zur vorzeitigen Freigabe der Grundschuld verpflichtet sein soll, was in sich widersprüchlich und mit der bisherigen langjährigen Rechtsprechung des BGH unvereinbar ist (vgl. hierzu neben der hier kommentierten Entscheidung zuletzt BGH-Urteil v. 17.01.2017, Az. XI ZR 170/16, BKR 2017 S. 152, 153, Rn. 7, wo der BGH noch ausgeführt hat, dass die abzulösende Bank erst nach vollständiger Rückzahlung des Darlehens zur Freigabe der Grundschuld verpflichtet ist). Für die Praxis macht diese Entscheidung einmal mehr deutlich, wie unkalkulierbar die Entgeltrechtsprechung des XI. Zivilsenats des BGH geworden ist.



Beitragsnummer: 3692

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