Freitag, 28. September 2018

Prüfung des Kreditgeschäfts nach den MaRisk

Risikoorientierte Umsetzung der MaRisk in den Kreditprozessen

Christian Koch, Bankgeschäftliche Prüfungen, Deutsche Bundesbank[1]

In den zuletzt im Oktober 2017 überarbeiteten Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) hält die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ausdrücklich am Prinzip der doppelten Proportionalität fest. Dies ist ein Appell, insbesondere auch an die Eigenverantwortlichkeit der Institute, die aufsichtlichen Mindestanforderungen in Abhängigkeit von Art, Umfang, Komplexität und Risikogehalt der Geschäftsaktivitäten risikoorientiert umzusetzen. So sind die MaRisk prinzipienorientiert aufgebaut und enthalten verschiedene Öffnungsklauseln, um gerade auch kleinen und mittelgroßen Instituten eine pragmatische Ausgestaltung ihrer Geschäftsorganisation zu ermöglichen. Im eigenen Interesse sollten die Institute selbst etablierte Kreditprozesse regelmäßig hinterfragen, um einerseits die Angemessenheit und Wirksamkeit ihres Risikomanagements zu gewährleisten und andererseits – vor dem Hintergrund des gestiegenen Kostendrucks – unnötige Effizienzverluste zu vermeiden. Nicht zuletzt stehen die Kreditprozesse immer wieder im Fokus von Prüfungshandlungen: durch die Interne Revision, den Jahresabschlussprüfer und die Bankenaufsicht.

Herausforderungen bei der Umsetzung der MaRisk in den Kreditprozessen

Mit der fünften MaRisk-Novelle wurden die Anforderungen an die Prozesse im Kreditgeschäft präzisiert und teilweise auch verschärft. Hervorzuheben ist, dass ausgehend von der institutsindividuellen Risikorelevanz zunächst differenzierte Bearbeitungsgrundsätze für das Kreditgeschäft zu definieren sind, die sich insbesondere auch auf die akzeptierten Sicherheitenarten sowie geeignete Wertermittlungsverfahren erstrecken.

Im Rahmen der Kreditgewährung ist besonderes Augenmerk auf die Ermittlung der zukunftsgerichteten Kapitaldienstfähigkeit zu richten, wobei zusätzlich zum aktuellen Status quo auch Risiken für die prospektive Vermögens- und Liquiditätslage zu analysieren sind. Sowohl bei der Kreditgewährung als auch im Rahmen der Kreditweiterbearbeitung sind der rechtliche Bestand und die Werthaltigkeit der Kreditsicherheiten nachvollziehbar, d. h. im Hinblick auf die Annahmen und Parameter sowie sonstige wertbeeinflussende Umstände, zu beurteilen. Der ausschließliche Rückgriff auf Marktschwankungskonzepte reicht für die regelmäßige Überwachung von grundpfandrechtlichen Sicherheiten nicht aus.

SEMINARTIPPS

Neue aufsichtsrechtliche Vorgaben für leistungsgestörte Kredite, 18.02.2019, Frankfurt/M.

Aktuelles aus dem Firmenkundenrecht, 20.02.2019, Frankfurt/M.

Prüfung MaRisk-Vorgaben Kreditgeschäft, 21.02.2019, Frankfurt/M.

Prüfung MaRisk-Umsetzung, 18.03.2019, Frankfurt/M.

Im Zusammenhang mit der Intensivbetreuung müssen die Institute geeignete Kriterien festlegen, wann ein Engagement einer gesonderten Beobachtung zu unterziehen ist. Diese Mindestanforderung wurde bei der letzten MaRisk-Überarbeitung hinsichtlich der Berücksichtigung von finanziellen Zugeständnissen (Forbearance-Maßnahmen) zugunsten des Kreditnehmers ergänzt. Zwar geben die MaRisk keine expliziten Definitionen von Forbearance-Maßnahmen vor; vor dem Hintergrund der europaweiten Harmonisierung der Aufsichtsanforderungen sollten bei der institutsindividuellen Umsetzung jedoch die Leitlinien der EBA und der EZB beachtet werden. Zudem muss die Tragfähigkeit von Forbearance-Maßnahmen im Einzelfall hinterfragt und regelmäßig überwacht werden. Die hieraus gewonnenen Erkenntnisse sind bei der Ausgestaltung angemessener Verfahren zur Früherkennung problembehafteter Kreditengagements, bei der Risikoklassifizierung und bei der Bildung von Risikovorsorge zu berücksichtigen.

Prüfung aufsichtlich angemessener Risikovorsorge durch die Bankenaufsicht (PaaR)

Aufbauend auf der Beurteilung der risikoadäquaten Umsetzung der MaRisk in den Kreditprozessen, steht bei bankgeschäftlichen Prüfungen zunehmend auch die Beurteilung der Werthaltigkeit von Kreditforderungen im Fokus. Diese ist von der handelsrechtlichen Beurteilung abzugrenzen. So muss ein aufsichtlich begründeter Risikovorsorgebedarf, der über die handelsrechtliche Risikovorsorge hinausgeht, im Rahmen des ICAAP mit Risikodeckungspotenzial unterlegt werden. Allerdings kann ein aufsichtlicher Risikovorsorgebedarf mittelbar auch zu einer handelsrechtlichen Anpassung führen, da der Jahresabschlussprüfer nach § 4 Abs. 4 PrüfbV die Ergebnisse aus bankgeschäftlichen Prüfungen bezogen auf den Jahresabschlussstichtag bewerten muss.

PRAXISTIPPS

  • Überprüfen Sie, inwieweit vorhandene MaRisk-Öffnungsklauseln risikoorientiert und zugleich ökonomisch sinnvoll genutzt werden (können).
  • Validieren Sie regelmäßig und nachvollziehbar die Angemessenheit der Risikorelevanzgrenze im Kreditgeschäft. Überprüfen Sie in diesem Zusammenhang auch die Konsistenz zur Kreditrisikostrategie.
  • Definieren Sie klare Prozesse und Bearbeitungsgrundsätze und überprüfen Sie regelmäßig deren Einhaltung. Neben einzelfallbasierten Stichprobenkontrollen zeigen häufig simple Datenplausibilitätschecks auf Portfolioebene evtl. bestehende Prozessschwächen auf.
  • Hinterfragen Sie regelmäßig, die Wirksamkeit des Frühwarnsystems. Insbesondere Migrationen von Darlehensnehmern von der Normalbetreuung in die Problemkreditbearbeitung geben Anlass zur differenzierten Analyse. Berücksichtigen Sie zudem, welchen Einfluss ggf. Zugeständnisse zugunsten des Kreditnehmers (Forbearance-Maßnahmen) in diesem Zusammenhang hatten.
  • Legen Sie im Hinblick auf die Werthaltigkeit Ihrer Kreditengagements gesteigerten Wert auf eine fundierte Analyse der zukunftsgerichteten Kapitaldienstfähigkeit. Stellen Sie zur Beurteilung der Auslastung der Kapitaldienstgrenze auch Szenariobetrachtungen an.
  • Hinterfragen Sie zudem die Angemessenheit der Prozesse und Bewertungsverfahren (einschließlich wertbeeinflussender Annahmen und Parameter) zur regelmäßigen und anlassbezogenen Überprüfung hereingenommener Kreditsicherheiten. Belegen Sie die Nachhaltigkeit der Wertansätze u. a. mit konsistenten Informationen zu verwerteten Sicherheiten.
  1. Die in diesem Beitrag vertretenen Auffassungen geben die persönliche Meinung des Autors wieder und sind nicht notwendigerweise Positionen der Deutschen Bundesbank oder einer anderen Bankenaufsichtsbehörde.



Beitragsnummer: 876

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