Mittwoch, 10. April 2019

Bachelorwissen Banking: Zielführender Einsatz der Marktzinsmethode

Dr. Björn Grabbe, Spezialist, Gesamtbanksteuerung, Deutsche Apotheker- und Ärztebank, Lehrbeauftragter an der Allensbach Hochschule

Die Marktzinsmethode ist nach wie vor das modernste Verfahren der Zinsergebnisspaltung und wird sowohl von den Kalkulationssystemen des Sparkassen- und Genossenschaftsbankensektors als auch von den Systemen unabhängiger Anbieter angewendet. Der Grund hierfür ist, dass die Marktzinsmethode das einzige Verfahren ist, das eine verursachungsgerechte und objektive Aufspaltung des Zinsüberschusses ermöglicht.

Grundkonzept der Marktzinsmethode

Die Marktzinsmethode dient der Aufspaltung des Zinsüberschusses auf Aktiv- und Passivgeschäfte. Zudem wird derjenige Ergebnisbeitrag isoliert, der ausschließlich aus Fristigkeitsunterschieden zwischen den Bilanzseiten resultiert. So wird eine verursachungsgerechte und grenznutzenorientierte Kalkulation bis auf Einzelgeschäftsebene erreicht. Der Vergleich von Kundengeschäften mit der Zinsstrukturkurve aus Geld- und Kapitalmarktgeschäften führt zudem zu einer Objektivierung der Kalkulationsergebnisse.

SEMINARTIPPS

Übergang Going Concern-Ansatz auf neue normative RTF-Perspektive, 22.10.2019, Frankfurt/M.

Neue ICAAP-/ILAAP-Grundsätze: Herausforderungen für die Banksteuerung, 23.10.2019, Frankfurt/M.

Barwert(nahe) Steuerung im neuen RTF-Leitfaden für Praxis & Prüfung, 06.11.2019, Hamburg.

Update 2019: BaFin-Rundschreiben zum Zinsänderungsrisiko im Anlagebuch, 07.11.2019, Hamburg.

Die Zinsstrukturkurve zeigt, in Abhängigkeit von der Laufzeit, zu welchen Zinssätzen die Bank aktuell Geld aufnehmen oder ausleihen kann. Laufzeiten von bis zu einem Jahr bezeichnet man dabei als Geldmarkt, Laufzeiten darüber hinaus als Kapitalmarkt. Die Zinsstrukturkurve hat üblicherweise eine „normale“ Form, d. h. die Zinssätze steigen in Abhängigkeit von der Laufzeit. Verwendet werden üblicherweise weitestgehend risikolose Zinssätze, beispielsweise Swap-Sätze.

BUCHTIPP

Reuse (Hrsg.), Zinsrisikomanagement 3. Aufl. 2019



Die Vorteilhaftigkeit von Einzelgeschäften resultiert aus der Differenz zwischen den Kapitalmarktkonditionen und den vereinbarten Kundenkondition und wird daher Konditionsbeitrag genannt. Auf der Aktivseite entspricht der Konditionsbeitrag dem Mehrertrag des Kundengeschäfts gegenüber einem vergleichbaren Geld- und Kapitalmarkt (GKM)-Geschäft, d. h. Konditionsbeitrag Aktiv = Zinsertrag Kunde – GKM-Zins-Aktiv.

Auf der Passivseite ist es genau umgekehrt. Der Konditionsbeitrag ist der Minderaufwand des Kundengeschäfts gegenüber einem vergleichbaren GKM-Geschäft, d. h. Konditionsbeitrag Passiv = GKM-Zins-Passiv – Zinsaufwand Kunde.

Die zwischen dem GKM-Zins-Aktiv und GKM-Zins-Passiv verbleibende Differenz bezeichnet man als Strukturbeitrag, da dieser Ergebnisbeitrag nur aus der Struktur der Zinskurve und damit aus laufzeitabhängigen Zinsunterschieden resultiert.

Abbildung 1: Spaltung des Zinsüberschusses in Konditions- und Strukturbeitrag

Das Herauslösen des Strukturbeitrages aus dem Zinsüberschuss ist aus den folgenden Gründen sinnvoll:

  1. Ein Ergebnisbeitrag aus Fristentransformation ist auch ohne Kundengeschäft erzielbar, indem die Bank kurzfristig Geld am GKM aufnimmt und langfristig ausleiht. Dem entsprechend sollte der Strukturbeitrag auch separat ausgewiesen werden.
  2. Aus Fristentransformation ergeben sich Zinsänderungsrisiken daraus, dass die kurzfristige Refinanzierung früher ersetzt werden muss als die langfristige Geldanlage. Liegt dann das Zinsniveau über dem ursprünglichen Niveau, reduziert sich die Bruttozinsspanne. Dieses Risiko ist nur auf Gesamtbankebene steuerbar, i. d. R. durch den Bereich Treasury. Aus diesem Grund sollten die mit dem Risiko korrespondierenden Ertragspotenziale ebenfalls dem Bereich Treasury zugerechnet werden.
  3. Für einen Kundenberater sollte es unerheblich sein, welche Laufzeit die Produkte haben, die er seinen Kunden verkauft. Er sollte sich hierbei v. a. am Bedarf des Kunden orientieren. Zudem ist er nicht in der Lage und es gehört nicht zu seinen Aufgaben, die Zinsfristentransformation der Bank zu beurteilen oder gar durch gezielten Produktverkauf zu beeinflussen. Von Chancen und Risiken aus Fristentransformation ist er daher freizustellen.

Merksätze

  • Die Marktzinsmethode teilt den Zinsüberschuss verursachungsgerecht in einen Konditions- und einen Strukturbeitrag auf und damit zwischen Vertriebseinheiten und Treasury.
  • Der Konditionsbeitrag stellt den Mehrertrag bzw. Minderaufwand eines Einzelgeschäfts gegenüber einem strukturkongruenten Geld- und Kapitalmarktgeschäft dar.
  • Der Strukturbeitrag ist der Teil der Zinsspanne, der sich nur aus Laufzeitinkongruenzen der Aktiv- und Passivseite der Bilanz ergibt. Bei normal geformter Zinskurve stellt der Strukturbeitrag eine Laufzeitprämie von längeren gegenüber kürzeren Laufzeiten dar.

Infos zum BWL-Bachelor (B.A.) mit Schwerpunkt Banking der Allensbach Hochschule im Online-Studium, das auch berufsbegleitend möglich ist, finden Sie unter: https://www.fch-gruppe.de/hochschulweiterbildung/bachelor-finance/



Beitragsnummer: 1310

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