Donnerstag, 5. Dezember 2019

BAG-Rechtsprechung: Bei Freistellung erlöschen Überstunden nicht

Marcus Michel, Vorstand FCH Gruppe AG

Kündigt ein Arbeitgeber seinem Mitarbeiter, muss er diesem trotz Freistellung evtl. vorhandene Überstunden ausbezahlen. Diese erlöschen nicht automatisch durch die Freistellung des Arbeitnehmers. So entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) und gab damit einer Sekretärin recht, deren Arbeitgeber sich nach der Kündigung weigerte, bestehende Überstunden zu bezahlen.

Hintergrund:

Verliert ein Arbeitnehmer infolge seiner Freistellung sämtliche Überstunden?

Der Arbeitgeber kündigte außerordentlich fristlos, wogegen der Arbeitnehmer vor dem Arbeitsgericht klagte. Die beiden Streitparteien einigten sich im Prozess auf einen Vergleich:

  • Die außerordentliche Kündigung wurde in eine ordentliche, betriebsbedingte Kündigung umgewandelt.
  • Bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses wurde die Klägerin unwiderruflich freigestellt.
  • Der Urlaubsanspruch wurde im Vergleich abgegolten.

SEMINARTIPP


Prüffelder des Personalmanagements – Fokus Aufsichtsrecht, 31.03.2020, Berlin.


Problem:

Eine Regelung zum Umgang mit den bestehenden Überstunden wurde im Vergleich nicht getroffen!

BERATUNGSANGEBOT

Cover29


Fit & Proper Individual.



Der Arbeitnehmer bestand trotz des Vergleichs auf eine Vergütung der Überstunden und zog deswegen erneut vor Gericht. Die dritte Instanz – das Bundesarbeitsgericht – entschied zu seinen Gunsten, dass die Überstunden nicht automatisch durch die Freistellung erlöschen:

Eine Freistellung in einem gerichtlichen Vergleich erfüllt den Anspruch des Arbeitnehmers auf Freizeitausgleich zum Abbau des Arbeitszeitkontos nur dann, wenn in dem Vergleich hinreichend deutlich zum Ausdruck kommt, dass mit der Freistellung auch ein Positivsaldo auf dem Arbeitszeitkonto ausgeglichen werden soll.

[Quelle: Pressemitteilung Nr. 40/19 des BAG zum Urt. v. vom 20.11.2019, Az.: 9 AZR 578/18]

INHOUSETIPP


Fit & Proper: Neue Vorgaben, Handlungsfelder und Erwartungen der Aufsicht.



Demnach muss der Arbeitgeber trotz Freistellung Überstunden des Arbeitnehmers in Geld abgelten, wenn das Arbeitsverhältnis endet und diese Stunden nicht mehr durch einen Freizeitausgleich abgebaut werden können.

Die Freistellung in einem gerichtlichen Vergleich ist laut BAG zum Freizeitausgleich nur geeignet, wenn für den Arbeitnehmer erkennbar ist, dass er auch zum Überstundenabbau freigestellt wird. Genau daran fehlte es aber im vorliegenden Fall, sodass die Freistellung die Überstunden nicht automatisch erlöschen lässt.

PRAXISTIPP

Im Vergleich sollte genau geregelt sein, welche Bedingungen für eine unwiderufliche Freistellung gelten, bzw. welche erarbeiteten Anrechte des Mitarbeiters mit der Freistellung abgegolten werden.

FCH Personal Logo



Beitragsnummer: 3708

Beitrag teilen:

Beiträge zum Thema:

Beitragsicon
Das geänderte Nachweisgesetz – Herausforderungen für Finanzinstitute

Das geänderte Nachweisegesetz betrifft sämtliche Arten von Arbeitsverhältnissen, hier sind die vertraglichen Transparenzpflichten zu überarbeiten!!!

21.11.2022

Beitragsicon
Wahl von Arbeitnehmervertretern zum Aufsichtsrat – Statusverfahren

Eine AG muss das Statusverfahren nach §§ 97 ff. AktG zur Festlegung der Mitbestimmung & zur Besetzung des Aufsichtsrats durchführen.

10.04.2024

Beitragsicon
Weiterhin keine digitalen Arbeitsverträge ABER…

Die EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie wird zum 1.8.2022 in nationales Recht umgesetzt, deutlich mehr Aufwand für Arbeitgeber

21.07.2022

Um die Webseite so optimal und nutzerfreundlich wie möglich zu gestalten, werten wir mit Ihrer Einwilligung durch Klick auf „Annehmen“ Ihre Besucherdaten mit Google Analytics aus und speichern hierfür erforderliche Cookies auf Ihrem Gerät ab. Hierbei kommt es auch zu Datenübermittlungen an Google in den USA. Weitere Infos finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen im Abschnitt zu den Datenauswertungen mit Google Analytics.