Donnerstag, 28. Februar 2019

Banken und alternative Finanzierungsmodelle

Carl-Jan von der Goltz, Geschäftsführender Gesellschafter der Maturus Finance GmbH.







I. Der „Kodak-Moment“ – eine fatale Einschätzung des technischen Fortschritts

Der „Kodak-Moment“ geht als einer der größten Fehler in die Wirtschaftsgeschichte ein. Der einstige Konzern Kodak erfand den Fotofilm und die schnell austauschbare Kleinbild-Kartusche. Das Unternehmen hat über viele Jahre hinweg damit gut verdient.

Bereits 1975, lange vor der Konkurrenz, entwickelte Kodak die erste Digitalkamera – verstaute sie jedoch wieder in der Schublade und hielt am Stammgeschäft fest. Eine fatale Entscheidung, denn schon kurze Zeit später überrollte die digitale Kameratechnik der Wettbewerber den Markt und gefährdete die herausragende Stellung von Kodak.

II. Moderne Herausforderungen für Finanzinstitute

Auch der Markt für Finanzdienstleistungen steht vor ähnlich großen Veränderungen wie einst der Markt für Fotos. Herkömmliche Einnahmequellen wie der Zinsüberschuss – lange Zeit sehr wichtig – gehen zurück. Vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken richteten ihre Gewinnrechnungen am Zinsüberschuss aus. Jedoch ist die Differenz zwischen Einlagen und Krediten geringer geworden.

Neben Veränderungen hinsichtlich der Einnahmen ist es auch die Digitalisierung, die Banken vor große Herausforderungen stellt. Diese hat alternativen Finanzierungspartnern und -modellen jenseits der klassischen Finanzinstitute den Weg zu den Kunden geebnet. Mittelständler setzen zunehmend auf einen strukturierten Finanzierungsmix, weg von der klassischen Kreditfinanzierung über die Bank, hin zur Zusammenarbeit mit mehreren Geldgebern und Modellen.

1. Mit Sale & Lease Back von gebrauchten Maschinen und Anlagen stille Reserven heben

Eine alternative Finanzierungslösung – und eine reine Innenfinanzierung − ist das „Sale & Lease Back“-Verfahren, das von der Maturus Finance GmbH mit Sitz in Hamburg und Wien angeboten wird. Sale & Lease Back kommt zum Einsatz, wenn schnell und unabhängig von der Bonität Liquidität benötigt wird. Meist sind das Sondersituationen, wie beispielsweise die Sanierung von Unternehmen, der Erwerb von Unternehmen aus der Krise, Umfinanzierungen etc., im weitesten Sinne also alle Anlässe, die von der Hausbank aus Bonitätsaspekten gar nicht oder nur unter erheblichem Zeitverzug finanziert würden. Bei der Bewertung des Engagements wird ausschließlich auf die Objekte abgestellt. Die Finanzierungsform ist daher für alle Unternehmen interessant, die über einen umfangreichen gebrauchten Maschinenpark verfügen, der mobil, werthaltig und beliebig einsetzbar ist. Die Maschinen dürfen nicht verkettet oder in Produktionshallen verbaut sein. Sie müssen zudem zweitmarktfähig sein. So lassen sich die im Maschinenpark gebundenen finanziellen Mittel heben. Einzelobjekte sind nicht geeignet. Dabei kommen auch andere Objekte in Frage, z. B. Baumaschinen, Spezialmaschinen aus der Land- und Forstwirtschaft oder Spezialfahrzeuge von Logistikunternehmen. Kurzlebige Güter wie IT, Möbel oder Solaranlagen sind hingegen nicht für eine Sale & Lease Back-Finanzierung geeignet. Das Finanzierungsvolumen liegt meist zwischen 400.000 € und 15 Mio. €.

Der Autor beschreibt den Ablauf einer Sale & Lease Back-Finanzierung näher: „Wir kaufen nach einer umfangreichen Bewertung die Maschinen oder Fahrzeuge an und zahlen den Kaufpreis auf das Unternehmenskonto aus. So erhält der Betrieb zusätzliche Liquidität, die diesem dann auflagenfrei zur Verfügung stehen.“ Das Unternehmen least die Objekte unmittelbar zurück. Da diese weiterhin im Unternehmen verbleiben, kann die Produktion ohne Unterbrechung weitergehen.


Ablauf einer Sale & Lease Back-Finanzierung

Neben dem sofortigen Liquiditätsgewinn ohne Auflagen hat Sale & Lease Back weitere Vorteile: Die Leasingraten stellen teilweise steuerlich abzugsfähige Betriebsausgaben dar und können i. R. d. Gestaltungsmöglichkeiten als Teil- oder Vollamortisationsverträge so umgesetzt werden, dass sie fortlaufend aus dem Cashflow des Unternehmens leistbar sind.

Zudem stärken Unternehmen ihre Eigenkapitalquote und damit ihre Bonität. Sale & Lease Back bietet eine echte Alternative in Krisenphasen und oft wird mit dem Einsatz zusätzlich eine Hebelfunktion erreicht. Sprich, wenn ein Finanzierungspartner das Engagement bereits begleitet, finden sich leichter weitere Geldgeber.

Inwiefern Sale & Lease Back erfolgreich für die Finanzierung im Rahmen einer Sondersituation genutzt wird, lesen Sie hier.

2. Sale & Lease Back zur Übernahmefinanzierung des Familienbetriebs

EMDE befand sich bereits in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht der Kanzlei MENOLD BEZLER Jochen Sedlitz wurde als Generalbevollmächtigter eingesetzt. „Wir standen vor der riesigen Herausforderung, fünf zentral gesteuerte Geschäftsbereiche auseinander zu dividieren“, so der Rechtsanwalt. Das bis dato inhabergeführte Unternehmen entwickelt und produziert seit nahezu 40 Jahren spezialisierte Anlagen, Maschinenbauteile und Werkzeuge. „In den fünf Geschäftsbereichen Fördertechnik für Schüttgüter, Bohrtechnik, Maschinen- und Anlagenbau, Gießerei und Formenbau ist enormes Ingenieurwissen gebündelt. Das Unternehmen beschäftigt rd. 600 Mitarbeiter. Man kann sich also vorstellen, wie wertvoll dieses Know-how ist“, erläutert der Generalbevollmächtigte Sedlitz. Dennoch führte die zentrale Verwaltung am Gründungsstandort in Nassau sowie die Einführung eines ERP-Systems und damit verbundene Probleme in der Auftragsabwicklung zu einer negativen Entwicklung des Umsatzes. Die Eigentümer entschieden sich daher Ende Oktober 2017 zu einer vollumfänglichen Restrukturierung des Betriebs.

a) Fünf Geschäftsbereiche an fünf Standorten

Ab November 2017 wurde der Sanierungsprozess von einem Team aus Restrukturierungsexperten von Struktur Management Partner sowie der Kanzlei Menold Bezler unterstützt. „Wir suchten im ersten Schritt einen Investor, der alle fünf Geschäftsbereiche übernehmen würde“, so Jochen Sedlitz. „Dies stellte sich allerdings als sehr schwierig heraus, da durch den früheren Zukauf von Firmen und den unterschiedlichen Standorten ganz eigene Geschäftsfelder entstanden sind. Keiner der Investoren wollte dieses komplexe Konstrukt übernehmen.“ Doch wie entstand diese Unternehmensform eigentlich? Der Betrieb EMDE wurde 1980 durch Harald und Irmgard Emde gegründet und befand sich immer zu 100 % in Familienbesitz. Seit 1995 war Erich Emde in der Geschäftsleitung und als Hauptgesellschafter tätig. Die Familie erweiterte die Firma seit der Gründung sukzessive durch Unternehmenszukäufe und damit verbundene neue Standorte sowie Produkte. Begonnen hatte der Betrieb mit dem Fertigungsprodukt „Förderschnecke EMDE-Lift“, die in der Fördertechnik für Schüttgüter zum Einsatz kommt.

Nach und nach erweiterte man das Portfolio um das Kelly-, sowie Anker- und Geothermiebohren, den Maschinen-, Anlagenbau und die Gießerei. In den fast 40 Geschäftsjahren hatte EMDE dadurch Standorte in Nassau, Nentershausen, Staßfurt, Oberbachheim und Wurzen aufgebaut.

b) Seltenes Know-how sorgte für Attraktivität

Der Name EMDE steht für einen hohen Qualitätsanspruch und Zuverlässigkeit „Made in Germany“. Nachdem die Entscheidung gefallen war, die Geschäftsbereiche einzeln zu veräußern, verlief die Investorensuche mehr als erfolgreich, wie Jochen Sedlitz zu berichten weiß: „Wir konnten für Nassau schnell einen Investor finden, Wurzen wurde kurz darauf verkauft, Nentershausen und Staßfurt konnten wir an die Deutsche Invest Mittelstand GmbH veräußern. Das alles haben wir in Zusammenarbeit mit dem Sanierungsteam und der Sachwaltung um Rechtsanwalt Martin Lambrecht innerhalb kurzer Zeit geschafft. Vor allen Dingen auch dank der Unterstützung aus dem Unternehmen selbst.“ Die ehemaligen Eigentümer sind weiterhin beratend tätig und verwalten die Immobilien der Gesellschaften.

c) Ergänzender Mix aus klassischem Bankgeschäft und alternativen Finanzierungsangeboten

Kunden, die Ihren Kapitalbedarf nicht allein über einen klassischen Bankkredit decken können, können zusätzlich auf alternative Finanzierungen wie Sale & Lease Back zurückgreifen. Die Erfahrungen zeigen, dass angesichts der sich verschärfenden Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft und der Umsetzung des Reformpakets auch Kreditinstitute stärker auf eine Zusammenarbeit mit anderen Finanzierern setzen, um gemeinsam Unternehmen die benötigten finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen. Das hat Vorteile für alle Beteiligten: Hauptansprechpartner für den Unternehmer bleibt weiterhin die Hausbank. Durch die Einbindung weiterer Finanzierungspartner kann sie dem Kunden eine Lösung bieten, ohne sich selbst Konkurrenz zu schaffen, denn alternative Finanzierer haben i. d. R. keine Produktpaletten analog dem klassischen Kreditinstitut. Das Thema Risikoteilung ist ein weiterer Vorteil der Zusammenarbeit von Banken und anderen Finanzhäusern. Gelingt es, einen weiteren Geldgeber für das Unternehmen zu gewinnen, ist der Hebeleffekt oft enorm – denn der Hausbank oder anderen Finanzierungspartnern fällt es aufgrund der Risikoteilung leichter, das Engagement ebenfalls zu begleiten und die Mittel bereitzustellen.

Die Zusammenarbeit von Banken und alternativen Finanzdienstlern bedeutet für die Kunden v. a. eines: eine klassische Win-win-Situation.


Weitere Informationen zu Sale & Lease Back gibt es unter www.maturus.com. Laden Sie sich unter diesem Link kostenlos das Finanzierungsmagazin „maturusaktuell“ mit weiteren praktischen Beispielen herunter. £




PRAXISTIPPS

  • Bei einem Unternehmen entsteht konkreter, akuter Liquiditätsbedarf aus unterschiedlichen Motiven, z. B. wegen einer Unternehmensrestrukturierung und -sanierung.
  • Weitere mögliche Gründe für ein Sale & Lease Back sind die Ablösung von Bankverbindlichkeiten bzw. anderen bestehenden Finanzierungsformen, insbesondere endfälligen Finanzierungen wie Mezzanine und Mini-Bonds.
  • Auch die Ablösung von (Mit-)Gesellschaftern, insbesondere im Fall eines MBI/MBO können der Auslöser für eine Sale & Lease Back darstellen.
  • Nicht zu vergessen sind die Finanzierung des Erwerbs eines Unternehmens aus der Krise oder Insolvenz, die Vorfinanzierung von Aufträgen, in der Regel von Wachstum nach Krise und die Überbrückung von Liquiditätsengpässen.



Beitragsnummer: 1289

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