Tobias Gronemann, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner
Das Kammergericht hat in seinem Urt. v. 25.09.2018 – (4) 161 Ss 28/18 (35/18) entschieden, dass der Bitcoin nicht unter dem Begriff der „Rechnungseinheit“ gem. § 1 Abs. 11 Nr. 7 fällt und somit kein Finanzinstrument darstellt. Ebenfalls sei der Bitcoin auch kein E-Geld gem. § 1a Abs. 3 ZAG (a.F.). Der Handel mit Bitcoin ohne Erlaubnis gem. § 32 Abs. 1 KWG ist somit deshalb nach Ansicht des Kammergerichts nicht strafbar, nachdem das erstinstanzliche Gericht den Angeklagten noch wegen eines „fahrlässigen Verstoßes gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 KWG“ zu einer Geldstrafe verurteilt hat. Das Kammergericht stellt sich damit gegen die Ansicht der BaFin, die Bitcoins und andere Kryptowährungen bislang grundsätzlich als Finanzinstrument i. S. d. KWG betrachtet hat.
Der Begriff „Rechnungseinheit“ ist durch das Gesetz zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapieraufsichtsrechtlicher Vorschriften im Jahr 1997 in das KWG eingeführt worden, ohne dass die Richtlinie dies gefordert hatte. Nach der Vorstellung des nationalen Gesetzgebers sollten „Rechnungseinheiten“ die Vergleichbarkeit von Waren und Dienstleistungen innerhalb unterschiedlicher Länder durch Verwendung einer allgemeingültigen und verständlichen Einheit ermöglichen. Nach Ansicht des Kammergerichts erfüllt der Bitcoin diese Voraussetzungen bereits nicht, da es ihm an einer „allgemeinen Anerkennung und der entsprechenden vorhersehbaren Wertbeständigkeit, die ermöglicht, ihn zur allgemeinen Vergleichbarkeit verschiedener Waren oder Dienstleistungen heranzuziehen“, fehle.
Der Bitcoin stelle auch kein E-Geld i. S. v. § 1a Abs. 3 ZAG (heute: § 1 Abs. 2 ZAG) dar, da es beim Bitcoin bereits keinen Emittenten gebe, gegen den eine Forderung besteht. Der Gesetzgeber habe in diesem Zusammenhang auch ausdrücklich davon abgesehen, Kryptowährungen im KWG oder ZAG zu regeln und der Aufsicht der BaFin zu unterstellen. Immerhin – so die Auffassung des Kammergerichts – seien Kryptowährungen zumindest im Zeitpunkt der Einführung des Gesetzes zur Umsetzung der zweiten E-Geld-Richtlinie dem Gesetzgeber bekannt gewesen.
PRAXISTIPP
Die Entscheidung zeigt, dass Gerichte nicht „blind“ den Auffassungen der BaFin folgen. Interessant bleibt es dennoch, solange eine höchstrichtliche Entscheidung zur aufsichtsrechtlichen Einordnung von Kryptowährungen aussteht. Ähnliche Rechtsfragen werden zurzeit auch bei der Emittierung von Token im Rahmen eines Initial Coin Offerings (ICO) diskutiert. Auch hier stellt sich immer wieder die Frage, ob der jeweilige Token unter das KWG, ZAG oder ein sonstiges bankaufsichtsrechtliches Regelungswerk fällt. Prüfungen des Einzelfalls sind, zumal weitere Fragen wie bspw. die Prospektpflicht bisher gerichtlich noch gar nicht behandelt worden sind, unerlässlich.
Beitragsnummer: 894