Freitag, 22. Februar 2019

Die BaFin-AuAs zum Geldwäschegesetz

Quo vadis Verwaltungspraxis?

Ilka Brian, Rechtsanwältin, Head of Global Standards AML, Commerzbank AG, Frankfurt

Am 11.12.2018 hat die BaFin nunmehr die Endfassung ihrer Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz („AuA“) veröffentlicht. Vorausgegangen war ein im März 2018 veröffentlichter Entwurf („AuA-Entwurf“), den die BaFin bis Anfang Mai 2018 zur Konsultation gestellt hat. Der AuA-Entwurf wurde von Marktteilnehmern (insbesondere den deutschen Kreditinstituten) und beteiligten Verbänden teilweise stark kritisiert. In einigen Punkten hat die BaFin diese Kritik aufgenommen und die AuAs im Vergleich zur Entwurfsfassung angepasst. In wesentlichen Punkten blieben die AuA dagegen unverändert.

Hintergrund der AuA

Mit der Veröffentlichung der AuA kommt die BaFin ihrem gesetzlichen Auftrag gem. § 51 Abs. 8 Geldwäschegesetz (GwG) nach, den Verpflichteten nach dem GwG Auslegungs- und Anwendungshinweise für die Umsetzung ihrer geldwäscherechtlichen Pflichten zur Verfügung zu stellen. Adressaten der AuA sind gem. Kapitel I. 1 die GwG-Verpflichteten, die der Aufsicht der BaFin unterliegen (also insbesondere Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute, Zahlungsinstitute, E-Geld-Institute, Agenten und E-Geld-Agenten nach ZAG, selbständige Gewerbetreibende von E-Geld, Versicherungsunternehmen, Kapitalverwaltungsgesellschaften sowie (gemischte) Finanzholding-Gesellschaften). Bei den AuA soll es sich nach Aussage der BaFin nicht um ein statisches Dokument handeln. Vielmehr plant die BaFin eine fortlaufende Aktualisierung. Die AuA in ihrer jeweils aktuellen Fassung konkretisieren die Verwaltungspraxis der BaFin im Umgang mit dem Geldwäschegesetz. Daher bilden sie für den genannten Adressatenkreis den Leitfaden für die Umsetzung ihrer geldwäscherechtlichen Pflichten und sind von erheblicher Bedeutung. Zudem ersetzen die AuAs die bisherigen in Abstimmung mit der BaFin erstellten Auslegungs- und Anwendungshinweise der Deutschen Kreditwirtschaft vom 01.02.2014.

Änderungen der AuA gegenüber der Konsultationsfassung

Nachfolgend werden einige wesentlichen Änderungen der AuA im Vergleich zu dem AuA-Entwurf dargestellt. Daneben werden einige praxisrelevante Punkte aufgezeigt, bei denen die BaFin – trotz entsprechender Einwände der Marktteilnehmer und Verbände – ihre in dem AuA-Entwurf vertretene Sichtweise beibehalten hat:

Keine Begründung einer neuen Geschäftsbeziehung durch den Wechsel eines wirtschaftlich Berechtigten

Durch die geänderte Formulierung im 2. Absatz unter Kapitel III. 4.1 der AuA ist nun klar gestellt, dass der alleinige Wechsel eines wirtschaftlich Berechtigten des Vertragspartners nicht zur Begründung einer neuen Geschäftsbeziehung führt. Die allgemeinen Sorgfaltspflichten des § 10 GwG werden aufgrund des Wechsels eines wirtschaftlich Berechtigten nicht (erneut) ausgelöst. Allerdings bleibt der Anwendungsbereich der Regelung des § 10 Abs. 3 S. 3 GwG weiterhin offen (s. dazu Kapitel III 4.5). Dies gilt insbesondere im Verhältnis zu der Aktualisierungsverpflichtung nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 GwG.

Bürge als Vertragspartner bzw. Bürgschaft als Geschäftsbeziehung – § 1 Abs. 4 GwG

Entgegen ihrer bisherigen Verwaltungspraxis stuft die BaFin in den AuA einen Bürgschaftsvertrag als Geschäftsbeziehung i. S. v. § 1 Abs. 4 GwG ein. Damit sind künftig auch gegenüber einem Bürgen die Sorgfaltspflichten des § 10 GwG zu erfüllen. Dies führt zu einer Vielzahl von Folgefragen, die in den AuAs leider bislang nicht adressiert werden. Unklar bleibt insbesondere, ob die BaFin auch andere Drittsicherungsgeber als Vertragspartner einstuft und insofern ebenfalls von einer Geschäftsbeziehung gem. § 1 Abs. 4 GwG ausgeht.

Gesetzlicher Vertreter als „auftretende Person“ i. S. v. § 10 Abs. 1 Nr. 1 GwG

Trotz der umfassenden Kritik zu dem AuA-Entwurf hält, die BaFin an ihrer Ansicht fest, dass auch ein gesetzlicher Vertreter einer juristischen Person im Falle der Begründung einer Geschäftsbeziehung eine „auftretende Person“ i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 1 GwG ist (s. Kapitel III 5.1.2). Gemeint ist damit der Vertreter (z. B. der Geschäftsführer einer GmbH), der gegenüber dem GwG-Verpflichteten auftritt und z. B. die Kontoeröffnungsunterlagen für den Vertretenen (= die GmbH) unterzeichnet. Dieser ist künftig nach Maßgabe der für die Identifizierung von natürlichen Personen geltenden Vorschriften zu identifizieren, was auch die Verpflichtung zur Hereinnahme einer Kopie des vorgelegten Identifizierungsdokuments (z. B. des Personalausweises) beinhaltet. In der Praxis sind dadurch Abgrenzungsschwierigkeiten zu der Rolle des Verfügungsberechtigten gem. § 154 Abgabenordnung zu erwarten, Zwar ist der Verfügungsberechtigte auch anhand eines gültigen Ausweises zu identifizieren. Es fehlt aber an dem Recht und der Pflicht des Kreditinstituts zur Hereinnahme einer Ausweiskopie. Zudem ist für den Verfügungsberechtigten zusätzlich die Erhebung der Steueridentifikationsnummer vorgeschrieben, sofern es sich um einen Steuerinländer handelt.

SEMINARTIPPS

Neuerungen der 5. Geldwäscherichtlinie, 03.06.2019, Düsseldorf.

BaFin-AuA zum Geldwäschegesetz, 04.06.2019, Düsseldorf.

Terrorismusfinanzierung – frühzeitig erkennen und verhindern, 05.06.2019,

Düsseldorf.

GWG Spezial: Kundenidentifizierung nach GWG & StUmgBG, 12.11.2019, Würzburg.

Knackunkte der Geldwäschebekämpfung, 13.11.2019, Würzburg.


Anwendung von vereinfachten Sorgfaltspflichten, wenn Vertragspartner ein GwG-Verpflichteter ist

Im Gegensatz zum AuA-Entwurf, vertritt die BaFin nunmehr wieder die Auffassung, dass im Hinblick auf die Pflicht zur Abklärung und Identifizierung des wirtschaftlich Berechtigten gem. § 10 Abs. 1 Nr. 2 GwG (wie bisher) die Vorschriften der vereinfachten Sorgfaltspflichten angewendet werden können, wenn der Kunde selbst ein GwG-Verpflichteter ist (vgl. Kapitel III 5.2). Diese Aussage ist z. B. für Zahlungsinstitute relevant, die die im Rahmen der Erbringung von Zahlungsdiensten entgegengenommenen Geldbeträge der Zahlungsdienstnutzer über ein Treuhand(sammel)konto sichern. Die bisherige Praxis der Aufnahme einer Vereinbarung in den Kontovertrag mit dem Zahlungsinstitut, nach der sich dieses verpflichtet, der kontoführenden Bank auf erstes Anfordern unverzüglich Informationen zu den abweichend wirtschaftlich Berechtigten zur Verfügung zu stellen, dürfte damit fortbestehen können.

Erfassung eines fiktiven wirtschaftlich Berechtigten ausreichend

Kann bei einer Gesellschaft als Vertragspartner keine Person ermittelt werden, die wirtschaftlich Berechtigter i. S. v. § 3 GwG ist, gilt gem. § 3 Abs. 2 S. 5 GwG als wirtschaftlich Berechtigter der gesetzliche Vertreter, geschäftsführende Gesellschafter oder Partner des Vertragspartners als sog. fiktiver wirtschaftlich Berechtigter. Nach Auffassung der BaFin ist im Falle des Vorhandenseins von mehreren gesetzlichen Vertretern etc. bei einem Vertragspartner nunmehr wieder grundsätzlich die Erfassung eines fiktiv wirtschaftlich Berechtigten ausreichend (s. Kapitel III 5.2.2.2). Damit knüpft die BaFin im Vergleich zum dem AuA-Entwurf wieder an ihre Auffassung an, die sie schon im Sommer 2017 kurzzeitig vertreten hatte.

Hohe Anforderungen bei Weitergabe eines Identifizierungsdatensatzes

Die bereits im AuA-Entwurf enthaltenen hohen Anforderungen im Zusammenhang mit der Weitergabe eines Identifizierungsdatensatzes hat die BaFin, trotz massiver Kritik weiter aufrechterhalten (s. Kapitel III 8.4). Die Nutzung/Weitergabe von Identifizierungsdaten, die ein GwG-Verpflichteter zu einem früheren Zeitpunkt erhoben hat, zur Erfüllung der eigenen Identifizierungspflichten eines anderen GwG-Verpflichteten, ist daher weiterhin nur sehr eingeschränkt möglich. Dies gilt auch für die Weitergabe von Identifizierungsdaten innerhalb einer Gruppe. Die strenge Sichtweise der BaFin wird sich in der Praxis nachteilig auf die Flexibilisierung von digitalen und internationalen Geschäftsmodellen auswirken.



Fazit

Die AuA klären einige der durch die Umsetzung der 4. EU-Geldwäscherichtlinie und die Neufassung des GwG aufgeworfenen Zweifelsfragen. Allerdings bleiben sie in ihrem Detaillierungsgrad gegenüber den bisherigen DK-Hinweisen weit zurück. Dies führt in vielen Teilen zu Folgefragen, zumal die AuAs auch kaum praktische Beispiele aufführen. Mit Blick auf die Praxis wäre es daher wünschenswert, dass die BaFin im Laufe des Jahres 2019 weitere Konkretisierungen ihrer AuAs vornimmt. Alternativ sollten die Adressaten darüber nachdenken, trotz Vorliegens der AuA eigene, detailliertere „Auslegungsleitfäden“ mit Bezug auf das GwG zu veröffentlichen.

PRAXISTIPPS

  • Sofortiger Beginn der Umsetzung der Vorgaben der BaFin in den AuAs, um eine regelkonforme Anwendung des Geldwäschegesetzes sicherzustellen.
  • In diesem Zuge: Umfassende Analyse der BaFin AuA zur Identifizierung der offenen Fragestellungen durchführen, damit diese direkt oder über die Verbände an die BaFin zur Klärung adressiert werden können.



Beitragsnummer: 1146

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