EDITORIAL
Liebe Leserinnen
und Leser,
der zum Zwecke der Sanierung gewährte Kredit
muss zur nachhaltigen Sanierung des Unternehmens
in der Krise geeignet sein. Der BGH führt
dabei in seinen Entscheidungen aus, dass „eine
Sanierung mit objektiv zureichenden Mitteln versucht
wird.“
Dies bedeutet, dass die durch den Kreditgeber zur Verfügung gestellten
Kreditmittel den im Sanierungskonzept vorgesehenen Mittelbedarf
für den prognostizierten Sanierungszeitraum abdecken. Der aktuelle
Bedarf orientiert sich zunächst an dem Betrag, der zur Vermeidung
eines Insolvenzantrages erforderlich ist. Der regelmäßig hohe Kapitalbedarf
zur Sanierung lässt sich am besten auf eine lange Laufzeit
verteilen und sollte zur Kalkulationssicherheit beider Parteien festverzinslich
ausgestaltet sein. Die Zinshöhe ist an dem Ausfallrisiko
zu bemessen, wie es sich aus der Fortführungsprognose ergibt. Bei
der Festlegung eines besonderen Risikozuschlages sollte allerdings
im Auge behalten werden, dass das Unternehmen Zins und Tilgung
auch nachhaltig erzielen muss und daher ist auch die Frist für den
Rückzahlungsbeginn nicht zu kurz zu setzen.
Im Kreditvertrag sollten die Zwischenschritte (Meilensteine) aus dem
Sanierungsgutachten an die Auszahlung einzelner Tranchen gebunden
werden oder als Bedingungen mit aufgenommen werden, um
ein Monitoring zu etablieren. Auch hier ist es angezeigt, die Lieferanten
und Warenkreditversicherer mit einzubinden, da andernfalls
diese nur noch gegen Vorauskasse liefern. Damit der Sanierungskredit
nicht als „eigennütziger“ Kredit qualifiziert wird bzw. das Kreditinstitut
sich nicht Anfechtungsrisiken ausgesetzt sieht, muss der Sanierungsplan
auch in Vollzug gesetzt werden. Die Abgrenzung zwischen
einem zulässigen Sanierungskredit und einer sittenwidrigen Insolvenzverschleppung
durch neue Kredite wird danach getroffen, ob
- die Kreditgewährung von vornherein erkennbar ungeeignet gewesen
ist, das Schuldnerunternehmen nachhaltig zu sanieren und
nur dazu diente, dem Kreditgeber Sondervorteile gegenüber
anderen Gläubigern zu verschaffen (eigennütziger Sanierungskredit
- Gefahr der Insolvenzverschleppung) oder
?- mit dem Kredit bezweckt worden ist, den Schuldner wirklich zu
sanieren und der Vertrag dafür auch geeignet ist (Sanierungskredit).
Wenn die Bank aus eigennützigen Beweggründen einen Sanierungskredit
einräumt, setzt sie sich dem Vorwurf der Insolvenzverschleppung
aus. Dritte Gläubiger können daraus Schadenersatzansprüche
herleiten, wenn die Bank vorsätzlich handelte (§ 826 BGB). Die Bank
handelt eigensüchtig zum eigenen Vorteil, z. B. wenn sie nur deshalb
die Sanierung des Unternehmens unterstützt, um eine künftige Tilgung
von wesentlich höheren Altkrediten zu ermöglichen bei gleichzeitiger
Inkaufnahme von Nachteilen Dritter, etwa Lieferanten. In diesem
Zusammenhang spricht man dann von einer vom eigenen Vorteil
getriebenen „Scheinsanierung“.
Viel Spaß beim Lesen dieser interessanten Ausgabe des Forderungs-
Praktikers!
Ihr Thomas Wuschek, Rechtsanwalt und MBA, Sanierungsberater
und Chefredakteur ForderungsPraktiker