Samstag, 8. September 2018

Grundschuld – Einreden aus dem Sicherungsvertrag

Thomas Wuschek, Rechtsanwalt, MBA, SanExpert-Rechtsanwalt

Der BGH (Urteil vom 19.10.2017, Az.: IX ZR 79/16) hatte folgenden Sachverhalt zu entscheiden:

Der verstorbene Ehemann der Klägerin war Eigentümer eines Grundstücks. Zur Sicherung des Grundstückes waren für die Bank S vier Grundschulden eingetragen, die sich nominal über insgesamt € 300.000,00 beliefen. Der Ehemann hatte die Rückgewähransprüche bezüglich der Grundschulden an die Bank V als nachrangige Gläubigerin abgetreten.

Der Ehemann verstarb im Jahr 2010. Die Klägerin schlug die Erbschaft aus. Das Nachlassgericht ordnete die Nachlasspflegschaft an und bestellte eine Nachlasspflegerin. Ihr gegenüber kündigte die Bank S die gesamte Geschäftsverbindung aus wichtigem Grund. Danach wurde das Insolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet.

Die Bank S betrieb nachfolgend die Zwangsversteigerung des streitgegenständlichen Grundstücks aus ihren Grundschulden. K ersteigerte das Grundstück zu einem Meistgebot von € 340.000,00. Im gerichtlichen Verteilungsplan wurde bei der Gesamtverteilungsmasse in Höhe von € 340.000,00 angeordnet, dass der Beklagten (= Bank S) auf die Grundschulden € 300.000,00 und der Klägerin auf eine Eigentümergrundschuld € 40.000,00 zugeteilt werden sollten.

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Die Klägerin widersprach im Verteilungstermin dem Teilungsplan insoweit als der Beklagten mehr als € 145.000,00 zugeteilt worden waren. Sie behauptete, die durch die Grundschulden gesicherten Darlehen seien nur noch in dieser Höhe valutiert.

Sie erhob letztlich Klage, festzustellen, dass die Zwangsversteigerung als unzulässig zu erklären sei, soweit der Betrag € 145.000,00 überschritten werde.

Lösungsmöglichkeit

Die vorliegende Rechtsfrage betrifft den Kern des Sicherungsrechts der Grundschuld.

Bei den Sicherungsrechten sind zwischen akzessorischen und nicht-akzessorischen Sicherungsrechten zu unterscheiden. Die akzessorischen Sicherungsrechte bestehen nur in der Höhe, in der auch die Hauptforderung besteht. Eine typische akzessorische Sicherheit ist die Bürgschaft.

Die nicht-akzessorischen (abstrakten) Sicherheiten bestehen grundsätzlich in der Höhe, in der die Sicherheit gegeben wird. Die Grundschuld ist eine nicht-akzessorische Sicherheit.

Für die Erlösverteilung im Rahmen der Zwangsversteigerung ist grundsätzlich der Bestand des dinglichen Rechtes also die Höhe der Grundschuld selbst maßgeblich. Erhält der Grundschuldgläubiger auf das dingliche Recht mehr als den Betrag der gesicherten Forderung, so ist der Mehrbetrag grundsätzlich an den Rückgewährberechtigten herauszugeben. Die Rechtsgrundlage für diesen Herausgabeanspruch ist eine Einrede aus dem Sicherungsvertrag.

Vorliegend hatte der Erblasser vor seinem Tod die Rückgewähransprüche an die Bank V abgetreten.

Daher kam der BGH zu der Erkenntnis, dass die Klägerin nicht berechtigt war die Einreden aus dem Sicherungsvertrag zu erheben. Die Rechte aus dem Sicherungsvertrag stehen allein dem Sicherungsgeber oder, wenn dieser seine Ansprüche abgetreten hat, dem Abtretungsempfänger zu.

Die Beklagte habe den Übererlös an den Inhaber der Rückgewähransprüche auszukehren, keinesfalls an den Grundstückseigentümer, der nicht Inhaber der Rückgewähransprüche sei.

PRAXISTIPPS

  • Das BGH-Urteil hat die Vorgehensweise in der Zwangsversteigerungspraxis bestätigt, dass grundsätzlich der Bestand des dinglichen Rechts also die Höhe der Grundschuld maßgeblich ist und nicht die tatsächliche Forderungshöhe.
  • Der Übererlös ist dann an den Inhaber der Rückgewähransprüche auszukehren.


Beitragsnummer: 883

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