Freitag, 17. Mai 2019

Kündigung von Prämiensparverträgen

Dr. Tilman Schultheiß, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner

Der BGH hat mit Urt. v. 14.05.2019 über eine der wesentlichen Fragen zur Kündigung von Prämiensparverträgen zugunsten der Sparkassen entschieden (XI ZR 345/18). Sparverträge dürfen demnach auf Grundlage von Nr. 26 AGB-Sparkassen jedenfalls nach Erreichen der höchsten Prämienstufe (in der Entscheidung nach Ablauf des 15. Sparjahres) ordentlich durch die Bank gekündigt werden (dazu bereits Schultheiß, ZIP 2017 S. 1.793).

SEMINARTIPP

Praxisprobleme Kontoführung & Zahlungsverkehr, 26.06.2019, Köln.



Nachdem sich zunächst insbesondere das OLG Naumburg in zwei maßgeblichen Entscheidungen für eine Kündbarkeit von Sparverträgen auf Basis von Nr. 26 AGB-Sparkassen nach Erreichen der höchsten Prämienstufe ausgesprochen hatte, ist der BGH dieser Auffassung nun ebenfalls gefolgt. Diese Entscheidung stellt eine nicht nur für Sparkassen sehr bedeutsame Klarstellung der Rechtslage hinsichtlich bereits gekündigter Sparverträge, sondern auch eine Weichenstellung für die Zukunft dar. Zwar hat der BGH angenommen, dass Bank und Kunde das ordentliche Kündigungsrecht für den Zeitraum bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe – jedenfalls konkludent – durch Vereinbarung einer Laufzeit ausgeschlossen haben, was möglich ist und insoweit in Konvergenz mit der bisherigen Rechtsprechung steht (Schultheiß, JuS 2017 S. 628, 632). Darüber mag man im Einzelfall anhand der konkreten (auch konkludenten) Vereinbarungen der Parteien im Sparvertrag befinden – auch eine derartige Laufzeitvereinbarung wird man jedoch nicht pauschal bzw. für die Regel annehmen können.

Wichtig ist die Klarstellung des BGH, dass aus der bloßen Tatsache der fehlenden Befristung auch nach Erreichen der höchsten Prämienstufe (eine automatische Beendigung war hier – wie üblich – nicht vorgesehen) selbstverständlich nicht abgeleitet werden kann, dass das ordentliche Kündigungsrecht auch weiterhin abbedungen sei. Diese zum Teil insinuierte Annahme missachtet sämtliche Auslegungsgrundsätze (der Ausschluss eines gesetzlich und vertraglich vorgesehenen Rechts muss positiv anhand des Parteiwillens festgestellt werden). Ebenso wenig ist dies aus dem Zweck des Sparvertrages oder dem Charakter der Bonuszinsstaffel bei Sparverträgen abzuleiten – all dies ist (wie das OLG Naumburg prägnant festgestellt hatte) mit Blick auf den Parteiwillen fernliegend. Schließlich kann eine solche Vereinbarung über den Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts auch nicht aus etwaigen Werbeflyern und darin häufig enthaltenen Musterberechnungen für einen über 15 Jahre (bzw. der vereinbarten Prämienhöchststufe) hinausgehenden Zeitraum abgleitet werden (s. bereits Schultheiß, ZIP 2017 S. 1.793). Werbeflyer sind eben bloße Werbung und keine vertraglichen Vereinbarungen. Maßgeblich sind allein die vertraglichen Vereinbarungen.



Nachdem nun in der Branche jedenfalls hinsichtlich bestimmter (wesentlicher) Punkte Klarheit herrscht, können zahlreiche Sparverträge in den Portfolien der Kreditinstitute mit der BGH-Entscheidung im Rücken zur Kündigung gebracht werden.

PRAXISTIPP

Auch wenn der BGH in der Entscheidung manches mit erfreulichen Ergebnissen klargestellt hat, bleibt für die Zukunft zu berücksichtigen, dass nicht sämtliche Sparverträge über einen Kamm geschoren werden können. Es ist nach wie vor im Einzelfall festzustellen, welcher konkrete Sparvertrag bzw. welche Gruppe von vergleichbaren Sparverträgen die Voraussetzungen der BGH-Rechtsprechung erfüllen. Mithin muss letztlich jeder Sparvertrag sorgfältig auf die Kündigungsvoraussetzungen geprüft werden. Dabei ist zu beachten, dass die Begleitumstände (u. U. auch Werbematerial) ggf. zur Auslegung heranzuziehen sind, was im vorliegenden Fall weniger Probleme verursacht haben mag, in einigen Fällen aber durchaus Risiken birgt. Zudem bleibt abzuwarten, wie sich der BGH in den noch nicht veröffentlichten Gründen zu den Voraussetzungen für die Abbedingung des Kündigungsrechts innerhalb des Zeitraums bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe positioniert – hier liegen möglicherweise weitere Ansätze für eine frühere Kündigung des Sparvertrages.



Beitragsnummer: 2235

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