Montag, 15. April 2019

OLG Frankfurt erteilt „Kündigungsjoker“ eine Absage

Tilman Hölldampf, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner

Das OLG Frankfurt hat in seinem Urt. v. 22.02.2019, Az. 10 U 184/17, zu der Frage Stellung genommen, ob bei einem Immobiliardarlehen, bei welchem das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags (Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB) keine Pflichtangabe darstellt (Art. 247 § 9 Abs. 1 EGBGB a.F.), gleichwohl eine Kündigung des Vertrags gestützt auf § 494 Abs. 6 S. 1 BGB a.F. möglich ist, mit dem Argument, dass „Angaben zum Kündigungsrecht“ fehlen.

SEMINARTIPPS

19. Heidelberger Bankrechts-Tage, 21.–22.10.2019, Heidelberg.

Aktuelle Rechtsfragen rund um die Baufinanzierung, 11.11.2019, Würzburg.

Dem hat das OLG Frankfurt eine klare Absage erteilt. Unter Abgrenzung zum Beschluss des OLG Koblenz vom 15.10.2015, Az. 8 U 241/15, hält das OLG Frankfurt fest, dass weder der Wortlaut, der systematische Zusammenhang noch der Sinn und Zweck der Norm des § 494 Abs. 6 S. 1 BGB a.F. ein solches Kündigungsrecht gebieten, wenn die Angaben zum Kündigungsrecht gar keine Pflichtangabe darstellen.



PRAXISTIPP

Der Kündigungsjoker hat die gerichtliche Praxis bislang nicht übermäßig beschäftigt. Vereinzelt ist es jedoch zu Klagen gekommen, welche sich insbesondere auf einen Beschluss des OLG Koblenz vom 15.10.2015, Az. 8 U 241/15, stützten. Das OLG Koblenz kam in seinem Beschluss zu der Einschätzung, dass bei Immobiliardarlehensverträgen, auch wenn dort das einzuhaltende Verfahren bei Kündigung keine Pflichtangabe ist, gleichwohl „Angaben zum Kündigungsrecht“ erfolgen müssen, da andernfalls ein Kündigungsrecht gem. § 494 Abs. 6 S. 1 EGBGB a.F. besteht.

Die Problematik zeigt anschaulich, wie unsauber der deutsche Gesetzgeber bei Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie (Richtlinie 2008/48/EG) in deutsches Recht teilweise gearbeitet hat. Dies betrifft insbesondere die Differenzierung zwischen Verbraucherdarlehen und Immobiliardarlehen. So ist in der Tat bei alleiniger Betrachtung des Wortlauts der maßgeblichen Vorschriften nicht eindeutig, ob „Angaben zum Kündigungsrecht“ nach § 494 Abs. 6 S. 1 BGB a.F. mit dem „einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrages“ gem. Art. 247 § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 EGBGB a.F. gleichzusetzen sind.

Allerdings zeigt ein kurzer Blick in die Gesetzesbegründung, dass hier ein und dasselbe gemeint ist (BT-Drucks. 16/11643 S. 82). Allein vor diesem Hintergrund ist nicht nachzuvollziehen, wie das OLG Koblenz zu der Einschätzung gelangt ist, die Norm des § 494 Abs. 6 S. 1 BGB a.F. statuiere eine eigene Pflichtangabe zum Kündigungsrecht. Auch die gesetzessystematische Verweisung des § 494 Abs. 1 BGB a.F. auf die Pflichtangaben gem. Art. 247 §§ 6 u. 9–13 EGBGB zeigt deutlich, dass die Norm lediglich an bestehende Pflichtangaben anknüpft. Stellt das einzuhaltende Verfahren bei Kündigung des Vertrags jedoch keine Pflichtangabe dar, so kann aus deren Fehlen auch kein Kündigungsrecht resultieren.

Dementsprechend haben maßgebliche Kommentatoren zwischenzeitlich in ihren neueren Auflagen auch klargestellt, dass die Angaben zum Kündigungsrecht lediglich bei Allgemein-Verbraucher-Darlehen erforderlich sind (MüKo BGB/Schürnbrand, 7. Aufl., § 434 Rn. 38; Palandt/Weidenkaff, 78. Aufl., § 494 Rn. 10).



Beitragsnummer: 1347

Beitrag teilen:

Beiträge zum Thema:

Beitragsicon
Rechtssichere Kündigung von Krisenengagements

Eine Kündigung darf nicht unzumutbar sein und nicht zur Unzeit erfolgen. Die Kündigung im Rahmen einer planmäßig verlaufenden Sanierung ist grds. unzulässig.

27.07.2022

Beitragsicon
BGH äußert sich zum Anspruch auf „Kopie“ nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO

Sofern ein Dokument nicht von der betroffenen Person selbst stammt, besteht nach BGH-Auffassung grundsätzlich keine Verpflichtung zur Herausgabe dessen Kopie.

17.04.2024

Beitragsicon
OLG Celle zur Frage der Nichtabnahmeentschädigung der Bank

Das OLG Celle entschied, dass die Nennung von bestehenden Grundschulde der praktischen Durchführung der Besicherung diene und keine Abänderungserklärung sei.

21.03.2024

Beitragsicon
Analoge Anwendung von § 288 I 1 BGB auf verspätete Kontoentsperrung

Ein Kunde hat einen Schadensersatzanspruch nach § 288 I 1 BGB , wenn ihm der Zugriff auf sein Kontoguthaben wg. verspätete Freigabe verwehrt wurde.

21.03.2024

Beitragsicon
Kein Widerruf nach vollständiger Erfüllung eines Kreditvertrags

Ein Verbraucher kann sich nach vollständiger Erfüllung aller vertraglichen Verpflichtungen aus einem Kreditvertrag nicht mehr auf sein Widerrufsrecht berufen.

17.04.2024

Um die Webseite so optimal und nutzerfreundlich wie möglich zu gestalten, werten wir mit Ihrer Einwilligung durch Klick auf „Annehmen“ Ihre Besucherdaten mit Google Analytics aus und speichern hierfür erforderliche Cookies auf Ihrem Gerät ab. Hierbei kommt es auch zu Datenübermittlungen an Google in den USA. Weitere Infos finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen im Abschnitt zu den Datenauswertungen mit Google Analytics.