Dienstag, 24. Juli 2018

Prozessmanagement einführen – Abläufe digitalisieren

Nico Lanzer, Mitarbeiter Unternehmensentwicklung/Vorstandsstab, PSD Bank Berlin-Brandenburg eG

Noch längst nicht alle deutschen Geldhäuser haben sich die Vorteile eines bankweiten Prozessmanagements zunutze gemacht, um sich den neuen Herausforderungen am Markt zu stellen. Die voranschreitende Digitalisierung verändert nachhaltig das Kundenverhalten; sinkende Erträge und der Markteintritt von FinTechs sowie branchenfremden Konzernen wie Google – zunächst mit seinem Bezahldienst Google Pay – halten Banken in Atem. Das Aufsichtsrecht treibt den Dokumentationsaufwand in die Höhe. Die Konsequenz? Banken suchen nach Möglichkeiten, um Kosten zu sparen, Abläufe effizienter zu gestalten und schneller auf Veränderungen reagieren zu können. Es empfiehlt sich deshalb, einen Blick auf die eigenen Prozesse zu werfen, ein unternehmensweites Prozessmanagement zu etablieren, Prozesse zu digitalisieren, automatisieren und kontinuierlich zu verbessern.

Die Vorteile erkennen

Die Einführung und Weiterentwicklung eines Prozessmanagements erfordert Rückendeckung durch die Geschäftsleitung und die Führungskräfte des Hauses. Dafür ist es essentiell, die Vorteile der Prozessorientierung und des Prozessmanagements zu verstehen.

  • Transparenz: Prozessdarstellungen verschaffen Mitarbeitern einen Überblick zu vor- und nachgelagerten Aufgaben, was es ihnen ermöglicht, Verbesserungsvorschläge einzureichen. Überdies führt Transparenz zu einer erhöhten Mitarbeitermotivation, da die Sinnhaftigkeit der Arbeit erkennbar wird. Auch eine Transparenz über Prozessrisiken und -kontrollen lässt das Herz eines Risikomanagers höher schlagen.
  • Zeit- und Kosteneffizienz: Durch Schnittstellenminimierung und das Zusammenführen und Streichen redundanter und überflüssiger Aufgaben kann eine Optimierung der Durchlauf- und Bearbeitungszeiten sowie der Prozesskosten erreicht werden.
  • Qualitätssteigerung: Die Ausrichtung der Prozesse an den Kundenbedürfnissen ermöglicht eine Steigerung der Prozess- und Produktqualität. Definierte Prozessabläufe und eingebaute Kontrollen reduzieren Fehlerquoten, was wiederum zu einer erhöhten Kundenzufriedenheit führt.
  • Standardisierung und Komplexitätsreduktion: unternehmensweit einheitliche Vorgaben zur Darstellung von Prozessen ermöglichen eine Reduzierung von Einarbeitungszeiten bei Versetzungen von Mitarbeitern. Die standardisierte Darstellung von Prozessen erleichtert überdies die Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern, ein zielgerichtetes Outsourcing sowie eine schnellere Anpassung an externe Veränderungen. Der Revision wird überdies der Einstieg in die Prüfung erleichtert.

 SEMINARTIPPS

Gesamtbanksteuerung im Fokus von Aufsicht & Revision, 18.09.2018, Köln.

Prozessmanagement 2.0 – Sicherheit in der regulatorischen Gestaltung, 13.09.–14.09.2018, Berlin.

Prüfung § 18/18a KWG- & Bonitätsanalyse-Prozesse, 09.10.2018, Berlin.

Prozessprüfungen im Risikomanagement, 15.10.2018, Frankfurt/M.

Automatisierung der IR-Prüfungsprozesse durch Digitalisierung, 05.12.2018, Köln.


Die richtige Software auswählen

Anforderungen an die Modellierungssoftware können folgende Punkte umfassen:

  • Kompatibilität mit den gängigen Modellierungssprachen, vor allem BPMN2.0,
  • einfache und intuitive Bedienung für Prozessmodellierer und Nutzer,
  • einen an die Bedürfnisse des Instituts angepassten Funktionsumfang, bspw.: Modellierung von Prozessen und Landkarten, Prozess-Analysen, Qualitätsmanagement, Workflow-Management & Process-Engine, Risiko- und Compliance-Module, etc.,
  • Gewährleistung des Supports durch den Dienstleister,
  • Überblick zu entstehenden Kosten und ein transparentes Rechte-Rollen-Konzept.

 BUCHTIPP

Claudia Meier (Hrsg.), Praxisleitfaden Prozessmanagement, 2017.



Wichtige Schritte zur Einführung

Die Einführung eines Prozessmanagements kann im Rahmen eines internen Projektes erfolgen. Dabei sind alle Abteilungen des Instituts als Stakeholder zu berücksichtigen und im Verlauf des Projektes angemessen einzubeziehen. Zunächst ist das Kernprojektteam – bestehend aus Prozess- und Fachexperten – festzulegen. Die Prozessmodellierer sind in der gewählten Software zu schulen. Im Kernteam werden dann die Modellierungsstandards und Richtlinien erarbeitet. Auf dieser Basis ist das Rollenverständnis zu schaffen. Gängige Rollen sind dabei bspw. Prozesseigentümer, -verantwortliche und -manager. Im Rahmen von Modellierungs-Workshops erfolgt dann die Aufnahme von ausgewählten Pilot-Prozessen mit dem gesamten Kernteam, ggf. mit externer Begleitung. Dabei sind IST-Prozesse zu modellieren und offensichtliche Verbesserungspotenziale festzuhalten, die mit der ersten Prozessüberprüfung umzusetzen sind. Die aufgenommenen Prozesse sollten dann allen Mitarbeitern vorgestellt und in einem prozessualen Organisationshandbuch veröffentlicht werden.

Prozesskultur etablieren und Prozesse optimieren

Sind die Ist-Prozesse modelliert, beginnt der kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP). Im Rahmen von regelmäßigen Überprüfungen werden die Prozesse auf Basis gesammelter Daten (quantitativ, bspw. Durchlaufzeiten, Bearbeitungszeiten, Stückzahlen, Fehlerquoten; qualitativ: bspw. Beschwerden, offensichtliche Fehler und Redundanzen) mithilfe geeigneter Methoden angepasst. Dies geschieht nun aus der Linie heraus. Die Erreichung dieser Phase nimmt Zeit in Anspruch und muss entsprechend durch eine zentrale Abteilung wie die Organisation oder IT unterstützt werden, um langfristig eine bankweite Prozesskultur zu etablieren und von den Vorteilen des Prozessmanagements zu profitieren.

PRAXISTIPPS

  • Legen Sie klare Verantwortlichkeiten und Rollen fest.
  • Beginnen Sie mit Prozessen, die möglichst viele Mitarbeiter betreffen.
  • Modellieren Sie Prozesse stets mit ganzheitlicher Betrachtung „End-to-End“.
  • Gehen Sie auf Roadshow, um Werbung für das Prozessmanagement zu machen und ein unternehmensweites Prozessverständnis zu schaffen!




Beitragsnummer: 836

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