Freitag, 15. Juni 2018

Zinscap-Prämien bei variablen Verbraucherdarlehen unwirksam

BGH – Urt. v. 08.05.2018 zur Frage der Wirksamkeit formularmäßiger Vereinbarungen einer Zinscap-Prämie sowie einer Zinssicherungsgebühr in Verbraucherdarlehensverträgen (Pressemitteilung Nr. 099/2018 v. 05.06.2018)

Dr. Ulrich Muth, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, SKW Schwarz Rechtsanwälte, München

Mit freundlicher Unterstützung von:







Mit Urt. v. 08.05.2018, Az.: XI ZR 790/16, hat der BGH die formularmäßige Vereinbarung einer Zinscap-Prämie sowie einer Zinssicherungsgebühr im Rahmen von Verbraucherdarlehensverträgen mit variabler Verzinsung für unwirksam erklärt.

In dem durch den BGH entschiedenen Fall hatte ein Verbraucherschutzverein (i. S. § 4 UKlaG) folgende Klauseln beanstandet, welche die beklagte Bank in Vertragsformularen für Verbraucherdarlehen mit einem variablen Zinssatz verwendete:

„Zinscap-Prämie: … % Zinssatz p. a. … % variabel …˟

˟ Bis zum … beträgt der Zinssatz mindestens … p. a. und höchstens … %

p. a. … Die oben angeführte Zinscap-Prämie ist sofort fällig.“

sowie

„Zinssicherungsgebühr: … % Zinssatz p. a. … % variabel … ˟

˟ Bis zum … beträgt der Zinssatz mindestens … p. a. und höchstens … %

p. a. … Die oben angeführte Zinscap-Prämie ist sofort fällig.“

Nach den Darlehensverträgen sollte die vereinbarte Prämie bzw. Gebühr bei Vertragsabschluss in voller Höhe fällig sein und es war keine vertragliche Regelung für eine anteilige Rückerstattung bei vorzeitiger Darlehensrückzahlung vorgesehen.

Mit der Klage verlangte der Kläger, die Verwendung der beiden Vertragsklauseln zu unterlassen, und vertrat die Auffassung, dass diese die Kunden unangemessen benachteiligten und daher einer Inhaltskontrolle (§ 307 BGB) nicht standhielten.

Durch das Verlangen einer zusätzlichen Gebühr über den vereinbarten Zinssatz hinaus, die einschränkungslos auch dann zu zahlen sei, wenn das Darlehen vorzeitig zurückbezahlt würde, werde der Kunde unangemessen benachteiligt.

Das LG Düsseldorf hat die Klage mit Urt. v. 24.02.2016, Az. 12 O 210/15 abgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Berufung hat das OLG Düsseldorf mit Urt. v. 01.12.2016, Az. I-6 U 56/16 das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und der Klage stattgegeben.

Der BGH hat das Berufungsurteil bestätigt und die verwendeten Klauseln bezüglich einer Zinscap-Prämie bzw. einer Zinssicherungsgebühr als unwirksam angesehen.

Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts seien die variablen Zinscap-Prämien bzw. Zinssicherungsgebühren in verschiedenen Verträgen mit Kunden zwar auf der Grundlage unterschiedlicher Prozentsätze anhand bestimmter Vorgaben errechnet worden. Ein Aushandeln der Prämie bzw. Gebühr im Sinne einer Individualabrede sei jedoch nicht hinreichend dargetan.


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Beide Klauseln unterlägen der Inhaltskontrolle (§ 307 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 und 2 BGB). Aus Sicht eines Durchschnittskunden seien sie so zu verstehen, dass mit der Vereinbarung eines variablen Zinssatzes innerhalb einer einheitlichen Regelung sowohl die Zinshöhe, als auch ein zusätzliches laufzeitunabhängiges (Teil-)Entgelt für die Überlassung der Darlehensvaluta festgelegt werde.

Denn die Zinscap-Prämie bzw. Zinssicherungsgebühr sollte einen Ausgleich der dem Darlehensgeber entgehenden Zinseinnahmen schaffen, sofern die vereinbarte Zinsobergrenze überschritten werde. Bei kundenfeindlichster Auslegung (§ 305 c Abs. 2 BGB) seien die Regelungen über die Zinscap-Prämie und die Zinssicherungsgebühr laufzeitunabhängig ausgestaltet, da sie sofort fällig seien und auch bei vorzeitiger Vertragsbeendigung/Darlehensrückzahlung nicht anteilig zurückerstattet würden. Die angegriffenen Regelungen wichen daher vom gesetzlichen Leitbild des Darlehensvertrages ab, wonach als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Darlehensvaluta alleine ein laufzeitabhängiger Zins bezahlt werden müsse (§ 488 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Diese Abweichung vom gesetzlichen Leitbild indiziere eine unangemessene Benachteiligung, die vorliegend nicht widerlegt sei (§ 307 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 und 2 BGB).

PRAXISTIPPS

  • Die Entscheidung, die sich zunächst nur auf variable Verbraucherdarlehen beschränkt, reiht sich in die ständige Rechtsprechung des BGH zur Zulässigkeit von Bearbeitungsentgelten in Darlehensverträgen ein (vgl. BGH, Urt. v. 13.05.2014, Az. XI ZR 405/12; Az. XI ZR 170/13). Danach können Gebühren/Prämien im Rahmen von Darlehensverträgen über den Vertragszins hinaus regelmäßig nur dann verlangt werden, wenn sie entweder individuell ausgehandelt werden oder eine Sonderleistung bepreisen.
  • Schon bisher hat der BGH darauf hingewiesen, dass die Zurverfügungstellung der Darlehenssumme, die Beschaffung des Kapitals und die Sicherstellung der eigenen Refinanzierung keine zusätzlich bepreisbaren Sonderleistungen darstellen (BGH, Urt. v. 13.05.2014, Az. XI ZR 170/13; BGH, Urt. vom 04.07.2017, Az. XI ZR 562/15 und XI ZR 233/16). Jedenfalls in der konkreten Ausgestaltung scheint der BGH anzunehmen, dass Prämien bzw. Gebühren für die Begrenzung des Zinsrisikos keine echten und bepreisbaren Sonderleistungen darstellen.
  • Ungewiss ist, welche Anforderungen der BGH an die formularmäßige Ausgestaltung einer Zinscap-Prämie in Verbraucherdarlehensverträge im Einzelnen stellt. Die Urteilsgründe bleiben abzuwarten. Die Einräumung eines Wahlrechts im Rahmen einer Ankreuzoption scheint riskant, da dies ein „Ausverhandeln“ nicht zwingend dokumentiert. Sicherer dürfte es sein, eine anteilige Rückzahlung der Prämie bei vorzeitiger Beendigung vorzusehen. Ein Ausweg könnte auch der Abschluss eines gesonderten Zins-Swap-Geschäfts darstellen, das im Verbraucherbereich jedoch erhöhte Beratungspflichten generiert.


Beitragsnummer: 703

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