Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart
In seiner nicht rechtskräftigen Entscheidung vom 07.09.2023, 435 C 777/23 (vgl. ZIP 2024, 940 ff.), gelangt das Amtsgericht Kassel zum Ergebnis, dass die Ablehnung eines Kreditkartenvertrages wegen des Alters eines 88-jährigen potenziellen Neukunden, der über ein den Verfügungsrahmen des beabsichtigten Vertrages um deutlich mehr als das Doppelte hinausgehendes Monatseinkommen verfügt, eine nicht gerechtfertigte Diskriminierung wegen des Alters darstellt, weswegen dem abgelehnten Kunden eine Entschädigung in Höhe von 3.000 € nach § 21 Abs. 2 Satz 3 AGG zugesprochen wurde.
PRAXISTIPP
Es überrascht schon sehr, dass ein Kreditinstitut einem Neukunden im Alter von 88 Jahren mit einem Pensionseinkommen von monatlich 6.400 € den Abschluss eines Kreditkartenvertrages mit einem Verfügungsrahmen von nur 2.500 € allein im Hinblick auf dessen Alter sowie allein im Hinblick auf das mit einer Kreditgewährung verbundene Ausfallrisiko abgelehnt hat. Denn auch einem Kreditinstitut dürfte bekannt sein, dass die Teilnahme am allgemeinen Leben heutzutage ohne Einsatz einer Kreditkarte kaum noch möglich sein dürfte. Insofern bleibt abzuwarten, ob das Berufungsgericht im Hinblick auf das höhere Ausfallrisiko eines 88-jährigen Neukunden aufgrund eines möglichen früheren Todes sowie dem hierdurch bedingten möglichen höheren Aufwandes bei der Rückforderung eines überzogenen Sollsaldos gegenüber den Erben ausreichend ist, um die Ablehnung der Eröffnung eines Kreditkartenvertrages bei einem 88-jährigen neuen Bankkunden zu rechtfertigen.
Beitragsnummer: 22615