Freitag, 21. Dezember 2018

Innovative und digitale Service schaffen mit Big Data

Mit Big Data Analysen eine systematische Auswertung/Analysen von großen Datenmengen durchführen.

Ralf, Heim, Co-CEO, Fincite.Grow, Marketing, Business Development und Sales, Fincite GmbH.

Fincite ist ein Fintech, das sich auf das Asset Management spezialisiert hat und in einer auf Daten und Informationen basierten Welt die Spitzentechnologie Robo Advisory einsetzt, damit Banken ihren Kunden erstklassige Anlageberatung und innovative digitale Services bieten können.

Das Interview führte Heidi Bois, Leiterin Vertrieb und Redaktionsmitglied DigiPraktiker, Finanz Colloquium Heidelberg GmbH

Bois: Herr Heim, Sie sind Gründer und Geschäftsführer von Fincite. Erzählen Sie uns etwas über Ihr Unternehmen und Ihr Geschäftsmodell.

Heim: Fincite verfolgt die Mission, mit Technologie verbessern wie wir als Menschen investieren oder unsere Finanzen planen. Wir haben eine Software, die alle Konten, Depots und Vermögenswerte eines Kunden verknüpft, analysiert und holistische Verbesserungen vorschlägt und durchführt. Banken, Versicherungen und Asset Manager nutzen unsere Software, um ihren Kunden digitale Investment-Services anzubieten. Diese reichen von Portfolioanalysen über digitale Vermögensverwaltung über vollintegrierte Rentenplanung.

Bois: Warum nutzen Finanzinstitute, wie z. B. die Deutsche Bank, Ihre Software?

Heim: Als Finanzdienstleister muss ich mich auf die digitale Zukunft vorbereiten. In den letzten Jahren wurde „Offline-Beratung“ immer teurer. Die Folge ist, dass heute selbst Kunden mit mittleren Vermögen nicht mehr holistisch beraten werden. Wir kehren dies mit Technologie um und ermöglichen Finanzdienstleistern so, neue Segmente anzugehen oder ihre bestehenden Beratungsprozesse effizienter zu machen. Als Finanzdienstleister kann ich auf Fincite CIOS meine komplett eigene Digital Journey umsetzen. Eine, die zu meinen Kunden, Prozessen, Channeln und Architekturen passt. Wir gehen damit weg von dem klassischen White Label, wo man nur die Applikation anders „anstreicht“, hin zu einer Softwarewelt, in der ich mir die richtigen Module wie „Lego-Steine“ zusammenstellen kann.

 SEMINARTIPP

FCH Innovation Days 2019, 24.-25.06.2019, Berlin.




Bois: Was ist Robo-Advisory und wie wirkt es sich auf die Vermögensverwaltungsbranche aus?

Heim: Software macht Vermögensverwaltung effizienter. An Stelle von Kosten für Vor- und Nachbereitung sowie Beratung i. H. v. 4.000–10.000 € kostet mich ein Beratungsprozess nur noch einige 100 €. Zudem verändert unsere Software durch die Aggregation die Art und Weise, wie ich eine Vermögensverwaltung steuere. Mit Hilfe von einer Kennzahl, die wir Assets under View (AuV) nennen, kann der Vermögensverwalter auf die Kunden fokussieren, die das meiste ungehobene Potenzial bringen. Wir sehen zudem, dass die Fähigkeit, ein fremdes Depot einfach mit eigenen Techniken zu analysieren, eine große Hilfe als Vertriebstool ist.

Bois: Welches Lernverfahren nutzt der Robo Advisor? Und können Sie uns dieses Verfahren bitte etwas genauer beschreiben?

Heim: Wir haben für die unterschiedlichen Analysen entwickeln, die wir über Meta-Modelle hinsichtlich ihrer Effizienz bewerten. In der Vermögensanalyse arbeiten wir z. B. mit diversen eigenen Diversifikationsmaßen und nutzen diese, um die Struktur und das Risiko des Vermögens zu analysieren. Wir arbeiten zudem an Prediction Modellen für unsere Retirements-Lösung. Hier analysieren wir auf Basis der Ausgabenstrukturen eines Kunden, wie sein Rentenbedarf heute aussieht und bewerten im Nachhinein die Präzision der Prognosen.

Bois: Worin liegen hier die Vorteile für den Endverbraucher?

Heim: Gegenfrage: Wie viele Freunde haben Sie, die wissen, ob sie für die Rente gut abgesichert sind? Oder wie viele Anleger haben heute kein Gefühl dafür, ob ihr Depot wirklich gut gestreut ist oder nicht doch am Ende über 70 % in den USA, über 90 % in Großunternehmen investiert ist? Unser Anspruch ist daher, für Endverbraucher zu verbessern, wie er investiert oder dabei zu helfen, wie er seine Rentenlücke schließen kann. Diese Art von Applikationen erzeugen wir gemeinsam mit Banken auf unsere Software. Als Endverbraucher erhalte ich daher mehr Transparenz, eine individuell auf mich und meine finanzielle Situation zugeschnittene Empfehlung und oftmals auch geringere Kosten der Anlage.

Bois: Wie reagieren Endkunden auf solche zwar sehr individuellen, aber doch eher unpersönlichen Angebote? Ich stelle es mir nicht ganz einfach vor, hier jeden Kunden abzuholen und für die „neue Welt” zu begeistern.

Heim: Unpersönlich sind die Angebote, wenn man einen Robo Advisor „einfach mal ins Netz hängt“. Dies war die ersten Jahre der Fall. Heute sehen wir eher, dass die meisten Modelle „Hybrid“ sind. Das heißt, der Kunde kann, wenn er will, online für sich arbeiten oder auf Bedarf mit einem Berater sprechen. Das nahtlose Zusammenspiel von Berater und Software sehen wir als Erfolgsfaktor. Der Berater kann z. B. den Kunden bitten, in Vorbereitung zu einem Gespräch seine Vermögenswerte zu verknüpfen, um danach einen persönlichen Vorschlag zu erhalten, der wirklich auf ihn zugeschnitten ist.

Bois: Bevor Sie Fincite gegründet haben, haben Sie das Business Development eines großen Big-Data-Unternehmens verantwortet. Können Sie Big Data bitte kurz beschreiben und was Big Data Ihrer Meinung nach für Banken tun kann?

Heim: Ja, mit cundus haben wir z. B. in der Chemieindustrie externe Marktdaten gecruncht, um bessere Simulationsmodelle für Nachfrage und Einkaufspreise zu ermitteln oder Sensordaten von Greifarmen in der maschinellen Fertigung genutzt, um über Fourier-Transformationen Ausschuss in Echtzeit zu erkennen. Banken haben hier einen Riesen-Vorteil, den sie kaum nutzen. Sie haben strukturierte, transaktionale Daten aus einem Geschäftsmodell, das sich fast vollständig digital abbilden lässt. Was ich damals in jedem Workshop mit Banken gefragt habe: Warum wollt ihr die ganzen unstrukturierten Daten nutzen? Nach dem Motto: Je komplizierter die Daten zu erheben, desto besser. Dabei besitzen Banken so wertvolle Transaktions-, Stamm- und Metadaten, mit denen sie ihren Kunden überlegene Dienstleistungen anbieten können.

Bois: Gerade Finanzinstitute sitzen heute auf einem „Daten-Schatz“. Einsatz von Multimedia, das ständige Nutzen des Smartphones, soziale Netzwerke… Die Datenmenge wächst enorm. Liegt der Einsatz von Big-Data-Analyse in Banken für die Entwicklung personalisierter Marketing-Strategien noch in weiter Ferne oder wie schätzen Sie die aktuelle und weitere Entwicklung ein?

Heim: Gutes Beispiel: Soziale Netzwerke vs. Konto- und Depot: Natürlich kann ich komplexe Social Media-Daten crawlen, in der Hoffnung, Sentiments meiner Kunden zu finden. Dies ist aber viel Aufwand, um es gut zu machen. Auf der anderen Seite habe ich das Konto und das Depot des Kunden. Im richtigen Service-Mantel kann ich meinem Kunden direkt hineinspielen, wie er sein Depot verbessern kann, wie viel er pro Monat sparen muss, um eine gute Rente sicher zu stellen, u. v. m. Die Potenziale sind so naheliegend, dass man nicht immer in die Ferne sehen muss.

Bois: Wie gehen Sie bei Ihrer Software mit dem Thema Datenschutz um? Wo werden die Daten verarbeitet und wie sind diese geschützt?

Heim: Wir haben uns früh für den ungewöhnlichen Weg entschieden, dass wir keine Klarnamen von Kunden auf unseren Kunden auf unserer Software speichern. Darüber hinaus investieren wir viel in die verschlüsselte Speicherung und den Transfer von Daten.

Bois: Zusammen mit einem namhaften Immobilienbewerter ermöglichen Sie jetzt mit einer intelligenten Big Data-Lösung erstmals auch einen gesamtheitlichen Blick auf Immobilienvermögen in der digitalen Anlageberatung. Ihre Lösung soll in Zukunft Banken und Finanzdienstleistern auch Vorschläge zur Optimierung der Immobilien-Assets im Portfolio aufzeigen. Das klingt spannend – erzählen Sie uns mehr darüber!

Heim: Immobilien spielen in deutschen Vermögen eine große Rolle. Oftmals zählen wir in den Assets under View unserer Kunden mehr als 30 % Vermögen in Immobilien. Über unseren gemeinsamen Service gibt der Kunde nur seine Adresse und ein paar Details ein und erhält schon eine Bewertung der Immobilie, die dann in seine Vermögensberatung einfließt.

Bois: Haben Sie noch weitere Kooperationen mit anderen Unternehmen? Wenn ja, mit wem und was bieten Sie gemeinsam an?

Heim: Wir haben eine Vielzahl an Partnern. Unsere Partner für Marktdaten sind Refinitiv, Morningstar und Factset. Insbesondere mit Refinitiv arbeiten wir auch an Gemeinschaftsprodukten, wie z. B. einem gezielter Newsfeed, der direkt für alle Aktien, Fonds, ETFs, etc. In Deinem Portfolio Dir gezielte News zu spielt. Zur Verknüpfung von Konten und Depots arbeiten wir in jedem Land mit unterschiedlichen Partnern, in Deutschland ist dies figo. Wir haben zudem auch Softwarepartner, mit denen wir unsere Applikation schon verknüpft haben, wie z. B. Backbase im Online Banking oder msg life in der Lebensversicherung. Dann partnern wir für die Implementierung auch mit Beratungen, wie z. B. Horvath und Partners in Deutschland oder Deloitte in den Niederlanden.

Bois: Sind noch weitere Kooperationen geplant und können Sie hier schon etwas verraten?

Heim: Wir bauen unsere Partnerschaften auf allen Ebenen, also Datenanbieter, Aggregationsanbieter, Softwarepartner und Implementierungspartner in 2019 deutlich aus.

Bois: Können Banken Ihrer Meinung nach künftig am Markt noch erfolgreich sein? Und wenn ja, wie? Wie werden sie Geld verdienen und wie müssen sie sich dafür organisieren?

Heim: Wir glauben, dass durch die aktuelle Entwicklung das Geschäftsmodell von Banken sich erweitert. Im Investmentbereich beispielsweise werden die Margen in der Basisanlage immer mehr unter Druck kommen. Dieser Trend wird durch zunehmende Verbreitung von ETFs und einen Preiskampf im Robo Advisor Bereich, den wir noch erwarten, intensiviert. Dies wird zur Konsolidierung führen und den Druck zu wachsen erhöhen. Es gibt aber auch neue Umsatzströme. Zum Beispiel sehen wir, dass Banken auf unserer Software mehr und mehr exklusive Alternative Investments anbieten. In dieser Rubrik gibt es noch Margen. Als Bank gibt es noch so viel Möglichkeit zu wachsen. Wir sehen z. B., dass das Thema Ruhestandsplanung ein Einfallstor in die Versicherungswelt ist, wo die Margen noch höher sind. Früher haben sich Banken mit dem Vertrieb von Versicherungen immer schwer getan, weil die Berater sich nicht wohl mit den Produkten gefühlt haben. Heute, durch digitalgestützte Prozesse, ist dies möglich. Diese Liste lässt sich weiterführen zu betrieblicher Altersvorsorge bis hin zu Affiliate Modellen, wo ich Kunden gezielt einen Stromwechsel im Konto anbiete – frei nach dem Check 24 Modell.

Bois: Werden persönliche Beratungen oder Bankfilialien hier noch eine Rolle spielen, und wenn ja, welche?

Heim: Ja. Der Kunde wird auf mehreren Kanälen mit der Bank interagieren. Online, im Video-Chat, per Chat aber für komplexere Themen auch in der Filiale. Der Unterschied wird sein, dass der Berater in der Filiale in der Zukunft viel mehr unterstützt wird. Er weiß, wie viel Vermögen der Kunde hat, erhält automatisiert die geeigneten Anlageprodukte für diesen Kunden und kann sich so in dem Gespräch viel besser auf die persönliche und individuelle Situation des Kunden einstellen.

Bois: Was denken Sie, wie die Geldanlage der Zukunft aussehen wird?

Softwaregestützt, ganzheitlich und intelligent. Banken, Versicherer und Vermögensverwalter werden ihren Kunden einen nahtlosen Übergang zwischen digitaler und menschlicher Beratung bieten. Kunden werden mit wenigen Klicks ihre gesamte finanzielle Situation mit dem Finanzdienstleister ihrer Wahl teilen können und online hochwertige, passgenaue Empfehlungen erhalten. Versicherungen wie Rentenversicherung, Berufsunfähigkeit etc. werden modularer und passen sich an meine Finanzsituation in Echtzeit an. Es wird nur noch eine kleine Rolle spielen, bei welcher Bank ich das Konto oder Depot habe.

PRAXISTIPPS

  • Der Datenschatz ist ungeheuer riesig bei den Banken Investieren Sie die nötige Zeit, denn der Mehrwert wird enorm sein.
  • Nutzen Sie digitalunterstützte Prozesse, um zu wachsen.
  • Neue Entwicklungen sollten sich an den Bedürfnissen des Kunden orientieren.




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