Sonntag, 25. Oktober 2020

Objektbasierte Finanzierung als Lösung in der Sanierung

Assetbasierte Modelle wie Sale & Lease Back und Asset Based Credit bieten Ansätze für Insolvenz und andere Krisensituationen.

Carl-Jan von der Goltz, geschäftsführender Gesellschafter Maturus Finance GmbH


I. Herausforderungen und Chancen einer akuten Krise


1. Sanierung in der Insolvenz aus eigener Kraft

Beobachter rechnen Ende des Jahres mit einem Anstieg der Insolvenzzahlen. Dies zeigt etwa eine Befragung[1] der Deutschen Unternehmerbörse unter Insolvenzexperten. Danach erwarten 80 % der Teilnehmer eine Zunahme bei den Insolvenzanmeldungen im vierten Quartal. Bei den Branchen sehen 62 % der Befragten besonders den Automobilbereich und seine Zulieferer betroffen. Der Grund für die Einschätzung: Seit Oktober gilt für akut zahlungsunfähige Unternehmen wieder die Insolvenzantragspflicht – auch wenn ihre Krise auf COVID-19 zurückzuführen ist. Die gesetzliche Aussetzung der Antragspflicht wurde lediglich für überschuldete Unternehmen noch bis 31.12.2020 verlängert. Die Aussetzung der Pflicht hatte das Bild bei den Firmeninsolvenzen zuletzt stark verzerrt. So kam es im ersten Halbjahr zu der paradoxen Situation, dass trotz Pandemie und Rezession die Insolvenzzahlen im Vergleich zu 2019 deutlich zurückgingen. Das zeigen etwa die Zahlen von Creditreform[2].

Vor dem aktuellen Hintergrund machen sich Unternehmer vermehrt Gedanken über die Sanierung ihres Betriebes. Das geltende Insolvenzrecht kommt ihnen dabei durchaus entgegen und stellt wichtige Werkzeuge zur wirtschaftlichen Neuaufstellung, zum Turnaround bereit. Denn führte eine Insolvenz früher nicht selten zur Abwicklung von Unternehmen, so steht seit Inkrafttreten des ESUG (Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen) in 2012 deren nachhaltige Sanierung im Zentrum. Dazu wird beispielsweise die sogenannte Eigenverwaltung ermöglicht. Hier wird das Unternehmen in der Insolvenz nicht durch einen Insolvenzverwalter geführt. Stattdessen hält die Geschäftsleitung selbst die operativen Zügel in der Hand. Ihr wird lediglich ein Sachwalter zur Seite gestellt, der eine Kontroll- und Dokumentationsfunktion erfüllt.

Überdies honoriert das Gesetz einen vorausschauenden Sanierungswillen etwa durch ein Schutzschirmverfahren. Wird dieses von einem Unternehmen rechtzeitig vor einer drohenden Zahlungsunfähigkeit beantragt, ist die Firma beispielsweise eine Zeit lang vor Vollstreckungsmaßnahmen ihrer Gläubiger geschützt. Ein Kernziel von Eigenverwaltung und Schutzschirm ist dabei die Entwicklung eines Insolvenzplans. Mit den darin entworfenen Maßnahmen sollen die Finanzen und die Struktur des Unternehmens saniert werden. Der Betrieb soll wieder auf eigenen Beinen stehen und rentabel arbeiten können. Doch um diese Optionen zu nutzen, müssen Unternehmer bestimmte Anforderungen erfüllen. Für die Eigenverwaltung beispielsweise setzen die zuständigen Insolvenzgerichte oftmals die Zusammenarbeit der Geschäftsleitung mit erfahrenen Sanierungsberatern voraus. Oder sie fordern, dass ein Interimsmanager mit der entsprechenden Expertise die Geschäftsleitung zeitweise übernimmt. Außerdem bedarf der entwickelte Insolvenzplan stets der Zustimmung durch die Gläubiger. Ein zentraler Faktor in einer insolvenzlichen Sanierung ist dabei die Liquidität. Denn ohne die nötigen Mittel können weder die erarbeiteten Sanierungsmaßnahmen umgesetzt, noch kann das Tagesgeschäft aufrechterhalten werden. Ein Verfahren droht dann nicht selten zu scheitern.


2. Ausweitung vorinsolvenzlicher Sanierung

Neben der Neuaufstellung im Rahmen der Insolvenz wird künftig auch die außergerichtliche Sanierung von Unternehmen eine wichtige Rolle spielen. Dazu wurde kürzlich vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz ein Referentenentwurf[3] vorgelegt. Dieser überträgt die Vorgaben der EU-Richtlinie zum präventiven Restrukturierungsrahmen in deutsches Recht. Das „Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts“ soll bereits Anfang 2021 in Kraft treten. Im Kern geht es bei dem geplanten Gesetz darum, dass Unternehmen bei drohender Zahlungsunfähigkeit künftig selbstständig einen Restrukturierungsplan ausarbeiten und diesen mit Gläubigern verhandeln können – ähnlich wie im Insolvenzverfahren, nur eben ohne die zwingende Aufsicht durch ein Gericht. Dazu werden die Gläubiger in Gruppen eingeteilt und müssen über den Restrukturierungsplan abstimmen. Damit der Plan als angenommen gilt, muss die Mehrheit der Gläubigergruppen zustimmen – die Zustimmung einer Gruppe gilt dabei, wenn 75 % ihrer Mitglieder das Vorhaben billigen. Experten sehen darin eine wichtige Weiterentwicklung, denn bisher mussten ausnahmslos alle Gläubiger einer möglichen Lösung zustimmen. Dadurch konnten schon einzelne, sogenannte Akkordstörer die gesamten Bemühungen zu Fall bringen. Auch wenn die außergerichtliche Sanierung als Möglichkeit theoretisch schon länger existiert, scheiterte das Verfahren in der Praxis dadurch regelmäßig. Der Referentenentwurf sieht daneben einige Hilfsmittel für restrukturierungswillige Unternehmen vor. Es soll beispielsweise Optionen wie eine gerichtliche Bestätigung für den Restrukturierungsplan oder einen zeitweisen Schutz des Unternehmens vor den Vollstreckungsmaßnahmen der Gläubiger geben. In Streitfällen ist zudem geplant, den Beteiligten Restrukturierungsberater zu Seite zu stellen.

Neben diesen Maßnahmen wird durch das künftige Gesetz auch das bisherige Insolvenzrecht konkretisiert und verschärft. Beispielsweise soll der Zugang zur Insolvenz in Eigenverwaltung an strengere Bedingungen geknüpft werden. Für von Corona betroffene Unternehmen sind zunächst jedoch Vereinfachungen geplant: Ihnen soll es unter bestimmten Voraussetzungen im Jahr 2021 erleichtert werden, eine Insolvenz in Eigenverwaltung zu beantragen. Doch ob präventive Restrukturierung oder Sanierung im Rahmen einer Insolvenz in Eigenverwaltung, im Kern geht es meist um drei Dinge: Der Betrieb muss die Sanierungsmaßnahmen aus eigener Kraft umsetzen, die Interessen der Gläubiger wahren und die nötige Liquidität freimachen können.


3. Operatives Geschäft muss weitergehen

Auch wenn dieser Fakt gelegentlich vergessen wird: Vertrauen ist ein zentrales Thema in einer Insolvenz. Konkret meint dies das Vertrauen der Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und Dienstleister. Denn wenn diese Stakeholder dem Unternehmen die Treue kündigen und abspringen, steht schnell das gesamte Verfahren auf der Kippe. Häufig verliert die Firma dann ihre Handlungsfähigkeit. Um sich das entsprechende Vertrauen weiter zu sichern, muss der operative Betrieb nahtlos weiterlaufen. Das Unternehmen muss weiter produzieren und liefern, Verträge erfüllen und Aufträge abwickeln. Dies ist unter den erschwerten Bedingungen der akuten Krise oft ein komplexes Thema, denn dafür wird Liquidität benötigt.

Die gewohnte Hausbank steht in solch einer Sondersituation meist nicht als Fremdkapitalgeber zur Verfügung. Denn sie ist oft einer der Hauptgläubiger und wird in der unsicheren Lage verständlicherweise keine zusätzliche Kreditlinie bereitstellen. Und selbst wenn das Geldhaus prinzipiell dazu bereit wäre: Die Basel-Regulierungen machen es ihm hier schwer, sich zu engagieren. Denn diese schreiben eine erhöhte Risikovermeidung vor. So muss die Bank etwa mehr Eigenmittel für ihre Risikopositionen hinterlegen und überdies eine strikte Obergrenze bei der Verschuldungsquote beachten. Hinzu kommen die ungünstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Zuge der Corona-Pandemie – Experten erwarten hier hohe Kreditausfälle. Entsprechend bilden die Finanzinstitute massive Rücklagen und verstärken ihr Risikomanagement weiter. Kurzum: Kreditgeber sind derzeit noch stärker auf die optimale Bonität eines Unternehmens angewiesen. Die ist in einer Sondersituation wie der Insolvenz jedoch nicht gegeben. Hat ein Betrieb in dieser Lage dennoch eine Alternative?


II. Krisenfinanzierung über Assets


1. Sale & Lease Back nutzt mobiles Anlagevermögen

Manche assetbasierten Finanzierungsmodelle, allen voran der Ansatz Sale & Lease Back, können selbst in einer komplexen Situation wie der Insolvenz angewendet werden. Denn hierbei ist die Bonität eines Unternehmens zweitrangig. Viel entscheidender sind die vorhandenen Assets. Also: die Maschinen-, Anlagen- oder Fuhrparks eines Unternehmens. Diese können die Betriebe im Rahmen von Sale & Lease Back an einen Finanzierer verkaufen und direkt im Anschluss wieder zurückleasen. Durch den Verkauf werden unmittelbar liquide Mittel frei, die ohne Auflagen für die Sanierung des Unternehmens eingesetzt werden können. Für die weitere Nutzung der Maschinen wird fortan eine Leasinggebühr erhoben. Sie kann vom Unternehmen in der Regel durch das operative Geschäft erwirtschaftet werden. Unter Umständen ist es auch möglich, Maschinen aus kurzfristig auslaufenden Mietkauf- oder Leasingverträgen abzulösen und sie in die Sale-&-Lease-Back-Finanzierung einzugliedern. Dies gelingt jedoch nur, wenn ihr Zeitwert höher ist als die erforderliche Ablösesumme.

Durch Sale & Lease Back lassen sich in der Folge Maßnahmen aus dem Insolvenzplan finanzieren oder der Geschäftsbetrieb am Laufen halten. Der Finanzierungsprozess selbst greift dabei nicht in das operative Geschäft ein. Denn keine Maschine muss die Halle verlassen und die Produktion zu keiner Zeit unterbrochen werden. Für ein erstes Finanzierungsangebot reicht meist eine Schreibtischbewertung der Assets. Später benötigte Zeitwertgutachten der Objekte werden direkt vor Ort durchgeführt. Wird die durch Sale & Lease Back gewonnene Liquidität zur Finanzierung des Unternehmens genutzt, kann sich das auch positiv auf die Fortführungsprognose im Rahmen des Insolvenzplans auswirken. Dies trägt dazu bei, das Vertrauen in das Unternehmen zu vergrößern und Gericht sowie Gläubiger zu überzeugen.


2. Liquide Mittel für Sanierung oder Transaktion

Je nach Art des Insolvenzverfahrens wird der eingesetzte Verwalter oder der eigenverwaltende Unternehmer zum Vertragspartner des Sale-&-Lease-Back-Finanzierers. Nach der Auszahlung fließt die neu gewonnene Liquidität der Insolvenzmasse zu und kann helfen, die Auflagen des Insolvenzplans zu erfüllen. Das Kapital kann aber auch von einem externen Investor als Akquisitionsfinanzierung eingesetzt werden, wenn er das Unternehmen oder – im Rahmen eines Asset-Deals – Teile davon übernimmt.

Wichtig ist gerade in der Eigenverwaltung, dass der Unternehmer Maschinen und Ähnliches nicht aufs Geratewohl für eine solche Finanzierung einsetzen kann. Dies erfordert in der Regel die Zustimmung aller Beteiligten. Bei einem regulären Insolvenzverfahren sind die Entscheidung des zuständigen Insolvenzverwalters sowie entsprechende Sicherheitenfreigaben durch absonderungsberechtigte Gläubiger maßgeblich. Unternehmer sollten sich in solchen Fragen immer von erfahrenen Insolvenzrechtsexperten beraten lassen.


3. Geschwindigkeit als entscheidender Faktor

Ein Insolvenzverfahren dauert in den meisten Fällen nur wenige Monate. Deswegen müssen alle Beteiligten in dieser Situation schnell reagieren und konsequente Entscheidungen treffen. Es bleibt schlicht keine Zeit, um wochen- oder gar monatelang auf die mögliche Zusage eines Finanzierers zu warten. Da der gesamte Finanzierungsprozess bei Sale & Lease Back zeitnah abläuft, macht auch seine Geschwindigkeit den Ansatz für Sanierungen relevant. Meist verstreichen vom Einholen des ersten Angebotes bis zur finalen Auszahlung des Kaufpreises sechs bis acht Wochen – ein überschaubarer Zeitrahmen, nicht nur für das Unternehmen selbst, sondern auch für Gläubiger, Sachwalter und Gericht. Konventionelle Finanzierungsansätze sind für diese Sondersituation oft nicht agil genug: Bis eine stichhaltige Information vorliegt, können bereits wichtiges Personal oder zentrale Kunden und Lieferanten abgesprungen sein. Deshalb könnte etwa die Sanierungsabteilung einer Bank, die ihrem Kunden in der Situation intern nicht weiterhelfen kann, diesen auf eine externe assetbasierte Lösung hinweisen. Neben dem zeitnahen Liquiditätsgewinn lassen sich mit Sale & Lease Back noch weitere Effekte im Unternehmen erzielen. 


4. Eigenkapitalquote steigern, stille Reserven heben

Da es sich um eine reine Innenfinanzierung handelt, erhöht Sale & Lease Back die Eigenkapitalquote eines Unternehmens. Dies kann gerade in einer Sanierungssituation ein wichtiges Signal für weitere Geldgeber sein. Denn zusätzliches Eigenkapital verbessert meist auch die Bonität im Bankenrating. Damit kann das assetbasierte Modell ein Hebel für zusätzliche Darlehen sein und so zur weiteren Stabilisierung des Unternehmens beitragen. Zudem lassen sich durch Sale & Lease Back oft stille Reserven heben: Sind die jeweiligen Maschinen oder Anlagen in der Unternehmensbilanz bereits größtenteils abgeschrieben, kann dies weiteren Liquiditätszuwachs bedeuten. Hinzu kommt die steuerliche Behandlung des Leasings: Die jeweiligen Raten für die Nutzung der Maschinen stellen teils abzugsfähige Betriebsausgaben dar. Die Zinsen eines Kredites hingegen lassen sich nicht auf diese Art steuermindernd einsetzen.


5. Für wen genau eignet sich Sale & Lease Back?

Mit ihrem Fokus auf betrieblichen Assets eignet sich die Finanzierungsart besonders für produzierende Unternehmen mit reichhaltigem mobilem Anlagevermögen. Das umfasst eine ganze Reihe von Branchen wie Fahrzeug- und Maschinenbau, Metall-, Kunststoff- und Holzverarbeitung, Land- und Forstwirtschaft, Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie, Textil- und Druckindustrie sowie Glasverarbeitung. Darüber hinaus kann Sale & Lease Back auch im Hoch- und Tiefbau oder der Transportlogistik angewendet werden. Dabei wird etwa über Baumaschinen, Sattelzugmaschinen oder Kühltransporter finanziert. Bezogen auf die regulären Umsatzgrößen ist das objektbasierte Finanzierungsmodell für Unternehmen mit Umsätzen zwischen fünf und 250 Millionen Euro im Jahr geeignet. Das Finanzierungsvolumen liegt in der Regel zwischen 400.000 und 15 Millionen Euro. In Einzelfällen kann es auch darüber hinausgehen. Wie hoch der Betrag jedoch letztlich ist, hängt stark von Quantität und Wertigkeit des Asset-Bestandes ab.


6. Welche Kriterien müssen Assets erfüllen?

Damit Sale & Lease Back als Ansatz in einer Insolvenz greift, ist es entscheidend, dass die Assets werthaltig und sekundärmarktfähig sind. Es müssen sich für die gebrauchten Maschinen im Zweifel also interessierte Käufer finden lassen. Zudem dürfen die Objekte ihren Wert auch über einen längeren Zeitraum nicht signifikant einbüßen. Eine weitere wichtige Grundvoraussetzung für Sale & Lease Back: Die Anlagen müssen mobil sein. Verkettete und mit der Fabrikhalle verbaute Assets, die nur am Standort betrieben werden können, scheiden für die Finanzierung aus. Neben ihrer Transportierbarkeit müssen die Objekte auch zahlreich und fungibel sein. Es sollte sich also stets um einen ganzen Maschinenpark handeln, der aus einer Reihe gängiger, einzeln austauschbarer Modelle besteht. Damit scheiden sowohl Sonder- und Einzelanfertigungen als auch Prototypen aus.


7. So funktioniert Sale & Lease Back in der Praxis

Nach einer unverbindlichen Anfrage beim Finanzierer und dem Klären erster Fragen, arbeitet der Interessent eine „Schreibtischbewertung“ seiner Objekte oder einen detaillierten Leasing- und Anlagenspiegel aus. Diese Informationen reichen meist für eine erste Einschätzung des Werts der vorhandenen Assets. Gibt es ausreichend werthaltiges Anlagevermögen für eine Sale-&-Lease-Back-Finanzierung, stellt der Finanzierer meist innerhalb kurzer Zeit ein indikatives Angebot bereit. Bestätigt der Unternehmer oder Verwalter das Angebot in der Folge, wird ein Vor-Ort-Termin in der Firma vereinbart. Bei diesem werden die exakten Zeitwerte der vorhandenen Maschinen durch einen unabhängigen Gutachter ermittelt. Das entsprechende Gutachten ist die Basis des späteren Sale-&-Lease-Back-Vertrages. Bevor dieser allerdings unterzeichnet werden kann, teilt der Finanzierer dem Unternehmen mit, welche wichtigen Unterlagen jeweils noch einzureichen sind. Nach Eingang aller Informationen und der Zustimmung der Beteiligten wie beispielsweise Sachwalter, eigenverwaltender Schuldner und Gläubigerausschuss, kann der Vertrag schließlich abgeschlossen werden. Nun wird der Kaufpreis zeitnah ausgezahlt und das Leasing beginnt.


8. Nicht nur in der Insolvenz einsetzbar

Sale & Lease Back unterstützt Unternehmen nicht nur in einer akuten Krise: Neben der Insolvenz zählen eine ganze Reihe weiterer Sondersituationen zu den Einsatzgebieten des Modells. Auch bei präventiven Restrukturierungen kann die Finanzierung für die nötige Liquidität sorgen, um wichtige Veränderungen anzustoßen. Die Kaufpreisfinanzierung für ein Unternehmen, das im Rahmen einer distressed M&A aus einer Notlage übernommen werden soll, ist über den Finanzierungsansatz ebenfalls möglich. Darüber hinaus unterstützt Sale & Lease Back auch den Neustart von Betrieben nach einer Krise. Ist etwa eine Insolvenz überwunden, kann das assetbasierte Modell beispielsweise bei der Vorfinanzierung von Aufträgen unterstützen und so Geschäftsentwicklung und Vertrauensbildung bei den Kunden voranbringen. Befindet sich ein Unternehmen wieder in wirtschaftlich solider Lage, kann eine Sale-&-Lease-Back-Finanzierung zudem bei Nachfolgelösungen oder Investitionen in neue Technologien oder Geschäftsbereiche unterstützen.

Neben Sale & Lease Back gibt es im Bereich der Restrukturierung und außerinsolvenzlichen Sanierung noch weitere assetbasierte Finanzierungen, die Lösungsansätze bieten können.


III. Finanzierung über Umlaufvermögen


1. Marktgängige Waren und Rohstoffe als Sicherheiten einsetzen

Neben Produktionsbetrieben verfügen beispielsweise auch mittelständische Händler über zahlreiche Assets. Hier handelt es sich in den meisten Fällen jedoch nicht um mobiles Anlagevermögen, sondern um Umlaufvermögen. Also: Waren- und Lagerbestände oder Rohstoffe. Diese binden in der Regel beträchtliches Kapital im Betrieb, das für eine klassische Finanzierung meist allerdings nicht eingesetzt werden kann. Gerade vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie ist dies oft schwierig, denn viele Betriebe haben durch den Lockdown und die fortwährende Unsicherheit starke Einbußen erlitten. Viele der unter Druck geratenen Firmen müssen sich dringend neu aufstellen und ihre Struktur sowie oft auch ihr gesamtes Geschäftsmodell umstellen. Die für eine umfassende Restrukturierung nötigen Mittel sind meist jedoch nicht vorhanden: Die Liquidität ist geschwächt, die verbleibenden Eigenmittel fließen in die Aufrechterhaltung des operativen Geschäfts und eine Fremdfinanzierung über die gewohnten Geldgeber ist derzeit schwierig.

In dieser Gemengelage kann der assetbasierte Kredit eine Lösung ermöglichen. Denn hier wird das werthaltige und marktgängige Umlaufvermögen aus Lager- und Warenbeständen als Sicherheit für einen alternativen Kredit eingesetzt. Doch das Modell eignet sich nicht nur für Händler, sondern auch für Produzenten. Denn mobiles Anlagevermögen wie Maschinen kann im Rahmen der Finanzierung ebenfalls besichert werden.


2. Vielseitig einsetzbar – wenn die Assets stimmen

Mit einer solchen Finanzierung können Umstrukturierungen oder Sanierungsmaßnahmen umgesetzt werden. Auftragsvorfinanzierungen nach überstandener Krise oder einer Flaute sind ebenfalls möglich. Ebenso können darüber Saison- oder Kriseneffekte abgefedert werden. Oder: Es wird eine Überbrückungs- oder Einkaufsfinanzierung mithilfe des Ansatzes realisiert. Insgesamt gehen die Einsatzmöglichkeiten weit über reine Krisenszenarien hinaus, sodass der objektbasierte Kredit auch von „gesundeten“ Unternehmen in den unterschiedlichen Situationen angewendet werden kann. Die abrufbaren Summen liegen zwischen 250.000 und drei Millionen Euro und die Laufzeiten der Kredite bewegen sich im kurz- bis mittelfristigen Bereich.

Damit eine solche Finanzierung jedoch überhaupt zum Tragen kommen kann, müssen vor allem die Assets der jeweiligen Firmen einige Kriterien erfüllen: Das Umlaufvermögen muss werthaltig und sekundärmarktfähig sein. Es darf sich also nicht um unfertige Produkte oder verderbliche Waren handeln. Soll Anlagevermögen als Sicherheit eingebracht werden, muss es – ganz ähnlich wie bei Sale & Lease Back – wertbeständig, mobil und gängig sein. Die Tauglichkeit der Assets wird durch den Finanzierer geprüft. Dazu analysiert dieser den aktuellen Warenbestand und betrachtet den Warenumschlag der letzten Monate. Bei Bedarf können auch Maschinengutachten angefertigt oder vom Betrieb Unternehmenszahlen angefordert werden. Die Bonität spielt aber auch bei dieser assetbasierten Finanzierungsmethode eine eher untergeordnete Rolle.

 

PRAXISTIPPS

  • Durch Corona sind viele Unternehmen in eine Krise geraten; Experten rechnen mit steigenden Insolvenzzahlen.
  • Das Insolvenzrecht bietet zahlreiche Möglichkeiten, ein Unternehmen zu sanieren.
  • Zudem steht der gesetzliche Rahmen zur vorsorglichen Restrukturierung vor einer wichtigen Zäsur.
  • Ob Insolvenz oder Restrukturierung: stets muss ein Sanierungsplan ausgearbeitet und finanziert werden.
  • Tagesgeschäft und die Beziehungen zu wichtigen Stakeholdern müssen aufrechterhalten werden.
  • Die Bereitstellung von Liquidität wird zur zentralen Herausforderung in der Insolvenz.
  • Klassisches Fremdkapital stößt meist an seine Grenzen – Banken könnten auf alternative Modelle verweisen.
  • Assetbasierte Finanzierungen wie Sale & Lease Back können eine große Bandbreite produzierender Branchen unterstützen.
  • Der Ansatz stellt auf werthaltiges, mobiles und fungibles Anlagevermögen ab, nicht auf Bonität.
  • Er bietet Geschwindigkeit und oft das Heben stiller Reserven.
  • Auch für vorinsolvenzliche Sanierungen und andere Sondersituationen ist Sale & Lease Back geeignet.
  • Der objektbasierte Kredit kann ebenfalls in bestimmten Sondersituationen angewendet werden.
  • Hier dienen Anlage- und Umlaufvermögen als Sicherheiten für alternative Kredite.

 


[1] Quelle: https://www.dub.de/unternehmensboerse/nachfolge/pressemitteilung-dub-umfrage-zur-entwicklung-der-insolvenzen-in-deutschland/

[2] Quelle: https://www.creditreform.de/aktuelles-wissen/pressemeldungen-fachbeitraege/news-details/show/insolvenzen-in-deutschland-1-halbjahr-2020

[3] Quelle: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/Fortentwicklung_Insolvenzrecht.html


Beitragsnummer: 12964

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