Dienstag, 17. Oktober 2023

Geschäftsmodelle gemeinsam erneuern

Durch Kooperation können Banken KMU bei dringend erforderlichen Transformationsvorhaben sicher unter die Arme greifen

Carl-Jan von der Goltz, geschäftsführender Gesellschafter, Maturus Finance

 

I. Einleitung

Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Verkehrswende, KI – es gibt derzeit viele Themen, die Mittelständler förmlich vor sich hertreiben. Doch auch wenn die Bereitschaft zur Anpassung von Prozessen und Geschäftsansätzen vorhanden ist, macht die wirtschaftliche Gesamtsituation vielen KMU die Umsetzung schwierig. Banken können ihren Kunden durch Kooperationen mit Anbietern objektbasierter Modelle beistehen, ohne ihr Risikomanagement zu gefährden.

 

II. KMU-Geschäftsmodelle: was passieren muss

1. Disruptionen gehen tiefer

Die Wirtschaft ist im Wandel; allenthalben wird von Transformation, Disruption und Wende gesprochen. Abwarten oder gar Ignorieren ist dabei für Mittelständler längst keine Option mehr. Wer sich der Veränderungen nicht annimmt, der wird über kurz oder lang am Markt wohl nicht mehr bestehen. Doch was heißt das genau für Unternehmen; wie können sie sich anpassen, wie müssen sie ihre Angebote, Prozesse und Strukturen für künftige Aufgaben wappnen? Und wie sollen sie ihre Finanzierung entsprechend strukturieren?

Es sind umfassende Fragen, auf die es keine einfachen Antworten gibt. Schon allein deshalb, weil neben dem Wandel derzeit noch eine angespannte gesamtwirtschaftliche Situation vorherrscht. Umso schwerer fällt es manchem Unternehmen, sich wirklich auf die Veränderungen einzulassen. Dabei bringen die großen Trends wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Mobilitätswende weitere langfristige Disruptionsvorgänge mit sich, die von Unternehmen erkannt und angegangen werden müssen. Das Beratungsunternehmen McKinsey hat in seiner Untersuchung The State of Organizations 2023 Report[1] eine Reihe dieser Trends benannt.

 

2. Von Resilienz bis KI
Dazu gehören beispielsweise die Resilienz und Geschwindigkeit der Unternehmen. Das heißt, wer seine Prozesse, Strukturen und Geschäftsansätze nicht nur einmalig, sondern regelmäßig überprüft und anpasst, der ist besser auf künftige Schocks vorbereitet. Ein weiterer dieser „Shifts“ ist das Thema künstliche Intelligenz (KI). Diese Technologie ist dazu in der Lage, die Produkte und Leistungen, aber auch die Prozesse sowie die Zusammenarbeit im Unternehmen grundlegend zu verändern. Das Thema KI hat zwar in letzter Zeit große Aufmerksamkeit erfahren und wird in vielen Unternehmen bereits sporadisch aufgegriffen. Langfristig wird dies aber für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit oder gar einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz nicht ausreichen. Laut McKinsey müsse die Technologie nachhaltig und strukturell im Unternehmen verankert werden. Dazu sollte vor allem auch das Personal in neuen Kompetenzen geschult werden, die dann beständig aufzufrischen und weiterzuentwickeln sind. Das zeigt, dass es hier nicht nur um maßgeschneiderte technische Lösungen für das jeweilige Unternehmen geht. Um KI tatsächlich effektiv zu nutzen, muss sich der Betrieb selbst und kontinuierlich wandeln. Beständige Veränderung erfordert jedoch auch einen permanenten Zufluss an Liquidität.

 

3. Digitalisierung und Nachhaltigkeit auf allen Ebenen

KI geht mit einem weiteren Zukunftstrend einher, den das Beratungshaus ausgemacht hat: Es benötigt generell einen massiven Ausbau der digitalen Fähigkeiten in den Unternehmen. Verständlich, denn wenn Geschäftspartner und Konsumenten zunehmend digitale Produkte, Prozesse und Services fordern, dann sollte auch das Verständnis dafür alle Ebenen eines Anbieters durchdringen. Hier muss in vielen, gerade auch produzierenden Betrieben, ein grundsätzlicher Wandel vom Analogen hin zum Digitalen erfolgen. Die reine Automatisierung ist dabei aber nur ein Aspekt – auch die Aufgabenfelder, das Know-how und die gesamte Unternehmenskultur müssen sich entsprechend verändern. Das wird für zahlreiche Unternehmen ein zeit- und kostenintensiver Prozess.

Die Digitalisierung ist dabei eine ähnlich tiefgreifende Veränderung wie die Frage der Nachhaltigkeit. So geht es beispielsweise in der Automobilindustrie und ihrer Zulieferbranche – als einem Bereich, der besonders von der Disruption erfasst wurde – nicht nur um den Wandel vom Verbrenner zum Elektroantrieb. Es geht auch um Produktionsformen mit mehr Kreislaufwirtschaft, neue Materialien, CO2-Einsparung und eine generelle Verkehrswende mit smarten Lösungen für das autonome Fahren und neuen Nutzungsformen wie Pay-per-Use. Das erfordert ein zunehmendes Erkennen von Angeboten und Leistungen, die mittel- bis langfristig gefragt sein werden. Entsprechend müssen Unternehmen ihre Abläufe und Kompetenzen aus- und nicht selten auch umbauen.

 

4. Unternehmen sollten effektiver werden

Einen Shift haben die Berater von McKinsey auch mit dem Thema Effizienz ausgemacht. Sie habe gerade durch die Volatilität des heutigen Marktes an Bedeutung gewonnen. Es gehe deshalb immer stärker darum, die vorhandenen Ressourcen da einzusetzen, wo sie benötigt werden. Auch diese Anforderung lässt sich auf alle Bereiche eines Unternehmens projizieren: vom Material- und Personaleinsatz über die Steuerprozesse bis hin zur strategischen Ausrichtung des Angebots. Der Report hat aber nicht nur Trends selbst identifiziert. Er hat sich auch damit beschäftigt, wie gut Unternehmen auf diese Herausforderungen vorbereitet sind. Und hier zeigt sich, dass erst rund die Hälfte der Firmen für zukünftige Schocks bereit ist. Bei den Anpassungsprozessen von Geschäftsmodellen geht es aber längst nicht nur um die Gefahrenabwehr. Vielmehr ergeben sich durch den Wandel für KMU auch zahlreiche Chancen. Wer sich den Aufgaben rechtzeitig stellt, kann sich künftig eine erfolgversprechende Marktposition sichern. Doch ergreifen KMU diese Gelegenheit bereits umfassend?

 

III. KMU-Geschäftsmodelle: was bereits passiert

1. Wie es um die Transformation im Mittelstand steht

Studien zeigen, dass viele Unternehmen mit ihren Geschäftsmodellen und Prozessen noch nicht ausreichend zukunftsfähig aufgestellt sind. Laut einer Umfrage[2] der Deutschen Industrie- und Handelskammer etwa, geben sich die befragten Betriebe für ihren derzeitigen Digitalisierungsgrad im Durchschnitt lediglich die Schulnote „befriedigend“. Neuentwicklungen bei Geschäftsansätzen, Produkten und Leistungen sind nur noch für 26 % der Unternehmen ein Treiber ihrer Digitalisierungsbemühungen. Das ist ein Rückgang um fünf Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. Ebenso rückläufig ist der Einsatz digitaler Technologien in der strategischen Unternehmensentwicklung. Sie ist nur noch für 32 % der Umfrageteilnehmer Grund für entsprechende Maßnahmen. Hoch im Kurs stehen bei den Unternehmen hingegen Technologien, die bestehende Prozesse flexibler machen und bei Einsparungen helfen. Hier setzen 75 beziehungsweise 43 % auf digitale Lösungen.

Die Untersuchung zeigt damit, wie die momentane Lage die Prioritäten der Unternehmen verschiebt: von Weiterentwicklung und Innovationen hin zur kurzfristigen Krisenabwehr und Einsparmaßnahmen. Erhellend ist auch der Blick auf die Hauptgründe der Unternehmen. So werden als größte Stolpersteine für das Voranschreiten der Digitalisierung zu 37 % zu geringe zeitliche Kapazitäten und zu 34 % fehlende finanzielle Mittel genannt. Das Vorgehen der Unternehmen ist angesichts der momentanen wirtschaftlichen Lage durchaus nachvollziehbar. Dennoch wird es mit einem künftigen Risiko erkauft.

 

2. Kann Nachhaltigkeit warten?

Ähnlich sieht es bei der nachhaltigen Transformation aus. Dies legt eine Forsa-Studie[3] für das Beratungsunternehmen FTI-Andersch und die Leuphana Universität Lüneburg nahe. Hiernach haben erst 40 % der KMU das Thema Nachhaltigkeit als Ziel in der Unternehmensführung integriert. Bei der Klimaneutralität sind dies lediglich 28 % – dabei möchte Deutschland bis 2045 klimaneutral sein. Die Hälfte der für die Erhebung Befragten gibt zudem an, dass es auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit an internem Know-how fehle. Zudem hinkt der Mittelstand bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung hinterher. Bisher geben rund 60 % der Unternehmen keine Auskunft über die vorliegenden Risiken und angestrengten Bemühungen. Der regulatorische Druck wird hier künftig aber auch für den Mittelstand zunehmen. Denn ab 2026 sind auch kapitalmarktorientierte KMU ab zehn Mitarbeitern zu entsprechenden Reportings verpflichtet. Wobei das nur die unmittelbaren Effekte der Regulierung sind – und damit nur die Spitze des Eisberges. Immer mehr KMU, die mit Konzernen und großen Unternehmen zusammenarbeiten, werden von diesen Kunden aufgefordert, von ihren nachhaltigen Bemühungen zu berichten. Denn: Im Rahmen ihrer eigenen Reportings müssen Großunternehmen auch das Bestreben der Partner darstellen.

Ähnliche Sekundäreffekte ergeben sich beim Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Formal müssen demnach bisher nur Unternehmen mit mindestens 3.000 Mitarbeitern gegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltschädigungen entlang ihrer Lieferkette vorgehen – ab 2024 dann Firmen ab 1.000 Mitarbeitern. Im Rahmen ihrer Geschäftspartnerschaft mit kleinen und mittleren Unternehmen können diese Kunden aber auch entsprechende Informationen oder Anpassungen von den KMU verlangen. Neujustierungen in der mittelständischen Lieferantenstruktur erzeugen allerdings Zeit- und Kostenaufwand, der in der aktuell bewegten Lage zu vielen weiteren Herausforderungen hinzukommen würde.

 

3. Was die Weiterentwicklung der Geschäftsansätze erschwert

Derzeit existieren zahlreiche Risiken, die mittelständische Unternehmen zur Vorsicht und Absicherung statt zur Weiterentwicklung veranlassen. So trübt sich die Konjunktur in diesem Jahr merklich ein: Laut der Herbstprognose[4] des Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) schrumpft das Bruttoinlandsprodukt im Vergleich zu 2022 um 0,5 % und damit stärker als bisher angenommen. Gründe sehen die Wirtschaftswissenschaftler vor allem in der schwachen Industriekonjunktur, der Krise der Bauwirtschaft und den sinkenden Konsumausgaben. Zugleich hat sich die Inflation auf einem hohen Niveau von sechs Prozent verfestigt. Das Auslandsgeschäft dürfte in diesem Jahr um 1,3 % nachgeben, was die Exportnation Deutschland und Branchen wie den Maschinenbau deutlich treffen dürfte. Zudem rechnen sich manche energieintensiven Geschäftsmodelle nicht mehr und werden dies laut Ansicht des IfW auch in Zukunft nicht mehr tun.

Die vielleicht größte Hürde für die mittelständische Wirtschaft ist der Fachkräftemangel. Dies bestätigt das aktuelle Zukunftspanel[5] des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn. Hier gaben die Befragten die Situation am Arbeitskräftemarkt zum dritten Mal in Folge als Top-Herausforderung an. Was den Mittelstand ebenfalls belastet, ist die fortgesetzte Unsicherheit aufgrund der internationalen Konflikte sowie zunehmende Regulierung und Bürokratie. Hinzu kommen Herausforderungen für die Liquidität, die nicht selten noch eine Altlast aus der Corona-Pandemie sind: Bei vielen KMU sind die Eigenkapitalreserven nach wie vor geschwächt und konnten sich aufgrund der fortwährenden Krisen oft nicht signifikant erholen. Dazu gesellen sich Rückzahlungsverpflichtungen, die sich aus beanspruchten Corona-Hilfskrediten ergeben.

 

4. Weniger Investitionen und Innovationen, mehr Krisen

All dies drückt auf die Investitionsstimmung. So warnte ein Experte des Kiel Institut für Weltwirtschaft im Handelsblatt[6] kürzlich, dass die Investitionen in Deutschland bis Ende 2024 verglichen mit dem vierten Quartal 2019 nur um etwas mehr als zwei Prozent steigen könnten. Hier drohe Deutschland zum Schlusslicht zu werden. In Großbritannien beispielsweise sollen die Neuausgaben der Unternehmen im gleichen Zeitraum um über sieben Prozent wachsen. Zuvor hatten bereits andere Erhebungen wie eine Studie von Capgemini[7] Eintrübungen bei den Investitionen gezeigt. So gaben hier mehr als ein Drittel der Befragten an, wichtige Investitionen bei der Qualifizierung und Weiterbildung zu reduzieren. In Sachen ökologische Nachhaltigkeit erklärten sogar über die Hälfte der Befragten, die Ausgaben bereits verringert zu haben.

Besonders kritisch ist die Situation auch am Wohnungsbaumarkt. Hier gehen die Investitionen drastisch zurück, wie eine Erhebung[8] des ifo-Instituts zeigt. Viele Projekte seien aufgrund der rasant gestiegenen Kosten nicht mehr darstellbar. Mehr als 44 % der befragten Baufirmen beklagten einen Auftragsmangel; fast zwölf Prozent der Betriebe berichten von Finanzierungsschwierigkeiten. Das sei der höchste Wert seit über 30 Jahren.

Die Zurückhaltung von Investoren angesichts der volatilen Zeit trifft im Speziellen auch Start-ups. So zeigt der Deutsche Start-up-Monitor 2023[9], dass fast 46 % der Gründer die derzeitige Investmentbereitschaft der gewohnten Risikokapitalgeldgeber als schlecht einschätzen. Mehr als 65 % der Start-ups fällt es entsprechend schwer, eine Prognose für die Zukunft abzugeben; das Geschäftsklima fällt auf den zweittiefsten Stand seit der Corona-Pandemie.

Eine solch angespannte Lage über alle Branchen, Unternehmensgrößen und -phasen hinweg schlägt sich auch in einer hohen Zahl an Krisenfällen nieder: Der Insolvenztrend[10] des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) zeigt für den August 2023 40 % mehr Fälle als im Vorjahresmonat. Damit lag die Insolvenzzahl acht Prozent über dem durchschnittlichen Wert des Monats in den Jahren 2016 bis 2019. Die meisten von den Insolvenzen betroffenen Arbeitsplätze entfielen dabei auf die Bereiche Industrie, Handel und unternehmensnahe Dienstleistungen. Die Entwicklung der Frühindikatoren mache laut IWH zudem einen Anstieg der Insolvenzen im vierten Quartal des Jahres wahrscheinlich. Ein Signal, das nicht nur Mittelständler, sondern auch ihre Bankpartner weiter vorsichtig agieren lassen dürfte.

 

IV. Banken zwischen Hilfsbereitschaft und Risikovermeidung

1. Kreditgeber müssen mehr und mehr Vorsicht walten lassen

Dass KMU dringend Kapital für den Wandel ihrer Strukturen und Geschäftsmodelle benötigen, ist auch den Bankenpartnern bewusst. Nichtsdestotrotz ist die Unterstützung von Mittelständlern, gerade wenn es um Zukunftsinvestitionen geht, für die Finanzierer zur komplexen Herausforderung geworden. Die gezwungenermaßen strengere Vergabepolitik wird auch in der aktuellen KfW-ifo-Kredithürde[11] deutlich. Hiernach berichteten fast 26 % der Mittelständler von einem restriktiven Verhalten ihrer Bank in den Kreditverhandlungen. Bankhäuser müssen angesichts der unsicheren Zeit, der Volatilität und der schwächelnden Konjunktur ihr Risikomanagement verschärfen. Die strikten Basel-Regulierungen mit ihren Eigenkapitalvorgaben bei Risikopositionen und der strikten Obergrenze bei der Neuverschuldung erhöhen den Druck dabei zusätzlich.

Da ist es verständlich, dass sich die Häuser vor allem in riskanten Bereichen wie energieintensiven Industrien, dem Maschinenbau, der Automobil- und Zulieferbranche oder der Immobilien- sowie Baubranche restriktiver verhalten müssen. Auch die zuletzt sukzessive Verschärfung der Vergaberichtlinien und Kreditkonditionen sowie der Anstieg der Kreditablehnungsquote, die der Bank Lending Survey des Eurosystems[12] gezeigt hatte, sind nachvollziehbar. Dennoch ist eine Ablehnung stets eine Entscheidung mit Tragweite. Schließlich geht es oft um teils jahrzehntelange Geschäftsbeziehungen zu den mittelständischen Kunden.

Zudem hängt aktuell insbesondere die Zukunftsfähigkeit vieler KMU von der externen Finanzierung entsprechender Modernisierungsmaßnahmen und Neuausrichtungen ab. Prekär an dieser Situation ist, dass sich laut Bank Lending Survey auch klimabedingte Risiken und Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels zunehmend restriktiv auf die Entscheidungen von Bankhäusern ausweiten. So seien hier weitere Straffungen in der Angebotspolitik geplant. Bekommen Unternehmen jedoch heute keine Finanzierung, um entsprechende nachhaltige Veränderungen vorzunehmen, wird es ihnen künftig kaum gelingen, die Anforderungen zu erfüllen. Hier kann sich ein Teufelskreis entwickeln, der KMU von vornherein von der Möglichkeit zur Weiterentwicklung abkoppelt und sie damit abhängt.

Doch Banken haben trotz der aktuell angespannten Lage Handlungsoptionen. Die Kooperation mit Partnern aus der alternativen Finanzierung etwa, speziell mit Anbietern objektbasierter Modelle, stellt eine solche Möglichkeit dar.

 

2. Kooperationen wirken nachhaltig

Sind die Risiken einer geplanten Zukunftsinvestition schwer abzuschätzen oder steht die Branche eines Unternehmenskunden derzeit unter Anspannung, muss eine Anfrage nicht von vornherein abgelehnt werden. Stattdessen kann das Kreditinstitut den Mittelständler an einen Partner der assetbasierten Finanzierung vermitteln. Bei dessen objektbasierten Lösungen liegt der Fokus nicht auf Bonität und den potenziellen Risiken eines Engagements, sondern auf den Assets; dem werthaltigen Anlage- und Umlaufvermögen eines Unternehmens.

Dadurch können objektbasierte Finanzierungen vor dem aktuellen Hintergrund flexible und rasche Unterstützungsangebote bieten, damit sich Banken auf mittel- bis langfristige Lösungen für ihre Kunden konzentrieren können. Ergreift ein Kredithaus solche Kooperationsmöglichkeiten, nutzt es den Wandel im Finanzierungssektor pragmatisch zu seinen Gunsten. Zugleich unterstützt es den Kunden bei seinem Anpassungsvorhaben. Denn ein Betrieb erhält durch eine assetbasierte Finanzierung die nötigen Mittel, um seine Weiterentwicklung auch unter weniger optimalen Bedingungen voranzubringen. Die Bank betreut ihren Kunden dabei wie gewohnt weiter.

Durch die Zusammenarbeit mit einem alternativen Finanzierer erweitert ein Kreditinstitut den eigenen Werkzeugkoffer und kann seinen Kunden auch in speziellen Situationen Unterstützung zukommen lassen. Das stärkt einerseits sein Standing als Lösungsanbieter. Andererseits lassen sich durch die Vermittlung an den alternativen Partner auch potenzielle Provisionen und damit eine zusätzliche Einnahmequelle sichern, die nicht die eigene Bilanz belastet. Bei der Neujustierung von Geschäftsmodellen in diesen rauen Zeiten bieten etwa objektbasierte Modelle wie Sale & Lease Back und Asset Based Credit einen Hebel.

 

V. Unterstützung durch das objektbasierte Sale & Lease Back

1. Liquidität aus Gebrauchtmaschinen gewinnen

Produzenten und Verarbeiter unterschiedlicher Branchen können mithilfe von Sale & Lease Back (SLB) Liquidität durch reine Innenfinanzierung generieren. Dazu verkaufen sie werthaltiges Anlagevermögen wie Maschinen-, Anlagen- oder Fuhrparks an einen Finanzierungspartner und leasen die Assets direkt wieder zurück. Dadurch stehen frische Mittel bereit und helfen den Firmen, notwendige Modernisierungen und Anpassungen zeitnah anzugehen. Da die vom Betrieb benötigten Assets umgehend zurückgemietet werden und ihren Einsatzort nicht verlassen müssen, wird das operative Tagesgeschäft durch SLB in keiner Weise beeinflusst.

Das Finanzierungsmodell ist für Unternehmen mit Umsätzen zwischen fünf und 250 Mio. € im Jahr geeignet. Das Finanzierungsvolumen liegt in der Regel zwischen 400.000 und 15 Mio. € – in einzelnen Fällen kann es auch höher sein. Das Freimachen von Liquidität über Sale & Lease Back ist für Betriebe vor allem auch unter wirtschaftlich anspruchsvollen Rahmenbedingungen wie derzeit ein wirkungsvoller Hebel.

 

2. Mittel trotz vielfacher Herausforderungen freimachen

Da Veränderungen und Unsicherheiten momentan an der Tagesordnung sind, müssen Unternehmen, die ihren Wandel angehen wollen, zügig und entschlossen agieren. Und sie haben flexibel zu sein. Das bedeutet, selbst wenn einerseits auf die konstant hohe Inflation oder beispielsweise Flauten bei Aufträgen reagiert werden muss, sollten dennoch Kapazitäten für die Anpassung des Geschäftsmodells freigemacht werden können. Für einen probaten Finanzierungsansatz heißt dies: Eine Aussage bezüglich der benötigten Mittel muss sehr zügig vorliegen. Genau hier kann Sale & Lease Back zum Tragen kommen. Da das objektbasierte Modell einen kurzen Finanzierungsprozess aufweist, ist es ein passender Ansatz für die komplexe, volatile Zeit. In der Regel dauert es von der ersten Anfrage bis zur finalen Auszahlung des Kaufpreises drei bis sechs Wochen. Hinzu kommt, dass das Modell durch den Objektbezug weitestgehend bonitätsunabhängig ist.

Aufgrund dieser beiden Eigenschaften ist die Finanzierung auch dann einsetzbar, wenn die Anpassungen im Betrieb tiefer gehen als eine reine Modernisierung oder eine Nachjustierung bei Angebot oder Prozessen. SLB greift beispielsweise auch im Rahmen einer Restrukturierung, Sanierung oder eines Insolvenzverfahrens.

 

3. Unterstützende Effekte für Partner

Sale & Lease Back als Partneransatz ermöglicht es der Bank nicht nur, Unternehmen in ihren Erneuerungsbemühungen zu unterstützen. Es verbessert oft auch die Aussichten für ein direktes eigenes Engagement. Denn: Als reine Innenfinanzierung erhöht SLB die Eigenkapitalquote von KMU, was meist auch die Bonität im internen Rating aufwertet. So kann SLB die Voraussetzung für zusätzliche Darlehen sein und Bank und Firmenkunde wieder näher ins Gespräch miteinander bringen. Zudem ergibt sich durch die objektbasierte Finanzierung oft ein außerordentlicher Ertrag, der das wirtschaftliche Eigenkapital zusätzlich stärkt: Nämlich dann, wenn die jeweiligen Maschinen oder Anlagen in der Unternehmensbilanz bereits größtenteils abgeschrieben sind. Für den Bankkunden ergibt sich im Rahmen von SLB eine gute Planbarkeit der Finanzierungskosten. Die Leasingraten sind dabei teils als Betriebsausgaben steuerlich absetzbar

 

4. Voraussetzung: geeignete Maschinen 

Wie gesehen, spielt die Bonität bei Sale & Lease Back nur eine untergeordnete Rolle. Für den Finanzierungspartner sind stattdessen die Vermögensgegenstände eines KMU zentral. Die jeweiligen Assets müssen werthaltig und sekundärmarktfähig sein. Gebrauchte Maschinen, Anlagen oder Fahrzeuge müssen im Zweifel erfolgreich auf dem Sekundärmarkt veräußert werden können. Daneben müssen die Assets vor allem zahlreich und fungibel sein. Entsprechend sollte ein ganzer Maschinen- oder Fuhrpark vorliegen, der aus marktgängigen und einzeln austauschbaren Objekten besteht. Sonder- und Einzelanfertigungen sowie Prototypen sind für den Finanzierungsansatz nicht geeignet. Zudem müssen auch größere Anlagen transportfähig sein: Maschinen scheiden ebenfalls aus, wenn sie nur vor Ort betrieben werden können.

Um eine erste Tauglichkeits- und Wertermittlung sowie ein indikatives Angebot anzufertigen, benötigt der Finanzierungspartner in der Regel eine Schreibtischbewertung der jeweiligen Maschinen oder den Leasing- und Anlagenspiegel des Unternehmens. Bei einer späteren Besichtigung vor Ort wird dann ein unabhängiges Zeitwertgutachten erstellt. 

 

VI. Der kooperative Ansatz Asset Based Credit

1. KMU zu umfassenden Besicherungsoptionen verhelfen

Asset Based Credit ist eine Lösung für KMU zahlreicher Branchen und Unternehmensphasen – vom Industriebetrieb über den Händler bis zum Dienstleister; vom etablierten Mittelständler bis hin zum Start-up. Der Hintergrund des Kooperationsansatzes: Für Banken ist es in der Regel schwierig, mobiles Anlage- oder gar Umlaufvermögen zu besichern. Kann ein assetreicher Kunde mit seinem Transformationsprojekt im Rahmen des eigenen Angebots nicht bedient werden, besteht für die Bank auch hier die Möglichkeit, sich an einen Partner der objektbasierten Finanzierung zu wenden. Denn zum Modell Asset Based Credit verschaffen sowohl mobiles Anlagevermögen als auch Güter aus dem Umlaufvermögen Zugang. Hier können Firmenkunden Maschinen und Anlagen, ihr Fertig- und Handelswarenlager sowie Sachwerte oder Immobilien als Kreditsicherheiten einsetzen. Die beleihbaren Summen der kurz- bis mittelfristigen Spezialkredite liegen zwischen 250.000 und fünf Mio. €.

 

2. Finanzierung in allen Unternehmenslagen

Unabhängig von der Unternehmensphase oder der jeweiligen Situation kann eine Firma mit den entsprechenden Vermögensobjekten auf Asset Based Credit verwiesen werden. Bereits Start-ups und junge Wachstumsunternehmen mit einem Ankerinvestor können sich so noch vor Erreichen der Gewinnschwelle erstes Fremdkapital sichern. Gerade diese Unternehmen sind mit ihren neuen Lösungsansätzen für den derzeitigen Wandel wichtig. Oft arbeiten sie auch mit etablierten Mittelständlern zusammen und helfen ihnen, neue Produkte, Lösungen und Prozesse zu entwickeln – egal, ob im Rahmen der Energie- oder Verkehrswende, dem Wandel hin zur Green Economy oder in Sachen Digitalisierung. Doch solche Projekte kosten Geld und Start-ups finden aufgrund ihrer herausfordernden Risikostruktur schwerlich Zugang zu Fremdkapital von Banken. Durch eine Kooperation im Rahmen von Asset Based Credit können die Geldhäuser junge Innovatoren jedoch vermitteln. Dadurch sichern sie sich oft nicht nur eine aussichtsreiche künftige Zusammenarbeit mit dem potenziellen Kunden, sondern unterstützen auch den derzeitigen Transformationsprozess und damit den Bestand der hiesigen Wirtschaft.

Selbst Unternehmen, die sich umfassend restrukturieren und neu aufstellen müssen, um mit dem Wandel schritthalten zu können, werden durch Asset Based Credit unterstützt. In diesen Fällen sind der Bank ebenfalls oft die Hände gebunden. Objektbasierte Kredite hingegen sind dafür prädestiniert, die Handlungsfähigkeit und Weiterentwicklung von Firmenkunden auch in Sondersituationen zu unterstützen – bis hin zur umfassenden Sanierung oder einem Massekredit in der Insolvenz. Liegen die erforderlichen Vermögenswerte vor, bietet Asset Based Credit eine rasche Lösung und Perspektive auch in wirtschaftlich angespannter Lage. Das lässt dem vermittelnden Bankpartner Zeit, um an einer langfristigen Lösung für seinen Kunden zu arbeiten.

 

3. Neue Geschäftsansätze und Resilienzsteigerung

Asset Based Credit kann zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, für die Integration neuer Technologien oder im Rahmen von Maßnahmen zur Mitarbeiterweiterbildung, -bindung oder -gewinnung eingesetzt werden. Damit erschöpfen sich die Möglichkeiten des assetbasierten Modells aber nicht. Gerade die Kompatibilität mit anspruchsvollen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eröffnet unterschiedliche Einsatzgebiete. Es kann zur Überbrückung von Umsatzflauten, zur Abfederung höherer Einkaufskosten oder zur Abmilderung der derzeitigen Krisen eingesetzt werden. Auch lässt sich damit beispielsweise eine Lagererweiterung oder die Umstellung der Lieferantenstruktur anstoßen. Auftragsvorfinanzierungen nach einer Schwächephase oder internen Krise oder die Ablösung anderer Finanzierungen sind mithilfe des Ansatzes ebenso möglich. Asset Based Credit kann zudem zur Auszahlung von Alt-Gesellschaftern oder als Baustein in einer Unternehmenstransaktion eingesetzt werden.

 

4. Die Assets – auch hier zentral

Die Bonität eines mittelständischen Unternehmens spielt bei einem Asset Based Credit nur eine erwartbar kleine Rolle. Damit ein Bankkunde hier erfolgreich vermittelt werden kann, müssen stattdessen die Vermögensgegenstände des Betriebs zentrale Kriterien erfüllen. Das Umlaufvermögen etwa darf nicht aus unfertigen Produkten oder verderblichen Waren bestehen. Vielmehr werden werthaltige und sekundärmarktfähige Erzeugnisse und Rohstoffe benötigt. Besicherbares Anlagevermögen muss daneben – ähnlich wie bei Sale & Lease Back – wertbeständig, mobil und fungibel sein. Die Tauglichkeit der Assets wird vom Kooperationspartner geprüft. Dabei checkt er den aktuellen Warenbestand und betrachtet den Warenumschlag der letzten Monate. Bei mobilem Anlagevermögen sowie Immobilien sind in der Regel Sachverständigengutachten zum Zeit- beziehungsweise Verkehrswert erforderlich.

 

PRAXISTIPPS

  • Mittelständler müssen zunehmend ihre Geschäftsmodelle anpassen – doch Kreditgeber sollten angesichts aktueller wirtschaftlicher Risiken vorsichtig agieren.
  • Stellt ein Erneuerungsprojekt eines Kunden oder seine Branche ein Risiko dar, können sich Banken an objektbasierte Partner wenden.
  • Die Kundenbeziehung bleibt im Rahmen assetbasierter Partnerschaften erhalten und zusätzliche Einnahmequellen sowie Synergien können entstehen.
  • Mittelständler mit Maschinen-, Anlage- oder Fuhrpark können auf Sale & Lease Back verwiesen werden.
  • Für KMU mit reichhaltigem Anlage- und/oder Umlaufvermögen eignet sich ein Asset Based Credit.

 

[1] https://www.mckinsey.de/news/presse/2023-04-28-state-of-organizations

[2] https://www.dihk.de/de/themen-und-positionen/wirtschaft-digital/digitalisierung/digitalisierungsumfrage-2023/digitalisierung-tritt-auf-der-stelle--91536

[3] https://www.fti-andersch.com/de/insights/climate-governance/

[4] https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/aktuelles/herbstprognose-ifw-kiel/

[5] https://www.ifm-bonn.org/presse/pressemitteilungen/meldung/groesste-herausforderungen-fuer-den-mittelstand-sicherung-von-fachkraeften-und-der-eigenen-wettbewerbsfaehigkeit

[6] https://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur/standort-debatte-kaum-neue-investitionen-deutschland-gefaehrdet-seine-wirtschaftliche-substanz/29244846.html

[7] https://www.capgemini.com/de-de/news/pressemitteilung/studie-investitionen-unternehmen-2023-lieferketten-technologie/

[8] https://www.ifo.de/pressemitteilung/2023-09-12/stornierungswelle-im-wohnungsbau-markiert-neuen-hoechststand

[9] https://startupverband.de/fileadmin/startupverband/mediaarchiv/research/dsm/dsm_2023.pdf

[10] https://www.iwh-halle.de/presse/pressemitteilungen/detail/iwh-insolvenztrend-etwas-weniger-firmenpleiten-im-august-im-naechsten-quartal-wohl-deutlich-mehr/

[11] https://www.kfw.de/%C3%9Cber-die-KfW/Newsroom/Aktuelles/Pressemitteilungen-Details_775296.html

[12] https://www.bundesbank.de/de/presse/pressenotizen/juli-ergebnisse-der-umfrage-zum-kreditgeschaeft-bank-lending-survey-in-deutschland-908776


Beitragsnummer: 22001

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