Dienstag, 31. Oktober 2023

Heilberufe: Herausforderungen im Bereich der Praxisnachfolge/-übergabe

Die erfolgreiche Begleitung einer Nachfolgeregelung bzw. Praxisübergabe hängt von vielen Faktoren ab. Zudem ist insbesondere hier spezielles Knowhow erforderlich.

Thorsten C. Werner, Bankbetriebswirt (BA), Stv. Direktor Unternehmenskunden | Heilberufe Hamburger Sparkasse AG und seit 27 Jahren in der Beratung selbstständiger Heilberufler tätig – davon mehr als 19 Jahren in Führungspositionen.
Begleitung von mehr als 2.000 Existenzgründungen als Berater, Kompetenzträger oder Coach von Mitarbeitenden bei deren Engagements. Referent zu verschiedenen Themen bei Banken, Standesorganisationen, Akademien und Netzwerkpartnern.

 

Die demografische Entwicklung stellt die zukünftige medizinische Versorgung vor besondere Herausforderungen. Aufgrund der höheren Nachfrage nach Gesundheitsleistungen mit steigendem Alter wird insgesamt von einem steigenden medizinischen Versorgungsbedarf ausgegangen.

Demgegenüber steht ein voraussichtlich sinkendes arztseitiges Angebot. Die Gründe dafür sind vielfältig. Unter anderem werden die geburtenstarken Jahrgänge der Niedergelassenen in den kommenden Jahren in Rente gehen.

Nicht jeder abgabebereite Praxisinhaber wird einen Nachfolger finden. Insbesondere in ländlichen Gebieten mit schwacher Infrastruktur. Inzwischen trifft dies aber auch schon auf weniger attraktive Lagen größerer Städte zu, wenn es sich um wirtschaftlich weniger interessante Praxen handelt. Das gilt nicht nur für Fachärzte.

Da es im Bereich der Zahnmedizin keine Zulassungsbeschränkungen gibt, werden umsatz- und ertragsschwächere Praxen eher nicht übernommen, sondern es erfolgen Neugründungen durch die jungen Zahnärzte an benachbarten Standorten.

Der Trend zur Anstellung und Teilzeitmodelle sind ebenfalls unverändert gegeben. Das heißt, selbst bei einer steigenden Anzahl von Vertragsärzten könnte das tatsächliche Versorgungsangebot in Zukunft sinken.

In den meisten Fällen ist vor allem eine wirtschaftlich attraktive Praxis für übernehmende Ärzte und Zahnärzte interessant. Gleiches gilt auch für die Abgebenden, die ein hohes Interesse an einem angemessenen Kaufpreis haben.

Sowohl für die abgebenden als auch für die übernehmenden Ärzte und Zahnärzte ist es meist von Interesse, dass der grundsätzliche Behandlungsstil sowie mindestens das vergleichbare Leistungsspektrum und damit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Praxis erhalten bleibt. Eine Ausweitung der Leistungen und somit eine Verbesserung der Versorgung sind im gleichen Zuge natürlich immer wünschenswert, sofern das Potential zur Umsetzung bei den Patienten und künftigen Patienten vorhanden ist. 

In den vergangenen Jahren ist die Praxisabgabe und somit auch die Übernahme – insbesondere im fachärztlichen Bereich – immer anspruchsvoller geworden. In ländlichen Regionen haben abgebende Ärzte – wie bereits ausgeführt – teils erhebliche Schwierigkeiten, geeignete Nachfolger zu finden. Liegt die Praxis hingegen in einer Metropole oder größerem Ballungsgebiet, ist bei einer rechnerischen Überversorgung zunächst das Nachbesetzungsverfahren zu überstehen, bevor es um die Erteilung einer Zulassung für einen Übernehmer geht.

In beiden Situationen sollte langfristig ein Nachfolger gesucht werden bzw. sollten rechtzeitig vor der Praxisübergabe Maßnahmen zur Sicherung des Praxiswertes durch Übernahmemodelle ergriffen werden.

In diesem Umfeld ist eine Begleitung von Inhabern bei der Nachfolgeplanung und Umsetzung genauso wichtig, wie die Unterstützung und Beratung der Gründer.

Neben Fachanwälten für Medizinrecht und auf Heilberufe spezialisierte Steuerberater sind auch auf die akademischen Heilberufe spezialisierte Berater von Kreditinstituten hierbei gefordert.

Eine „Beratung von der Stange“ ist genauso unangemessen, wie die ausschließliche Fokussierung auf den Teil der Finanzierung oder Kapitalanlage.

Ein enger Austausch der handelnden Personen zu rechtlichen, steuerlichen und wirtschaftlichen Themen ist sowohl für Abgebende als auch Gründende von besonderer Bedeutung für das Gelingen des jeweiligen Projektes.

Gerade auf Heilberufe spezialisierte Berater von Banken, bei denen vielfach – spätestens in Form eines Businessplans – viele Themen zusammenlaufen, sollten auch in steuerlichen und zulassungsrechtlichen Vorgängen zumindest über ein Basisverständnis verfügen. Eine Einschätzung u. a. zum aufgerufenen Kaufpreis, der Marketingstrategie oder auch zu den Vertragsmodalitäten ist nicht nur in Gesprächen mit den Kundinnen und Kunden von Bedeutung, sondern auch in der Einschätzung einer möglichen Finanzierung.

 

PRAXISTIPPS

  • Die Begleitung von Gründungs- und Übergabeprojekten sollte durch dafür ausgebildete Mitarbeitende erfolgen.
  • Einbindung und enge Zusammenarbeit mit Fachanwälten für Medizinrecht und Steuerberatern ist für das Kreditinstitut dabei unerlässlich.
  • Jedes Projekt ist anders und sollte individuell aus verschiedenen Blickwinkeln bewertet werden.

Beitragsnummer: 22344

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