Dr. Sebastian Mielke, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht, Menold Bezler Rechtsanwälte Steuerberater Wirtschaftsprüfer Partnerschaft mbB
Marie-Louise Hölz, Rechtsreferendarin am OLG Stuttgart
Als Kreditsicherungsmittel für Banken und Finanzierer sind in der Praxis neben Grundschuldbestellungen bislang vor allem die Sicherungszession in Form der Globalzession und die Sicherungsübereignung von Bedeutung. Im Falle der Insolvenz des Sicherungsgebers ist der Insolvenzverwalter berechtigt, die sicherungsübereigneten beweglichen Sachen sowie die zur Sicherheit abgetretenen Forderungen zu verwerten.
Bislang nicht im Fokus der Sicherungsgläubiger standen sonstige Rechte (z. B. Markenrechte und andere gewerbliche Schutzrechte, Geschäftsanteile): Der BGH hat nun entschieden (27.10.2022 – IX ZR 145/21), dass sonstige Rechte von dem Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters nicht erfasst werden und hat anderslautenden Stimmen in der juristischen Literatur eine Absage erteilt. Es steht somit fest, dass § 166 InsO das Verwertungsrecht des Verwalters abschließend und ausschließlich nur für bewegliche Gegenstände und Forderungen regelt. Die Verwertungsbefugnis des Insolvenzverwalters wird dadurch merklich eingeschränkt. Sicherungsnehmer dagegen können die an sie zur Sicherheit übertragenen sonstigen Rechte, bspw. Markenrechte oder Domains, ohne Mitwirkung des Insolvenzverwalters selbst verwerten. Während sich die Verwertung von Warenlagern mitunter schwierig gestalten kann und mit erheblichen Abschlägen bei der Bewertung zu rechnen ist, können Schutzrechte und Know-how auch in der Insolvenz wertbeständiger und einfacher zu verwerten sein. Zudem ist keine Verwertungskostenpauschale an die Insolvenzmasse abzuführen.
Darüber hinaus können bereits im Eröffnungsverfahren für sonstige Rechte keine gerichtlichen Verwertungs- und Einziehungsverbote mehr erlassen werden. Der Insolvenzverwalter kann daher die Weiternutzung von übertragenen sonstigen Rechten nicht mehr gerichtlich gegen den Willen des Sicherungsgläubigers erwirken. Gegen contra legem erlassene Entscheidungen eines Gerichts haben die Gläubiger allerdings nur die Möglichkeit einer Gegenvorstellung; andere Rechtsschutzmöglichkeiten sieht das Gesetz nicht vor. Im Falle einer Insolvenz des Sicherungsgebers können Sicherungsnehmer präventiv durch Einreichung einer Schutzschrift verhindern, dass ihre Verwertungsrechte durch die Anordnung vorläufiger Sicherungsmaßnahmen beschnitten werden.
Die Entscheidung des BGH ist für Insolvenzverwalter und Gläubiger von hoher praktischer Relevanz. Durch die Vorteile gegenüber den klassischen Sicherungsmitteln können sonstige Rechte als Sicherheit an Bedeutung gewinnen und für Banken und Finanzierer mehr in den Fokus rücken.
PRAXISTIPPS
- Prüfen Sie, inwieweit die Abtretung von sonstigen Rechten aufgrund der nun vorliegenden Rechtsprechung für Sie grundsätzlich (wieder) strategisch sinnvoll sein könnte.
- Nutzen Sie im Streitfall die Möglichkeiten, die Ihnen das o. g. Urteil bietet – auch unter Beiziehung von Experten.
Beitragsnummer: 22545