Montag, 22. April 2024

Eigenkapitaloptimierung in der Steuerung einer Sparkasse

Dr. Gregor Broschinski, stellv. Vorstandsvorsitzender, Sparkasse Düren

Dr. Gennadij Seel, Direktor Gesamtbanksteuerung & Spezialfinanzierungen sowie CRO gem. MaRisk, Sparkasse Düren. Lehrbeauftragter an der FOM Hochschule für Oekonomie und Management; Research Fellows am isf – institute for strategic finance.

Einleitende Worte

Die Kreditwirtschaft steht vor der Herausforderung, in Zeiten weiter ansteigender Eigenmittelanforderungen jene begrenzt verfügbare Ressource möglichst effizient einzusetzen. Sparkassen befinden sich dabei in einer besonders herausfordernden Situation. Ihre Portfoliosteuerungskonzeption muss nicht nur den ökonomischen Effizienzzwängen, sondern auch ihrem Universalbankauftrag gerecht werden und zugleich eine angemessene Risikodiversifikation sicherstellen. Eine einseitige, rein eigenkapitalorientierte Steuerung ist daher nicht zielführend. Es bedarf einer Eigenmitteloptimierung, die die besonderen Bedarfe der Sparkassen angemessen berücksichtigt.

 

Die Eigenmittelanforderungen steigen weiter an

Die Kreditwirtschaft sieht sich mit immer höheren Eigenmittelanforderungen konfrontiert. Erst im zurückliegenden Jahr hob die BaFin ihre Mindestanforderungen deutlich an. So wurde der antizyklische Kapitalpuffer von 0 % auf 0,75 % erhöht und ein systemischer Risikopuffer für Positionen, bei denen inländische Grundpfandrechte auf Wohnimmobilien anrechnungsmindernd berücksichtigt werden, in Höhe von 2 % angeordnet (vgl. BaFin 2022a; 2022b).

Der Druck auf die Kapitalquoten der Kreditinstitute baute sich dabei bereits in der zurückliegenden Niedrig- bzw. Negativzinsphase deutlich auf. Als Reaktion auf rückgängige Zinsmargen reagierte die Kreditwirtschaft mit einer deutlichen Ausweitung der risikogewichteten Aktiva (Risk-Weighted Assets, RWA) und der Fristentransformation (vgl. Deutsche Bundesbank, 2020, S. 31 ff.; Schettler, H-J., 2022). Einer Erhöhung der Eigenmittel durch Gewinnthesaurierung waren in diesem Kontext durch die begrenzte Ertragskraft jedoch Grenzen gesetzt. Lagen die Eigenmittelanforderungen zu Zeiten von Basel I/II noch bei 8 %, so liegen diese gegenwärtig auch bei risikoaversen Instituten schnell bei 12-15 % (vgl. Frère, E., Reuse, S., 2022).

Auch im kommenden Jahr muss ein Großteil der Institute mit steigenden Eigenmittelbedarfen rechnen. So tritt die CRR III am 01.01.2025 in Kraft. Die Verordnung umfasst umfangreiche Anpassungen für die Säule-1-Risiken (vgl. Puckhaber, M., et al., 2023; Ndoj, 2023). Eine Studie der EBA aus dem Jahr 2022, an der 160 Kreditinstitute teilgenommen haben, zeigt einen durchschnittlichen Mehrbedarf an hartem Kernkapital aufgrund der neuen Regularien in Höhe von ca. 15 % (auf Basis der damaligen Prozesswerke und Geschäftsausrichtung der Institute). Für die beteiligten weniger bedeutenden Institute (LSI) wurde im Detail ein Anstieg in Höhe von knapp 9 % ermittelt. Dieser ist im Wesentlichen durch die Anpassungen am Kreditrisikostandard- (KSA) bzw. auf internen Ratings basierenden Ansatz (IRBA) bedingt (vgl. European Banking Authority, 2022, S. 7 ff.). Dem Management der begrenzt verfügbaren Ressource der Eigenmittel kommt daher eine immer größere Bedeutung zu.


Eigenmitteloptimierung im Rahmen der Grenzen des Universalbankkonzepts

Die Potenziale für eine externe Kapitalzuführung sind für Sparkassen stark begrenzt, sodass diese im Wesentlichen auf Ihre Selbstfinanzierungskraft angewiesen sind. Ist ihre Eigenkapitalrendite nach Steuern und nach Ausschüttung geringer als das Wachstum ihres Risikoexposures, so gehen ihre Kapitalquoten zurück und vice versa. Es gilt folglich, die Kapitalbedarfe mit der Ertragskraft eines Instituts zu synchronisieren. Ein geeignetes Instrument hierfür stellen Eigenmitteleffizienzkennzahlen dar.

Die Effizienz des Eigenmitteleinsatzes lässt sich grundsätzlich durch das Verhältnis des Ertrages und des hierfür notwendigen Eigenmittel- bzw. RWA-Bedarfes beschreiben. Steigt die Quote an, so nimmt dabei ebenso c.p. der Beitrag des Investments zum Eigenmittelwachstum zu. Losgelöst von anderen Bewertungsdimensionen ist folglich eine möglichst hohe Quote anzustreben.

Den Ausgangspunkt für den Eigenmitteloptimierungsprozess stellt eine „Landkarte“ (siehe Tabelle 1) dar, die zunächst einen verdichteten Überblick über die im Bestands- oder Planportfolio gebundenen Eigenmittel bzw. RWA auf verschiedenen Ebenen (z. B. Produktarten oder Organisationseinheiten) ermöglicht. Die ermittelten Daten werden in einem zweiten Schritt um die Eigenmitteleffizienzkennwerte (hier der Return on Risk-Weighted Assets, RoRWA) auf den jeweiligen Aggregationsebenen angereichert, sodass im Ergebnis Transparenz über die (relative) Vorteilhaftigkeit der Eigenmittelverwendung (hier RWA-Verwendung) geschaffen wird und Optimierungspotenziale aufgedeckt werden können.  

Produkte
(jeweils 10 Mio. EUR Volumen)

Absoluter GuV-Beitrag in TEUR

Risikogewicht
(CRR III)

RoRWA

Private Baufinanzierung

355

42 %

8,5 %

Unternehmensfinanzierung

395

100 %

4,0 %

Rentenpapier (Covered)

305

20 %

15,3 %

Aktienfonds

400

250 %

1,6 %

 

Rechenbeispiel (Rentenpapier):

RWA: 10 Mio. EUR x 20 % = 2 Mio. EUR; RoRWA:  305 TEUR / 2 Mio. EUR = 15,3 %

Tabelle 1: Beispiel für eine „RWA-Landkarte"

Eine Optimierung der Eigenmitteleffizienz ist dabei grundsätzlich über

  • eine Abbildung der Eigenmittelintensität im Pricing,
  • eine Reduktion der Eigenmittelbedarfe über die Ausnutzung von regulatorischen Gestaltungsmöglichkeiten und bzw. oder
  • eine Anpassung des Angebotsportfolios (Reallokation) des Instituts zu realisieren.

Dem Streben nach einer möglichst hohen Eigenmitteleffizienz sind Sparkassen jedoch Grenzen gesetzt (insb. Reallokation). Kernaufgabe dieser sind die kreditwirtschaftliche Versorgung der Bevölkerung sowie die Förderung und Begleitung des Mittelstandes in ihrer Region. Dabei nimmt beispielsweise das Thema der Transformationsfinanzierung aktuell und perspektivisch einen hohen Stellenwert ein. Unternehmens- und Projektfinanzierungen sind jedoch stark eigenmittelintensiv und weisen oftmals im Vergleich mit anderen Geschäftsopportunitäten niedrigere Effizienzwerte auf (vgl. Tabelle 1). Es gilt im Kontext dieses Spannungsverhältnisses vielmehr, einen angemessenen Ausgleich zwischen den ökonomischen Bedarfen der Institute und ihrem Universalbankauftrag zu erreichen.

Für die operative Steuerung ist hierfür in einem ersten Schritt aus den Ertrags- und Kapitalbedarfsplanzahlen ein Mindesteffizienzwert für die Erreichung der gesetzten Ziele auf der Gesamtbankebene abzuleiten. Jene Kennzahl ist in einem zweiten Schritt dann in feingliedrigere Zieleffizienzwerte für die einzelnen Organisationseinheiten zu übersetzen. Im Kontext der Zieldefinition erfolgt die Einwertung der öffentlichen Kernaufgaben des Sparkasseninstituts und des Risikodiversifikationsbedarfs. So können Eigenmittelineffizienzen eines (öffentlich bedeutsamen) Geschäftsbereiches beispielsweise durch eine teilweise Berücksichtigung der hohen Eigenmittelintensität im Pricing in Kombination mit einer „Quersubventionierung“ durch andersartige Geschäftsaktivitäten auf der Gesamtbankebene reduziert bzw. ausgeglichen werden.

 

Fazit

Eine nachhaltige Stärkung der Eigenmittel einer Sparkasse kann über die Integration von Eigenmitteleffizienzkennzahlen in das Steuerungssystem forciert werden. Die Ausgestaltung der Eigenmitteloptimierung muss dabei jedoch die Charakteristika des Universalbankkonzepts widerspiegeln und eine angemessene Risikodiversifikation sicherstellen. Es bedarf einer ganzheitlichen konsistenten Umsetzung in dem Steuerungs- und Planungskreislauf eines Instituts.

 

PRAXISTIPPS

  • Erstellen Sie eine Eigenmittel- bzw. RWA-Landkarte, um zunächst einen Überblick über den Mitteleinsatz zu erreichen.
  • Definieren Sie abhängig vom Analysezweck und der Datenverfügbarkeit eine oder mehrere Effizienzkennzahlen und leiten Sie aus den Planwerten Untergrenzen ab, die für die Erreichung der gesetzten Ziele erfüllt werden müssen.
  • Reichern Sie die Landkarte um Effizienzkennwerte an und identifizieren Sie Optimierungsbedarfe.
  • Übersetzen Sie die Ergebnisse unter Berücksichtigung des Universalbankauftrages und von Diversifikationsbedarfen in (feingliedrigere) Zieleffizienzwerte und integrieren Sie diese in die operative Steuerung.

 

Quellenverzeichnis

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (2022a): Allgemeinverfügung zur Quote des inländischen antizyklischen Kapitalpuffers nach § 10d KWG, Geschäftszeichen IFS 2-QA 2102-2022/0001, 31.01.2022, erhältlich unter: https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Aufsichtsrecht/Verfuegung/vf_220131_allgvfg_antizykl_kapitalpuffer.html

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (2022b): Allgemeinverfügung zur Anordnung eines Kapitalpuffers für systemische Risiken nach § 10e KWG, Geschäftszeichen IFS 3-QA 2103-2022/0001, 30.03.2022, erhältlich unter:

https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Aufsichtsrecht/Verfuegung/vf_220331_allgvfg_systemrisikopuffer.html

Deutsche Bundesbank (2020): Entwicklung im deutschen Bankensystem in der Negativzinsphase, in: Deutsche Bundesbank Monatsbericht Oktober 2020, S. 15-40, erhältlich unter:  https://www.bundesbank.de/resource/blob/848886/b8c1a60092cb6a40561d08d171680af9/mL/2020-10-entwicklung-bankensystem-negativzinsphase-data.pdf

European Banking Authority (2022): Basel III monitoring exercise – results based on data as of 31 December 2021, 09.2022, erhältlich unter: https://www.eba.europa.eu/sites/default/files/document_library/Publications/Reports/2022/Basel%20III%20monitoring%20report/1039928/Basel%20III%20monitoring%20report%20as%20of%20December%202021.pdf

Frère, Eric, Reuse, Svend (2022): Systemrisikopuffer für Wohnimmobilien und Eigenkapitalkosten, 03.04.2022, erhältlich unter: https://www.fch-gruppe.de/Beitrag.aspx?ID=20609

Ndoj, Devi (2023): CRR III – Finale Phase aus der Umsetzung von Basel III/IV, 21.12.2023, erhältlich unter: https://banking.vision/crr-iii-finale-phase/#finale-version-der-crr-iii-1

Puckhaber, Manfred, Schiebom, Dirk, Vorgrimler, Stephan (2023): Eigenkapitalentlastung durch optimierte Verwendung des IRBA nach CRR III, in: die bank, Ausgabe 06/2023, S. 20-27

Schettler, Hans-Joachim (2022): Stärkung Eigenkapital mit zusätzlichem Kernkapital über AT-1-Emissionen, 19.08.2022, erhältlich unter: https://www.fch-gruppe.de/Beitrag/21774/staerkung-eigenkapital-mit-zusaetzlichem-kernkapital-ueber-at1emission


Beitragsnummer: 22482

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