Montag, 31. Dezember 2018

Auswirkungen des Energiesammelgesetzes auf EE-Projekte/-Finanzierungen

Jörg-Uwe Fischer, Fachbereichsleiter Erneuerbare Energien, Bereich Firmenkunden, Deutsche Kreditbank AG (DKB)

Am 30.11.2018 hat der Deutsche Bundestag das Energiesammelgesetz (EnSaG) beschlossen. Der Bundesrat hat dieses am 14.12.2018 abschließend gebilligt. Somit konnte das Gesetz zum 01.01.2019 in Kraft treten. Neben verschiedenen weiteren betroffenen Gesetzen und Verordnungen enthält das EnSaG auch wichtige Änderungen zum aktuellen EEG 2017. Damit wurde nun die bereits im Frühjahr 2018 unter der Überschrift „100-Tage-Gesetz“ begonnene Diskussion über diverse EEG-Anpassungen abgeschlossen. Nachfolgend werden die wesentlichen Aspekte mit Finanzierungsrelevanz kurz zusammengefasst.

Onshore-Wind:

In den nächsten drei Jahren werden dem Markt Sonderausschreibungen über zusätzlich 4.000 MW installierter Leistung zur Verfügung gestellt. Gestartet wird 2019 mit 1.000 MW. 2020 folgen zusätzlich zu den regulären Ausschreibungsmengen weitere 1.400 MW und 2021 noch einmal 1.600 MW. Somit stehen dem Markt theoretisch deutlich mehr Zubauvolumen und Finanzierungspotenzial zur Verfügung. Ob dieses jedoch praxisrelevant genutzt werden kann, hängt von der Entwicklung der Anzahl der umsetzbaren Genehmigungen ab. Die Zahl der neu genehmigten Anlagen verharrt derzeit auf niedrigem Niveau. Zudem wurde die Umsetzung vorliegender Genehmigungen zuletzt durch eine Reihe von Klagen erschwert bzw. sogar verhindert. Die Befassung mit Rechtsbehelfen gegen erteilte Genehmigungen hat dadurch inzwischen einen deutlich höheren Stellenwert im Rahmen der Projektanalyse bekommen.

SEMINARTIPP

Aktuelles & Konsortialfinanzierung im Bereich Erneuerbare Energien, 25.03.2019, Köln.

Analyse Erneuerbare Energieprojekte, 26.03.2019, Köln.

FCH #nextstep: Windkraftfinanzierung, 21.10.2019, Berlin.

Windkraftfinanzierung Spezial, 22.10.2019, Berlin.

EEG Anlagen als Kreditsicherheiten, 23.10.2019, Berlin.

Sonderprüfung EEG-Finanzierungen, 24.10.2019, Berlin.


Mit dem EnSaG werden ferner die Vorgaben für die nächtliche Beleuchtung von Windenergieanlagen wesentlich geändert. Ab dem 01.07.2020 ist eine bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung (BNK) für alle Windenergieanlagen ab 100 Meter Gesamthöhe verpflichtend vorgeschrieben. Dies betrifft sowohl neue Anlagen als auch den kompletten Bestand. Durch die BNK blinken Windenergieanlagen nur noch dann, wenn sich ein Flugzeug auch tatsächlich nähert. Dies soll zu einer erheblichen Verbesserung der Akzeptanz von Windenergie führen. Verschiedene technische Lösungen für die BNK sind bereits entwickelt und im Einsatz. Die Verpflichtung im Gesetz ist technologieneutral gehalten. Ausnahmen, z. B. für ältere und kleine Windparks, für welche die Erfüllung der Pflicht wirtschaftlich unzumutbar ist, kann nur die Bundesnetzagentur auf Antrag im Einzelfall zulassen. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung hat den Verlust der Marktprämie, also der finanziellen Förderung zur Folge. Somit kommt auf alle Bestandsprojekte eine zwingend erforderliche Nachinvestition zu.

Photovoltaik:

Auch für PV-Anlagen sind Sonderausschreibungen über insgesamt 4.000 MW Leistung für große Anlagen ab 750 kWp vorgesehen. Gestartet wird 2019 mit zwei zusätzlichen Ausschreibungsrunden von jeweils 500 MW. 2020 soll es dann analog zu Wind vier Zusatztermine mit einem Gesamtvolumen von 1.400 MW geben. 2021 folgen vier weitere Sonderausschreibungen mit insgesamt 1.600 MW. Sämtliche Sondermengen werden nicht auf den bestehenden 52-GW-Deckel für PV-Anlagen angerechnet. Dieser bleibt entgegen den Hoffnungen der Branche zunächst unverändert bestehen und würde weiterhin ein hartes Ende der regulären PV-Förderung für Neuanlagen – bei anhaltender Zubaudynamik voraussichtlich schon in 2020 – bedeuten.

Bei Dachanlagen zwischen 40 und 750 kWp erfolgt zwischen Februar und April 2019 eine gestufte Sonderdegression der Vergütung für Neuanlagen. Gleichzeitig wird für diese Monate die im EEG festgeschriebene reguläre Degression ausgesetzt. Für Anlagen in der Direktvermarktung (ab 100 kW verpflichtend) sehen die anzulegenden Werte wie folgt aus:

Ab dem 01.05.2019 greift dann wieder die reguläre Degression auf Basis des sogenannten „atmenden Deckels“ unter Berücksichtigung des Zubaus im Bemessungszeitraum.

Da sich die feste Einspeisevergütung für Dachanlagen zwischen 40 und 100 kWp an den anzulegenden Werten orientiert, gilt die Sonderkürzung auch für diese Anlagen. Sie werden um jeweils 0,4 ct/kWh niedriger als die vorgenannten anzulegenden Werte vergütet.

Alle Anlagen, die nicht an, auf oder in Gebäuden installiert werden, sind von dieser Absenkung nicht betroffen und unterliegen weiterhin der regulären Degression.

Beim „atmenden Deckel“, der den Degressionsmechanismus regelt, beträgt der Richtwert ab dem 01.01.2019 nur noch 1.900 MW. Bisher waren 2.500 MW das von der Politik definierte Zubauziel und somit auch der Bezugswert für die Bemessung der monatlichen Degression. Es ist zu erwarten, dass durch diese Reduzierung die Vergütungen für neue Anlagen bis 750 kWp künftig stärker sinken werden.

Auch beim Sonderthema Mieterstrom gibt es eine Änderung im EnSaG. Der für den Mieterstromzuschlag maßgebliche Abschlag auf den anzulegenden Wert beträgt für Anlagen ab 40 kWp künftig nur noch 8,0 ct/kWh. Bei kleineren Anlagen werden unverändert 8,5 ct/kWh abgezogen. Es ist jedoch nicht zu erwarten, dass diese überschaubare Maßnahme neue Investitionen in größerem Umfang anreizt.

Biomasse:

Das jährliche Ausschreibungsvolumen bleibt unverändert, wird künftig jedoch auf zwei Ausschreibungsrunden jeweils zum 01.04. und zum 01.11. aufgeteilt.

Basis der Einstufung als Güllekleinanlage bis 75 kW ist nunmehr die Bemessungsleistung. Neu gebaute Güllekleinanlagen erhalten die Sondervergütung für diese Anlagenklasse bis zur Bemessungsleistung von 75 kW, dürfen jedoch bis zu 150 kW Leistung installieren.

Für Flexibilisierungsvorhaben wird eine 16-monatige Übergangsfrist nach Erreichen des sogenannten „Flexdeckels“ eingeführt. Parallel dazu wird die Höhe dieser absoluten Fördergrenze von bisher 1.350 MW auf 1.000 MW abgesenkt. Aktuell ist zu erwarten, dass dieser neue Flexdeckel im Frühsommer 2019 erreicht wird. Anschließend haben Betreiber dann noch 16 Monate Zeit, Flexibilisierungsmaßnahmen umzusetzen und für diese die Flexprämie zu beanspruchen.

Allgemeines/Sonstiges:

Ergänzend sieht das EnSaG für die nächsten Jahre technologieübergreifende Innovationsausschreibungen vor. Hier fehlt es jedoch noch an der inhaltlichen Ausgestaltung. Die jeweiligen Ausschreibungsmengen werden von den technologiespezifischen Volumina abgezogen. Zusätzliches Marktvolumen wird hierdurch also nicht generiert. Es wird spannend sein zu verfolgen, ob die inhaltlichen Vorgaben und Anforderungen umsetzbar sind und zu einer entsprechenden Nachfrage führen. Anderenfalls würden die entsprechenden Volumina dem Markt quasi durch die Hintertür wieder entzogen.

Fazit:

Insgesamt bringt das EnSaG sowohl „Licht“ aber auch „Schatten“ für die Akteure der Erneuerbaren Branche. Dies gilt auch für die Projektfinanzierung neuer Vorhaben, insbesondere im Segment Wind onshore aber auch für bestehende Projekte (Stichwort BNK). Somit sollten sich alle in diesem Bereich tätigen Kreditinstitute ausgiebig mit den neuen gesetzlichen Vorgaben befassen bzw. sich auf diese einstellen.

PRAXISTIPPS

  • Die fristgerechte Umsetzung der verpflichtenden BNK von Windenergieanlagen sollte einschließlich der Finanzierung dieser Zusatzinvestition rechtzeitig mit allen Bestandskunden abgestimmt sein.
  • Für neue PV-Dachanlagen bis 750 kWp sollte der erwartete Vergütungssatz unter Berücksichtigung des erwarteten und praktisch realisierbaren Inbetriebnahmetermins kritisch hinterfragt werden.
  • Die Entwicklung des Zubaus von PV-Anlagen sollte generell zeitnah beobachtet werden, da bei steigenden Zubauzahlen künftig eine stärkere Reduzierung der Vergütung neuer Anlagen zu erwarten ist.

Bei der Finanzierung von Flexibilisierungsmaßnahmen von Biomasseanlagen muss nach Erreichen des „Flexdeckels“ über ein entsprechendes Monitoring die Umsetzung innerhalb der 16-Monatsfrist sichergestellt werden.






Beitragsnummer: 1035

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