Steffen Lamp, Senior Consultant, plenum AG Management Consulting

Die Covid-19-Pandemie hat uns alle kalt erwischt: Was in unserer nationalen Berichterstattung Ende letzten Jahres mit einem schmalen Beitrag über einen Wildtiermarkt in einer chinesischen Provinz namens Wuhan begann, endete mit einem Paukenschlag – Epidemie, Pandemie, Lockdown … Das Ergebnis: Weltweite Schockstarre für die Wirtschaft! 

Das neuartige SARS-CoV2-Virus konfrontierte die Wirtschaft quasi über Nacht mit neuen Herausforderungen. Im Rahmen einer Marktbefragung hat die plenum AG den Umgang mit der Coronakrise bei 31 Finanzdienstleistern erhoben. Damit zeichnet plenum nicht nur ein vielschichtiges Stimmungsbild aus der Finanzdienstleistungsbranche, sondern liefert zudem zahlreiche Meinungen und Einschätzungen zum Krisenverlauf und deren Auswirkungen.

Die Umfrage – Aufbau und Teilnehmer

Die Marktbefragung wurde im Zeitraum vom 10.06. bis 17.07.2020 mit Hilfe eines anonymen Online-Fragebogens durchgeführt. Dieser bestand aus zwölf fachlichen und drei statistischen Fragen. Die Ansprache der potenziellen Teilnehmer erfolgte einerseits per Direktansprache bzw. über den plenum-Newsletter und andererseits über die einschlägig bekannten Social-Media-Kanäle (XING, LinkedIn). Nach Ablauf der rund sechs Wochen konnten über 250 Aufrufe verzeichnet werden, wovon etwa 13 % der Besucher den Fragebogen bis zum Ende ausgefüllt haben – was für eine Umfrage ein absolut zufriedenstellender Wert ist.

SEMINARTIPPS

Kredit-Jahrestagung 2020, 18.–19.11.2020, Berlin.

11. Kölner Risikomanagement-Tagung 2021, 14.–15.06.2021, Köln.

Ergebnisse der Umfrage (Auszug)

Die Marktumfrage beschäftigt sich mit den Auswirkungen und Wirkungszusammenhängen der Covid-19-Pandemie im Blickfeld des Risikomanagements von Finanzdienstleistern. Dabei ist eine Wahrheit allerdings nicht von der Hand zu weisen: Kein Marktakteur hat mit dem Eintritt eines Pandemie-Szenarios aufgrund eines neuartigen Krankheitserregers gerechnet – sofern er dieses überhaupt als mögliches Szenario in der „Schublade“ hatte. Im Fokus der Umfrage steht der Umgang mit der Krise und deren Auswirkungen – bspw. in Form von gestiegenen Ratenstundungsanfragen – sowie der krisenbedingte Handlungs- und Anpassungsbedarf.

SOFTWARETIPP

ForumISM: MaRisk- und BAIT- konformes Risiko- und Informationssicherheitsmanagement.

Nachfolgend werden einige Auszüge aus den Ergebnissen der plenum-Marktbefragung eingehender vorgestellt:

In ihrer Intensität und ihrem Ausmaß überraschte die Covid-19-Pandemie auch den Finanzdienstleistungssektor. Während die befragten Institute vor der Krise die wesentlichen Spannungsfelder in den zunehmenden regulatorischen Anforderungen (77 %), der Prozessdigitalisierung und -automatisierung (68 %) sowie im Niedrigzinsumfeld und der damit verbundenen angespannten Kostenstruktur (45 %) sahen, rückte der Ausbruch der Krise andere Themen und Bereiche schlagartig in den Mittelpunkt.

Mehr als die Hälfte der Finanzinstitute sehen das dringende Erfordernis, ihre internen Kreditentscheidungsprozesse und -richtlinien, sprich die Basis ihres Geschäftsmodells, anpassen zu müssen. Sicher, mit Blick auf das gestiegene Risiko, das die besonders von der Krise betroffenen Branchen vermuten lassen – auch im Hinblick auf die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht (Stichwort: unentdeckte „Zombie-Firmen“) – ist ein besonnener Umgang mit eingehenden Kreditanfragen unabdingbar. Jedoch führen höhere Ansprüche an die Bonität der Kreditnehmer unweigerlich auch zu Einbußen auf der Ertragsseite – hier gilt es ein ausgewogenes Maß zwischen dem Umgang mit Risiken und der nachhaltigen Sicherung der Erträge zu finden.

Den größten Handlungsbedarf infolge der Coronakrise sehen 52 % der befragten Finanzdienstleister im Bereich Forbearance und NPL-Management – sprich dem eingangs bereits angesprochenen angemessenen Umgang mit Kreditrisiken. Mit ähnlich wichtiger Relevanz sind aus Sicht der Teilnehmer krisenbedingte Anpassungen an den Instrumenten zur Risikofrüherkennung vorzunehmen, wie bspw. den Frühwarnsystemen, Watch-Listen und den Stresstestszenarien. Des Weiteren wird bei mehr als einem Drittel der Kunden Handlungsbedarf im Geschäftsmodell gesehen, um sich nachhaltig und ertragsstark am Markt zu positionieren.

Mit oder ohne Corona, in den Augen der Befragten haben die „großen Themen“ im Risikomanagement und Kreditprocessing nach wie vor Bestand. Allerdings wird die schon vor der Pandemie herrschende herausfordernde Gesamtsituation durch die krisenbedingte gesamtwirtschaftliche Entwicklung zunehmend verschärft. 65 % der Befragten sehen in dem negativen Trend eine zunehmende Bedrohung, nicht nur für sich selbst, sondern auch im Hinblick auf die Gesamtwirtschaft. Auch die aufsichtsrechtlichen Lockerungen, die 97 % der Befragten mindestens als bedingt hilfreich ansehen, werden irgendwann mal auslaufen – auch wenn derzeit gerade über eine Verlängerung einzelner Maßnahmen diskutiert wird.

Fazit & Lessons learnt

Die 31 Finanzdienstleister zeichnen ein durchaus gemischtes Meinungsbild im Hinblick auf den Umgang und ihre individuelle Betroffenheit von der Pandemie – in den wesentlichen Fragestellungen herrschte jedoch überwiegende Einigkeit: Der Lockdown führt zu einer negativen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, die zahlreiche Anpassungen, u. a. der Kreditvergabeprozesse und -richtlinien, der Risikosteuerungs- und Controllingprozesse und des Geschäftsmodells, erforderlich machen.

PRAXISTIPPS

• Verschaffen Sie sich einen möglichst detaillierten Überblick über die Auswirkungen der Krise auf Ihr Unternehmen.
• Prüfen Sie, welche Unternehmensbereiche am stärksten von den Auswirkungen betroffen sind und wie sie kurz-, mittel- und langfristig gegensteuern können.
• Analysieren Sie, welche Auswirkungen durch den Wegfall der Lockerungsmaßnahmen und die Rückkehr zum „alten“ Standard auf Ihr Unternehmen wirken.
• Unser plenum-Quick Check zur Standortbestimmung hilft Ihnen dabei.

Haben wir Ihr Interesse geweckt? Weitere Informationen und den Link zur Bestellung der vollständigen Ergebnisse unserer Markbefragung finden Sie hier!