Donnerstag, 1. Oktober 2020

Gestaltungshinweise zur Errichtung eines Single Family Office

Rechtsanwalt Prof. Dr. Maximilian A. Werkmüller, LL.M., Düsseldorf
SSP-LAW (Of Counsel), Rechtsanwaltsgesellschaft, Düsseldorf,
 Inhaber des Lehrstuhls für allgemeine BWL, Finance und Family Office Management an der Allensbach-Hochschule in Konstanz

  

I.     Einleitung

Entscheidet sich eine Familie für ein eigenes Family Office (SFO), so ist eine der zentralen Fragen, wie das Management des Office besetzt werden soll – intern oder extern. Wie Abb. 1 belegt[1], ist nur das inhabergeführte integrierte SFO in der Lage, der Familie ein Höchstmaß an Kontrolle und Einfluss zu gewähren. Alle „externen“ Formen leiden grundsätzlich daran, dass die Familie Kontrollfunktionen aus der Hand geben und zusätzlich ein Controlling mit Blick auf die angeworbenen externen Kräfte installieren muss. Hier schlägt sich der Coas´sche „principal-agent-conflict“ besonders sichtbar nieder[2].   „Mischformen“, zum Beispiel die Tätigkeit einzelner Familienmitglieder auf Ebene des Managements des SFO, mögen zwar eine gewisse „Kontrolldichte“ auf dieser Ebene gewährleisten; sie bergen in sich allerdings die Gefahr von Informationsasymmetrien[3], wodurch sich andere Gesellschafterstämme benachteiligt fühlen können (s. hierzu nachfolgend).

 

 

 

 

 

 

                     (Abb.: Haupt/Hilger, a.a.O.)

 

II.         Vermeidung von Informationsasymmetrien 

Soweit einzelne Mitglieder der Familie im Management des SFO tätig sind (und damit automatisch andere Familienmitglieder nicht), stellt sich das Problem sog. Informationsasymmetrien, d. h., der operativ tätige Stamm erhält ggf. früher Kenntnisse über wichtige Geschäftsvorgänge als andere Stämme, welche „nur“ Gesellschafter des SFO sind. Hier gilt es, eine Governance zu installieren, welche diese Informationslücken vermeidet oder zumindest auf der Entscheidungsebene ausgleicht. Diese Governance ist Teil der „Family Governance“. Darüber hinaus ist zu beachten, dass Familienmitglieder, die im Management des Office tätig sind, keinen direkteren oder schnelleren Zugriff auf die Ressourcen des Office nehmen können sollten als andere. Auch dies kann – sofern es im Übermaß geschieht – zu Spannungen und Problemen zwischen den Familienmitgliedern führen. 


Buchtipp

Werkmüller (Hrsg.): Family Office Management 4. Aufl. 2019.


 

III.        Sicherstellung des Familieneinflusses bei externen Managern 

Sind keine Familienmitglieder im Management des SFO tätig, so empfiehlt es sich dennoch, Familienmitglieder in einem anderen Organ, wie einem Beirat zu versammeln. Denn die Familie „führt“ das Office und gibt den externen Managern ihren Leistungskatalog vor. Diffuse Kommunikationslinien einzelner Familienmitglieder zu einzelnen Mitarbeitern des Office können die gesamte Governance des Managements untergraben und geradezu toxische Wirkungen entfalten. Aus diesem Grund sollte auch im Falle eines externen Managements stets eine Anbindung der Manager an „die Familie“ bestehen. Genauer formuliert, lässt sich sagen, dass der (externe) CEO des Office genau wissen sollte, welches Familienmitglied seine „secure base“ ist, d. h., wem gegenüber er zu berichten hat, wer seine Performance beurteilt und – abgeleitet daraus – wer sein Gehalt und seinen Bonus festlegt. Auch diesbezüglich sind von Anfang an klare Vorgaben zu machen, insbesondere hinsichtlich der Performancemessung und der wesentlichen Incentives. Externe Manager, welche aus operativen Einheiten für das C-Level eines SFO angeworben werden, betreten eine für sie vollkommen „neuartige“ Welt, in welcher teilweise andere Gesetze gelten als in der, aus der sie kommen. Es existieren andere Abhängigkeiten und Wechselwirkungen. Nicht alle sind für den Externen von Anfang an erkennbar. 

 

IV.       Controlling und Performancemessung

Unabhängig davon, ob ein Office ausschließlich von externen oder auch von familienangehörigen Managern geleitet wird, sollte ein Prozess in Kraft gesetzt werden, der eine effektive Qualitätskontrolle gewährleistet. Das bloße Berichtswesen der Manager gegenüber den Gesellschaftern reicht hierfür in der Regel nicht aus, da der Familie die Expertise fehlt, um zu beurteilen, ob die Leistung des Office gut, überdurchschnittlich gut oder nur mittelmäßig ist. Neben der Kontrolle „harter“ Zahlen, Daten, Fakten spielt auch die Zufriedenheit der Familie mit „ihrem“ Family Office eine große Rolle. Hier geht es um die „weichen“ Faktoren, mithin also darum, ob die einzelnen Familienmitglieder sich „gut aufgehoben“ fühlen. Hierzu können Befragungen unter den Familienmitgliedern durchgeführt werden. 

Bestandteil jedes Kontrollmechanismus ist auch ein Eskalationsprozess für Beschwerden der Familienmitglieder über die Leistungen oder einzelne Mitarbeiter des FO. Ist dieser nicht in Kraft gesetzt, sucht sich jedes Familienmitglied den für sich effizientesten Weg, um das individuelle Ziel zu erreichen. Dies führt zu einem „Auskontern“ der eigenen Inhaberstrategie und verleitet einzelne Familienmitglieder zum „Gambling“.

 

V.        Definierter Leistungskatalog und Regelung der Vergütung

 

Folgende Fragen sollten vorab gestellt werden, um den Leistungsumfang des FO zu definieren: 

1.         Welche Familienmitglieder sind leistungsberechtigt?

An dieser Stelle ist zu bedenken, dass Familien, insbesondere Familienstämme untereinander, ein ausgeprägtes Gefühl für Gleichheit und Fairness entwickeln und demgemäß Leistungen des Office, welche gegenüber einem Familienmitglied oder -stamm erbracht werden, grundsätzlich auch gegenüber den anderen Stämmen erbracht werden müssen. Geschieht dies nicht, kann es zu Friktionen zwischen der Familie und dem Management des Office kommen. Je nach Größe der Familie und dem Kreis der anspruchsberechtigten Personen bietet es sich an, den Leistungskatalog entsprechend „abzuschichten“ beziehungsweise klar und eindeutig zu regeln, welcher Kreis von Familienmitgliedern das „full package“ erhält und welcher nur eine Basisversion. 

 

2.         Sollen alle Familienmitglieder gleichermaßen Leistungen des Office in Anspruch nehmen dürfen?  

Beantwortet man diese Frage mit „ja”, bedeutet dies einen z. T. erheblichen technischen und finanziellen Aufwand. Was passiert, wenn mehrere Familienmitglieder die Leistungen gleichzeitig abrufen und dadurch Kapazitätsengpässe entstehen? Wen „darf“ man warten lassen und wen nicht? Falls nicht alle Familienmitglieder gleichermaßen Leistungen fordern dürfen, nach welchen Kriterien wird abgeschichtet und wer legt diese Kriterien fest?

 

3.         Wie werden die Leistungen des Office vergütet?

Da SFOs in der Regel auch Teilnehmer am Rechts- und Wirtschaftsverkehr sind, muss ihr Geschäftsmodell grundsätzlich auf Gewinnerzielung ausgerichtet sein. Damit stellt sich insbesondere die Frage, wie die entstehenden Kosten refinanziert werden. Grundsätzlich sollte das Office seine Leistungen nur entgeltlich erbringen und zwar nach dem Maßstab des Drittvergleichs. Nur in diesem Fall werden ertragsteuerliche Themen wie die der Überentnahme (Personenhandelsgesellschaften) oder der verdeckten Gewinnausschüttungen (GmbH) vermieden. Erbringt das SFO Leistungen gegenüber Personen, welche zwar zum Kreis der Familie, nicht aber zum Kreis der Gesellschafter gehören, so stellt sich die Problematik des Drittvergleichs in besonderem Maße. Die Vergütungsmechanismen bei SFOs geraten nicht selten in den Fokus der steuerlichen Betriebsprüfung. Erfahrungsgemäß lässt sich hier (erhebliches) Steuersubstrat „heben“. Um dies zu vermeiden, empfiehlt es sich, von Anfang an ein vernünftiges und vor allem verbindliches Pricing zu installieren.

 

VI.       Management

Auch für kleinere SFO-Strukturen empfiehlt sich das Erstellen von Arbeitsablaufbeschreibungen zumindest für die Kernprozesse. Dies erhöht einerseits die Transparenz „nach innen“ und erleichtert insbesondere externen Managern die Erfüllung ihrer Aufgaben. Nur auf der Basis schriftlicher Prozesse ist darüber hinaus ein effektives Controlling und auch eine Qualitätsmessung möglich. Die Prozesse sind für alle Mitarbeiter des Office verbindlich, sie müssen dauerhaft gepflegt und sich ändernden Rahmenbedingungen angepasst werden. Dies sollte auf dem C-Level verortet sein. Zusätzlich dazu sollten die Grundprinzipien der Family Governance über die jeweiligen Arbeitsverträge auch in das Tagesgeschäft der Mitarbeiter des FO einfließen. 

Je nach Größe des Vermögens und Umfang der Aufgaben lässt sich folgende Muster-Governance eines SFO skizzieren:

  

 

 

(Abb. Muster-Governance)

 

C-Level:

Auf oberster Management-Ebene ist neben dem internen oder externen Geschäftsführer der Stabsbereich HR zu verorten. Er ist „Schaltstelle“ des „day-to-day“-Business und auch „Vorzimmer“ des CEO.

Stabsbereiche:

Auch ein SFO benötigt die klassischen Stabsbereiche, die ein effektives Management in einem Unternehmen überhaupt erst ermöglichen. Neben dem Bereich IT/Operations sind dies insbesondere die Bereiche Tax, Legal und Finance. Dabei lassen diese sich wiederum, abhängig vom Leistungspaket, unterteilen in die strukturbezogenen „Corporate“-Bereiche und in die familienbezogenen „Family“-Bereiche. Ob dafür notwendigerweise jeweils eine Planstelle zu besetzen ist, ist anhand der tatsächlichen Gegebenheiten zu beurteilen. Beim Stabsbereich „Finance“ wären zum Beispiel auch die kapi-talmarktbezogenen Kompetenzen wie das Asset Management zu verorten. Bezüglich der Gesamtstrukturen obliegt diesem Bereich auch das Controlling des gesamten Zahlungsverkehrs sowie das Beteiligungsmanagement.

Client Relationship Management (CRM):

Von besonderer Bedeutung für SFO ist der Bereich des Client Relationship Managements (CRM). Hier findet die „Übersetzung“ der gesamten Anlagethemen auf die individuelle Ebene statt. Typischerweise obliegt dem CRM die jährliche Berichterstattung über die individuelle Vermögensentwicklung, also das Reporting, die Finanz- und Liquiditätsplanung sowie das Risikomanagement. Der CRM ist die Vertrauensperson des jeweiligen Familienmitglieds. Sie kann, muss aber nicht mit der Funktion des CEO zusammenfallen. Tut sie es nicht, so ist im Rahmen der Governance zu gewährleisten, dass der CRM jederzeit auf einem aktuellen Informationsstand ist und die an ihn herangetretenen Fragen und Wünsche aus dem Gesellschafterkreis zeitnah beantworten kann.

 

VII. Fazit

 

Single Family Offices sind Unternehmen und müssen wie ein solches geführt und organisiert werden. Dabei bewährt es sich, klare Regeln für die Kommunikation der Familie mit dem Office zu definieren und auch anzuwenden. Informationsasymmetrien können auch im Bereich der SFOs gefährliche Auswirkungen entfalten und sollten, wenn möglich, vermieden werden. Von zentraler Bedeutung für eine langfristige Zufriedenheit der Familie mit „ihrem“ Family Office ist, dass sie in die Lage versetzt wird, die Qualität der erbrachten Leistungen zu kontrollieren und zu bewerten. Da dies in der Regel allein über das gesellschaftsrechtliche oder das arbeitsrechtliche Verhältnis nicht geleistet werden kann, müssen gegebenenfalls zusätzliche, externe Stellen geschaffen werden, die dies gewährleisten.

 

PRAXISTIPPS

  • Auch ein SFO benötigt ein Management, mit welchem die Familie vertrauensvoll zusammenarbeitet. Nur ein funktionsfähiges und kontrollierbares Management wird langfristig und erfolgreich mit den Familienmitgliedern zusammenarbeiten. Klare Strukturen und Berichtslinien erleichtern externen Managern den „Einstieg“ und sorgen für eine funktionsfähige Kommunikation.
  • Die Familienmitglieder schließlich sind gut beraten, sich an „ihr System“, d. h., an ihre Regeln zu halten und jeden Versuch zu unterlassen, es zu ihren Gunsten „auszukontern“. Auch für solche Fälle muss es einen Eskalationsprozess und klar definierte Sanktionen geben.

[1] Vgl. Haupt, Felix/Hilger, Thomas: „Das Family Office: Integrierter Dienstleister oder strategischer Berater?“ in: Forschungspapier Nr. 5, WHU Otto Beisheim School of Management, Vallendar 2006, Kap. 4.2.

[2] Vgl. Coase, Ronald H., The nature of the Firm, 4 Economia (1937), S. 386 ff.

[3] Vgl. hierzu den Beitrag von Peters in diesem Heft.


Beitragsnummer: 10757

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