Prof. Dr. Hervé Edelmann, Rechtsanwalt, Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner
In seiner Entscheidung vom 06.11.2018, Az. II ZR 57/16, erinnert der Bundesgerichtshof zunächst daran, dass dann, wenn sich der aufklärungspflichtige Gesellschafter für die vertraglichen Verhandlungen über einen Beitritt eines Vertriebs bedient und diesem Vertrieb oder einem von diesem Vertrieb eingeschalteten Untervermittlern die geschuldete Aufklärung der Beitrittsinteressenten überlässt, dieser Gesellschafter über § 278 BGB für die unrichtigen oder unzureichenden Angaben des Vertriebs haftet. Dies deshalb, weil er sich das Fehlverhalten von Personen, die er mit den Verhandlungen zum Abschluss des Beitrittsvertrages ermächtigt hat, nach § 278 BGB zurechnen lassen muss. Einer vom aufklärungspflichtigen Gesellschafter bis zum Vermittler führenden vertraglichen „Auftragskette“ bedürfe es für eine solche Haftung nicht. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofes schließt auch die Verwendung eines Prospektes zur Aufklärung der Beitrittsinteressen es nicht von vorneherein aus, unzutreffende Angaben des Vermittlers dem aufklärungspflichtigen Gesellschafter zuzurechnen. Vermittelte nämlich der Prospekt eine ausreichende Aufklärung, sei dies kein Freibrief dafür, Risiken abweichend hiervon darzustellen und mit Erklärungen ein Bild zu zeichnen, welches die Hinweise im Prospekt für die Entscheidung des Anlegers entwertet oder mindert (Rn. 16).
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Sodann erinnert der Bundesgerichtshof daran, dass die Annahme grob fahrlässiger Unkenntnis i. S. d. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht allein darauf gestützt werden kann, dass der Anlageinteressent den Text eines ihm nach Abschluss der Anlageberatung zur Unterschrift vorgelegten Zeichnungsscheins nicht gelesen hat. Eine andere Beurteilung könne jedoch, so der BGH, dann in Betracht kommen, wenn der Berater den Anleger ausdrücklich darauf hinweist, er solle den Text vor Unterzeichnung durchlesen und er dem Kunden die hierzu erforderliche Zeit lässt, oder wenn in deutlich hervorgehobenen, ins Auge springenden Warnhinweisen auf etwaige Anlagerisiken hingewiesen wird, oder wenn der Anleger auf den Zeichnungsschein gesonderte Warnhinweise zusätzlich unterschreiben muss (Rn. 21).

Schließlich weist der Bundesgerichtshof darauf hin, dass ein fehlerhaft beigetretener Gesellschafter berechtigt ist, das stille Gesellschaftsverhältnis unter Berufung auf den behaupteten Vertragsmangel durch sofortige Kündigung nach § 234 Abs. 1 HGB, § 723 BGB mit der Folge zu beenden, dass ihm ggf. ein nach den gesellschaftsvertraglichen Regeln zu berechnender Abfindungsanspruch zusteht, wobei der Bundesgerichtshof in diesem Zusammenhang darauf hinweist, dass ein fehlerhafter Beitritt in diesem Sinne auch dann vorliegt, wenn der Gesellschafter durch eine fehlerhafte oder unzureichende Aufklärung zum Beitritt bewogen worden ist (Rn. 31). In diesem Zusammenhang stellt der Bundesgerichtshof noch klar, dass das in Rede stehende Kündigungsrecht des Gesellschafters durch eine etwaige Verjährung des Schadensersatzanspruchs, falls sie vor Ausübung des Kündigungsrechts überhaupt in Betracht gezogen werden kann, nicht ausgeschlossen wird (Rn. 33).
Beitragsnummer: 1138