OLG Karlsruhe ändert seine bisherige Rechtsprechung
Max Kirschhöfer, Rechtsanwalt, Thümmel, Schütze & Partner
Das OLG Karlsruhe hatte bisher in „Widerrufsfällen“, in denen die vom Kreditinstitut erteilte Widerrufsbelehrung fehlerhaft war und das Widerrufsrecht somit auch Jahre nach Vertragsabschluss noch fortbestand, in Sachverhaltskonstellationen, in denen das betroffene Darlehen auf den ausdrücklichen Wunsch des Darlehensnehmers vorzeitig zurückgeführt worden war, den von den Kreditinstituten regelmäßig erhobenen Verwirkungseinwand stets ausgeschlossen.
SEMINARTIPPS
19. Heidelberger Bankrechts-Tage, 21.–22.10.2019, Heidelberg.
Aktuelle Rechtsfragen rund um die Baufinanzierung, 11.11.2019, Würzburg.
In seinem Urt. v. 11.12.2018, Az. 17 U 125/17, gibt das OLG Karlsruhe diese Rechtsposition nunmehr ausdrücklich auf und schließt sich im Interesse einer einheitlichen Rechtsprechung der Auffassung des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs an, wonach dem Umstand, dass das Darlehen auf ausdrücklichen Wunsch des Darlehensnehmers ‑ ggfs. auch gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung ‑ vorzeitig zurückgeführt wurde, im Rahmen der Prüfung, ob der Verwirkungseinwand eingreift, ein ganz maßgebliches Gewicht beizumessen ist und wonach es auf die Kenntnis des Verbrauchers vom Fortbestand des Widerrufsrechts ebenso wenig ankommt, wie darauf, dass die Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung vom Darlehensgeber selbst zu verantworten ist oder dieser den Belehrungsmangel durch eine Nachbelehrung hätte beseitigen können (vgl. grundlegend BGH, Urt. v. 12.07.2016, Az. XI ZR 501/15, sowie umfassend Edelmann in BTS Bankrecht 2017 S. 126 f.).

Der zwischenzeitlich anerkannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgend führt das OLG Karlsruhe in seinem Urt. v. 11.12.2018 weiter aus, dass als „berücksichtigungsfähige Vertrauensinvestition der Bank“ im Rahmen des Verwirkungseinwandes insbesondere zu berücksichtigen ist, dass der Darlehensgeber nach Rückführung des Darlehens den vom Darlehensnehmer erhaltenen Rückzahlungsbetrag reinvestiert, das Darlehen abgerechnet und die Kreditsicherheiten freigegeben hat. Das Kreditinstitut muss sich auch nicht entgegenhalten lassen, was vielfach von Verbraucherseite vorgetragen wird, dass es nach Rückführung des Darlehens zur „Freigabe“ der Kreditsicherheiten verpflichtet sei. Dies deshalb, da regelmäßig durch Kreditsicherheiten auch Ansprüche des Kreditgebers aus dem widerrufsrechtlichen Rückgewährschuldverhältnis gesichert werden.
PRAXISTIPP
Die Entscheidung des OLG Karlsruhe ist zu begrüßen, da sich nunmehr auch das OLG Karlsruhe in die mittlerweile ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs einreiht, wonach jedenfalls bei abgelösten Darlehensverträgen der Verwirkungseinwand zu bejahen ist (vgl. statt vieler: BGH, Urt. v. 16.10.2018, Az. XI ZR 69/18; Az. XI ZR 45/18; v. 10.10.2017, Az. XI ZR 455/16; Beschluss v. 21.01.2018, Az. XI ZR 298/17) und welcher sich nahezu sämtliche Oberlandesgerichte angeschlossen haben (vgl. hierzu nur OLG Stuttgart, Urt. v. 12.12.2017, Az. 6 U 208/16, sowie Az. 6 U 316/16, BTS Bankrecht 2018 S. 28 und BTS Bankrecht 2018 S. 5; OLG Frankfurt, Beschluss v. 20.12.2017, Az. 17 U 201/17, BTS Bankrecht 2018 S. 27; OLG Hamburg, Beschluss v. 12.10.2017, Az. 13 U 1/17, BTS Bankrecht 2018 S. 4).
Beitragsnummer: 1249