Kreditpolitische Leitlinien mit den passenden Kenngrößen zielgerecht gestalten.
Prof. Dr. Leo Cremer, Real Estate Investment and Finance Lab (REIFl@b), Hochschule RheinMain
I. Kreditpolitik im Aufsichtsfokus
Die kreditpolitischen Leitlinien für (Wohn-)Immobilienkredite stehen derzeit gleich doppelt im Fokus der Bankenaufsicht. Zum einen hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Analyse der Vergaberichtlinien zu einer ihrer Aufsichtsprioritäten für 2019 erklärt. Zum anderen kann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) seit Mitte 2017 definierte Kreditkennzahlen für Neudarlehen beschränken.
1. Aufsichtspriorität 2019
Die EZB kam in ihrer Risikobewertung für 2019 bezogen auf den gesamten Euroraum zu dem Ergebnis, dass Wohnimmobilienkredite zu den derzeit relevanten Risikofaktoren für das Bankensystem gehören. Begründet wird dies mit einer erhöhten Verschuldung, die sowohl zu Rückzahlungsproblemen bei einer Konjunkturabschwächung als auch zu Verlusten beim folgenden Ausfall des Kreditnehmers führen kann.
Nicht nur Konjunktur- und Preisveränderungen sind hierfür maßgeblich, die EZB sieht ebenso einen Beitrag der Banken. Konkret heißt es in der Risikobewertung für 2019: „Eine gewisse Lockerung der Kreditvergaberichtlinien bezüglich der Beleihungsquote und der Schuldendienstfähigkeit bei neuen Krediten haben das Kreditrisiko möglicherweise erhöht.“
Konsequenterweise legt die EZB-Bankenaufsicht einen ihrer Schwerpunkte auf die Analyse von Kreditvergaberichtlinien und Neuengagements insbesondere im Immobilienkreditgeschäft. Geprüft werden soll „die Qualität der Kreditvergabeverfahren und -standards“ allgemein sowie „die Qualität von Engagements in bestimmten Anlageklassen im Rahmen von speziellen Vor-Ort-Prüfungen in Bereichen wie beispielsweise Gewerbeimmobilien [und] Wohnimmobilien“. [...]
Beitragsnummer: 1271