Dienstag, 26. März 2019

Bachelorwissen Banking: Depotvertrag und Safevertrag

Prof. Dr. Patrick Rösler, Rechtsanwalt, Vorstandsvorsitzender FCH Gruppe AG und Professor für Bankrecht an der Allensbach Hochschule

Depotvertrag und Safevertrag sind im weiteren Sinne Verwahrungsgeschäfte, welche die Bank dem Kunden anbietet. Der Depotvertrag ist zivilrechtlich allerdings ein Geschäftsbesorgungsvertrag, der Safevertrag dagegen ein Mietvertrag.

Depotvertrag

Das bankmäßige Depotgeschäft ist die Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren für andere. Regelungen zu diesem Geschäft finden sich in Kreditwesengesetz (KWG) und Depotgesetz (DepotG). Diese Regelungen sind von den Regelungen im BGB zur Verwahrung (§ 688 BGB) abzugrenzen, das Depotgesetz regelt andere Tatbestände als das BGB, es gilt speziell für das Wertpapiergeschäft der Banken.

Der Depotvertrag ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag. Verwahrungs- und Verwaltungspflichten für die Bank stehen der Entgeltpflicht des Kunden gegenüber[1]. Der Depotvertrag an sich begründet keine Vermögenssorge- oder Beratungspflicht der Bank. Solche Pflichten ergeben sich z. B. aus Aufklärungspflichten beim Verkauf von Wertpapieren oder aus einem separaten Beratungsvertrag. Depots gibt es, ähnlich wie Konten, als Einzel- und Gemeinschaftsdepots, Treuhand- und Anderdepots etc.; die Depots folgen auch weitgehend diesen Regeln.

SEMINARTIPP

Hamburger Wertpapier-Tage: Aufsichtsrecht & Verbraucherschutz, 15.–16.05.2019, Hamburg.


Die Verwahrung der Wertpapiere kann in der Bank als Hausverwahrung stattfinden, regelmäßig wird der Vertrag jedoch im Wege der Drittverwahrung bei einem Dritten, einem darauf spezialisierten Kreditinstitut, durchgeführt. Diese Drittverwahrung gestattet das DepotG ausdrücklich, während sie nach der BGB-Verwahrung ausgeschlossen wäre. Bei der Drittverwahrung schließen Kunde und Bank einen Depotvertrag, die Bank schließt mit dem Wertpapiersammelverwalter außerdem einen weiteren, selbständigen Verwahrungsvertrag nach Depotrecht ab. Dabei können auch noch mehrere Zwischenbanken eingeschaltet werden, für die das dann sinngemäß gilt.

Wertpapiersammelbanken müssen Kreditinstitute nach § 1 KWG sein und brauchen darüber hinaus eine spezielle Zulassung als Zentralverwahrer. Nur bei ihnen können Wertpapiere verwahrt werden, die in einer Globalurkunde = Sammelurkunde verbrieft sind. In ihr sind zur rationelleren Abwicklung viele Einzelrechte der Kunden zusammengefasst. Eine Sammelurkunde kann jederzeit durch einzelne effektive Stücke ersetzt werden und umgekehrt. Sammelbank in Deutschland ist Clearstrem Banking (CBF). Die Sammelverwahrung ist heutzutage der Regelfall, da eine körperliche Bewegung der Wertpapiere dann nicht mehr notwendig ist, es sind nur noch Buchungen im Depot zur Eigentumsverschaffung nötig.

Der Inhaber des Wertpapiers hat in der Sammelverwahrung Bruchteilseigentum, also Miteigentum mit den anderen Inhabern nach Anteilen. Bei der früheren Streifbandverwahrung war der Anleger Alleineigentümer. Die Bruchteilsgemeinschaft wird vom DepotG im Vergleich zum BGB modifiziert, so ist z. B. die nach BGB bestehende ausschließlich gemeinschaftliche Verfügungsbefugnis der Bruchteilseigentümer über die Globalurkunde hier natürlich sinnlos und findet darum keine Anwendung. Die Übereignung der Wertpapiere nach einem Verkauf findet direkt zwischen Verkäufer und Käufer statt, die Sammelbank erlangt dazwischen kein Eigentum, diese „vermittelt“ nur die Eigentumsübertragung. Sie hält danach die Papiere für den Käufer und nicht mehr für den Verkäufer, dies wird durch Belastung und Gutschrift in den Depots dokumentiert.

BUCHTIPP

Ellenberger/Clouth (Hrsg.) Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 5. Aufl. 2018.


Ein wichtiger Schutz, den das Depotgesetz dem Kunden gibt, ist die Fremdvermutung. Nach dieser gehören die Wertpapiere nicht der Bank, wenn sie diese bei einer Sammelbank einlagern lässt. Damit ist z. B. ein gutgläubiger Eigentumserwerb der Sammelbank ausgeschlossen. Die Insolvenz oder Zwangsvollstreckungen von Gläubigern der Banken berühren die Rechtsstellung des Kunden auch nicht.

Das DepotG unterscheidet zur sauberen Buchhaltung darum das Depot A-Geschäft vom Depot B-Geschäft. Im Depot A sind die eigenen Wertpapiere der Bank, mit denen sie also selbst Geldanlage mit dem Vermögen der Bank betreibt. Im Depot B sind demgegenüber Wertpapiere ihrer Kunden, sie stehen in deren Eigentum.

Aus dem Depotvertrag ergeben sich Verwaltungspflichten der Bank:

  • Die Bank muss über das Depot Buch führen, erstellt Gutschriften und mindestens einmal jährlich Depotauszüge.
  • Sie löst außerdem Zins- und Gewinnanteilscheine für den Wertpapierinhaber ein.
  • Sie nimmt das Stimmrecht des Aktionärs bei Aktien wahr. Das unter Depotstimmrecht bekannte Instrument wird heute zutreffend als Auftragsstimmrecht bezeichnet, übt die Bank doch das Stimmrecht des Aktionärs nach dessen Weisungen aus.
  • Die Bank ist zur Informationsweitergabe verpflichtet, wenn sie vom Emittent Informationen zu den Wertpapieren erhalten hat.

Safevertrag

Der Safevertrag oder Schrankfachvertrag ist ein Mietvertrag (§§ 535 ff. BGB) und keine Verwahrung nach BGB oder gar nach DepotG.

Durch den Schrankfachvertrag verpflichtet sich die Bank, dem Kunden ein speziell gesichertes Schrankfach zur Verwahrung von Gegenständen zur Verfügung zu stellen. Rechtlich ist der Safevertrag als Mietvertrag zu qualifizieren, nicht als Verwahrungsvertrag, da die Überlassung des Schrankfachs im Vordergrund steht. Bei der Verwahrung stünde dagegen die Aufbewahrung des Gegenstandes im Vordergrund[2].

Der Kunde verpflichtet sich zur Zahlung des Entgelts, also des Mietzinses. Zur Sicherung des Mietzinses kann die Bank nicht ihr AGB-Pfandrecht heranziehen. Ein Pfandrecht kann nur bestehen, wenn der Pfandgläubiger (Bank) zumindest Mitbesitz an den Gegenständen des Pfandrechts hat, das ist bei Gegenständen im Schließfach nicht der Fall. Allerdings hat sie das gesetzliche Vermieterpfandrecht nach § 562 BGB. Dieses dient aber nur zur Sicherung der Mietansprüche aus dem Safevertrag und kann nicht – wie das AGB-Pfandrecht – zur Sicherung anderer Ansprüche der Bank gegen den Kunden herangezogen werden.



Merksätze

  • Der Depotvertrag ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag. Verwahrungs- und Verwaltungspflichten für die Bank stehen der Entgeltpflicht des Kunden gegenüber.
  • Der Safe- oder Schrankfachvertrag ist demgegenüber ein Mietvertrag (§§ 535 ff. BGB) und keine Verwahrung nach BGB, der Kunden schuldet einen Mietzins.
  • Bei der Drittverwahrung schließen Kunde und Bank einen Depotvertrag, die Bank schließt mit dem Wertpapiersammelverwalter außerdem einen weiteren, selbständigen Verwahrungsvertrag nach Depotrecht ab. Der Inhaber des Wertpapiers hat in der Sammelverwahrung Bruchteilseigentum, also Miteigentum mit den anderen Inhabern nach Anteilen. Bei der früheren Streifbandverwahrung war der Anleger Alleineigentümer.
  • Das DepotG unterscheidet zur sauberen Buchhaltung das Depot A-Geschäft vom Depot B-Geschäft.

Infos zum BWL-Bachelor (B.A.) mit Schwerpunkt Banking der Allensbach Hochschule im Online-Studium, das auch berufsbegleitend möglich ist: https://www.fch-gruppe.de/hochschulweiterbildung/bachelor-finance/

  1. Dazu Teuber in: Ellenberger/Clouth (Hrsg.), Praktikerhandbuch Wertpapier- und Derivategeschäft, 5. Aufl. 2018, S. 931 ff.
  2. Dazu Klanten in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechts-Handbuch, Band I, 5. Aufl. 2017, S. 2.435 ff.



Beitragsnummer: 1292

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