Prof. Dr. Hervé Edelmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner
In einem Fall, in welchem ein Anleger als Kapitalanlage Beteiligungen an Erdöl- und Erdgasförderrechten in den USA gekauft hatte und u. a. Ansprüche gegen den Gründungsgesellschafter der die Kapitalanlage anbietenden Gesellschaft Ansprüche wegen Verletzung der Aufklärungspflicht in Bezug auf Innenprovisionen geltend machte, erinnert der BGH in seiner Entscheidung vom 13.08.2020, Az. III ZR 148/19 (WM 2020 S. 1.862) zunächst daran, dass der Umstand, dass bei dem Käufer einer Kapitalanlage eine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit des erworbenen Renditeobjekts entstehen kann, für sich allein selbst dann noch keine Offenbarungspflicht begründet, wenn die Höhe der Provisionen tatsächlich zu einem Kaufpreis führt, der den objektiven Wert des Kaufgegenstandes erheblich übersteigt. Der Käufer habe nämlich grundsätzlich keinen Anspruch auf den Erwerb eines Objekts zu dessen Verkehrswert. Bis zu den Grenzen der Sittenwidrigkeit und des Wuchers bleibe es daher den Vertragsparteien überlassen, welchen Preis sie vereinbaren. Mithin bestehe für den Verkäufer grundsätzlich selbst dann keine Pflicht zur Offenlegung über den Wert des Kaufobjektes, wenn dieser erheblich unter dem geforderten Preis liegt (Rn. 27 m.w.N.).
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In diesem Zusammenhang erinnert der BGH auch daran, dass der Verkäufer den Käufer im Regelfall auch nicht auf ein für diesen ungünstiges Geschäft hinweisen muss, er vielmehr davon ausgehen darf, dass sich sein zukünftiger Vertragspartner selbst über Art und Umfang seiner Vertragspflichten im eigenen Interesse Klarheit verschafft. Insofern sei es im Grundsatz Sache des Verkäufers, wie er den Preis kalkuliere, insbesondere auch, was er darin an Kosten für den Vertrieb ansetzt. Der Erwerber müsse wiederum auf der anderen Seite immer damit rechnen, dass der ihm genannte Erwerbspreis einen gewissen Vertriebskostenanteil enthält (Rn. 27 m.w.N.).
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Zur Abgrenzung hierzu führt der BGH sodann aus, dass dann, wenn das zu erwerbende Anlageobjekt über einen Prospekt vertrieben wird, auch über Innenprovisionen ab einer gewissen Größenordnung aufzuklären sei, weil sich hieraus für die Anlageentscheidung bedeutsame Rückschlüsse auf die geringere Werthaltigkeit des Objekts und die Rentabilität der Anlage ergeben. Demgemäß müsse der Anleger darüber informiert werden, wenn in dem Gesamtaufwand für eine Anlage, die im Prospekt als rentables Renditeobjekt dargestellt wird, erheblich überdurchschnittliche Vertriebsprovisionen stecken. Dabei liege ein solcher erheblich überdurchschnittlicher Umfang dann in der Regel vor, wenn die Innenprovision einschließlich des vom Anleger zu entrichtenden Aufgelds (Agio) 15 % des einzubringenden Eigenkapitals überschreitet (Rn. 28 m.w.N.).
Schließlich hält der BGH fest, dass etwaige Prospektangaben über die Innenprovisionen unabhängig von der Gesamthöhe der Innenprovision zutreffend sein müssen und eine Irreführungsgefahr nicht bestehen darf (Rn. 28).
Nachdem die Innenprovision im streitgegenständlichen Fall die kritische 15 %-Grenze nicht überstieg, wurde der Anspruch des Kapitalanlegers zurückgewiesen.
Beitragsnummer: 12942