Donnerstag, 3. Dezember 2020

Neue MaRisk – Auswirkungen auf Problemkredite

Neuerungen, Änderungen und Handlungsbedarf in Kreditinstituten.

Dr. iur. Friedrich L. Cranshaw, Rechtsanwalt, vorm. Banksyndikus/Direktor, Mannheim/Mutterstadt, Depré RECHTSANWALTS AG, Mannheim.

 

Prof. Dr. Wolfgang Portisch, Leiter Bereich Bank- und Finanzmanagement an der Hochschule Emden/Leer.[1]

 

I. Mindestanforderungen an Risikomanagement

 

Am 26.10.2020 wurde die Konsultation zum Entwurf der MaRisk von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) veröffentlicht.[2] Richtlinien wie die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) sind Verwaltungsvorschriften und legen § 25a KWG für Kreditinstitute aus. Sie entfalten faktisch normsetzenden Charakter, ohne Gesetz zu sein. Die MaRisk sind somit normkonkretisierend und mit Außenwirkung versehen, weshalb sie übrigens auch bekanntgemacht werden müssen.[3] Im Unterschied zu „einfachen“ Verwaltungsvorschriften binden sie nicht nur das behördeninterne Ermessen, hier etwa bei der Beurteilung der Frage, ob ein Institut die Voraussetzungen des § 25a Abs. 1 Satz 3 Nrn. 1 ff. KWG an ein angemessenes Risikomanagement erfüllt.[4][5] Die Einhaltung der MaRisk wird für Kreditinstitute als Mindeststandard gefordert und durch die BaFin und Bundesbank in Bezug auf die Einhaltung dieses Standards überprüft. Zugleich setzen die MaRisk Vorgaben der Europäischen Bankaufsichtsbehörde (EBA) für die nicht unmittelbar von dieser beaufsichtigten Banken um. Die BaFin „übernimmt grundsätzlich die Leitlinien und Fragen und Antworten […Q&As] der EBA […]“.[6], [7][8]

 

In diesem Beitrag wird auf die Neuerungen und Änderungen im Vergleich zur verabschiedeten Fassung und aktuell gültigen Fassung der MaRisk vom 27.10.2017 eingegangen.[9] Schwerpunktmäßig befasst sich die vorliegend Darstellung mit Non Performing Loans (NPL) bzw. Non Performung Exposures (NPE), dem Intensivbereich und der Problemkreditbetreuung, der Sicherheitenbewertung und den Themenbereichen Forbearance und den daraus folgenden Forborne-Risikopositionen. Basis der Analyse ist die Konsultation 14/2020 vom 26.10.2020.[10] Wenn im folgenden die konkreten Normen aus den MaRisk angesprochen werden, ist das Entwurfsstadium vom 26.10.2020 aus der Konsultation gemeint.

 

II. Änderungen im Allgemeinen Teil (AT) der MaRisK in Bezug auf NPL

 

1. Kriterium des hohen NPL-Bestandes

 

In MaRisk AT 2.1 wird in den Begründungen zunächst klargestellt, dass der Anwenderkreis für bestimmte Anforderungen sich auf Institute beschränkt, die eine Brutto-NPL-Quote[11] von mehr als fünf Prozent auf Einzelinstitutsebene oder in der (Teil-, konsolidierten) Gruppe aufweisen. Diese werden als Institute mit hohem NPL-Bestand gekennzeichnet.[12] Jedoch kann die Einhaltung dieser speziellen Anforderungen ggf. von der Aufsichtsbehörde auch von Banken verlangt werden, die einen wesentlichen Anteil an notleidenden Risikopositionen in einzelnen Portfolios aufweisen.[13] Ansonsten gelten diese Mindestanforderungen für alle Kreditinstitute.

 

Nach der Begründung in MaRisK AT 4.2 haben Institute mit einem hohen NPL-Bestand im Rahmen einer abgestimmten Gesamtstrategie bezogen auf NPL eine Zielrichtung für diese notleidenden Risikopositionen und einen entsprechenden Implementierungsplan festzulegen und diesen regelmäßig im Hinblick auf die Umsetzung zu überprüfen. Diese Pflichten treffen seitens der Bankorgane sowohl die Geschäftsleiter als auch die Aufsichtsräte[14] bzw. die Mitglieder des Aufsichtsorgans der öffentlich-rechtlich strukturierten Institute.

 

In AT 4.2. Tz. 3 wird dies konkretisiert. Demnach haben „Institute mit hohem NPL-Bestand eine Strategie für notleidende Risikopositionen einzuführen, um eine Reduzierung auf ein vorab festgelegtes NPE-Ziel (sofern es nicht das originäre Geschäftsmodell ist) über einen realistischen, aber hinreichend ambitionierten Zeithorizont vorzunehmen. Die folgenden Schritte bilden dabei die zentralen Bausteine für die Entwicklung und Umsetzung dieser Strategie:

 

- Beurteilung des operativen Geschäftsumfelds und der externen Bedingungen;

- Entwicklung der kurz-, mittel- und langfristigen Strategie für notleidende Risikopositionen und

- Umsetzung des Implementierungsplans.“

 

Die Beschäftigung der Institute mit der Geschäftsstrategie und der dort inkludierten Risiken, einschließlich der Risikokultur im Rahmen der Risikosteuerung und des Risikoappetits, haben in den letzten Novellierungen der MaRisk erheblich an Bedeutung gewonnen. Dies ist auch vor dem Hintergrund der Finanzmarktkrise, der COVID-Krise und der Problematik möglicherweise steigender Wertberichtigungen[15] als Folge der wirtschaftlichen Probleme zu sehen, der sich eine Reihe von Branchen durch die Pandemie gegenüber sieht.

 

In den Erläuterungen zu MaRisk AT 4.2 wird ausgeführt, dass eine Beurteilung des operativen Geschäftsumfelds und der externen Bedingungen in Bezug auf NPL zu erfolgen hat, hinsichtlich:

 

  • der jährlichen Selbsteinschätzung der tatsächlichen Situation von NPE-Beständen (Größenordnung und Ursachen notleidender Risikopositionen; Ergebnisse der in der Vergangenheit in Bezug auf notleidende Risikopositionen ergriffenen Maßnahmen sowie die vorhandenen operativen Kapazitäten). Das Ergebnis dieser Selbsteinschätzung ist der zuständigen Behörde zu übermitteln,

 

  • externer Bedingungen (z. B. Umfeldanalysen im Hinblick auf akzeptable Bestände notleidender Risikopositionen und Risikodeckung; Nachfrage der Anleger nach dem Erwerb notleidender Risikopositionen; Verfügbarkeit und Marktabdeckung spezialisierter Dienstleister; aufsichtsrechtlicher, rechtlicher und justizieller Rahmen),

 

  • der Auswirkungen der Strategie für notleidende Risikopositionen auf das Kapital der Bank (insbesondere Aufnahme geeigneter Maßnahmen in die Kapitalplanung, um sicherzustellen, dass das verfügbare Kapital stets einen nachhaltigen Abbau der notleidenden Risikopositionen in der Bilanz ermöglicht).

  [...]
Beitragsnummer: 13991

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