Montag, 25. Oktober 2021

Regulatorik erfordert technologische Transformation

Mit automatisierten Verfahren und konsolidierten Datenbanken den regulatorischen Umsetzungsaufwand überschaubar halten

Frank Schottenheim, Director Financial Institutions, Risikomanagement, PS Team GmbH

 

I. Einleitung 

Auf dem „SCHUFA-Branchentreff für die Deutsche Kreditwirtschaft“ im Oktober in Frankfurt war man sich einig: Die Regulatorik zwingt zu Zusatzkosten ohne Mehrwert und vor allem im gewerblichen Bereich übernehmen Kunden diese Kosten nicht. Es zeichnen sich erste Lösungen ab, mit denen sich die Prüfung und Bewertung kleinerer Engagements automatisieren lässt. Dazu müssen allerdings möglichst viele Branchenvertreter an einem Strang ziehen.

 

II. Leasinggesellschafen sehen aufsichtsrechtliche Neuerungen kritisch

„Glücklich macht es uns nicht.“ So das knappe Diktum von Dr. Claudia Conen, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands Deutscher Leasing-Unternehmen, zu den höheren Qualitätsstandards der EBA-Guidelines und dem gesamten Prozedere. Auf dem „SCHUFA-Branchentreff für die Deutsche Kreditwirtschaft“ betonte sie die Unterschiede der Geschäftsmodelle von Banken und Leasinggesellschaften und warnte vor „Gleichmacherei“. Nicht nur besäßen Leasinggeber die Objekte, sondern stelle sich die Unternehmenslandschaft auch völlig anders dar als im Bankensektor: Viele sehr unterschiedliche Finanzierer teilten sich den Markt. Größtenteils beschäftigten sie weniger als hundert Mitarbeiter und verfügten daher nicht über die Kapazitäten, um die geforderten Prüf- und Bewertungsverfahren umzusetzen. Vor allem um die Proportionalität werde in der Branche gerungen.

 

III. Sternstunde der Digitalisierung 

Wie man es auch dreht und wendet: Am Ende steht eine weitere Zunahme der regulatorischen Kosten, die die gesamte Finanzindustrie betreffen, und es ist zu bezweifeln, dass sich diese auf die Kunden abwälzen lassen. Zwar sind Kreditengagements ohne Ausfall im Interesse der Branche. Noch überwiegt allerdings Ratlosigkeit, wie Sicherheiten zu realistischen Kosten regelmäßig bewertet werden können. Einig war man sich auf dem Branchentreff, dass spätestens jetzt die Stunde intelligenter Technik schlägt, mit der sich Vergabeprozesse und Bewertungen ein Stück weit automatisieren und standardisieren lassen. 

 

1. Kapitaldienstfähigkeit nimmt an Bedeutung zu

Auch Leasinggesellschaften sind gefordert, neben dem Wert der Objekte die Bonität ihrer Kunden zu betrachten. Thomas Schmidt, Partner der Plenum AG, empfahl Instituten, gezielt Informationen zu sammeln, die ihnen beim Risikomanagement helfen. Kai Axer, Head of NPL & Asset Management bei PEAC Finance, stimmte aus Praxissicht zu: Da das Leasing als Finanzierungsmodell immer wichtiger geworden sei, gelte es, Kreditnehmer und die zu finanzierenden Objekte als Einheit zu betrachten. „Auch die Kapitaldienstfähigkeit der Kunden ist wichtig“, so der Risiko- und Asset-Experte. 

 

2. Automatisierung nach Relevanz gestaffelt

Gute Erfahrungen hat die PEAC Finance mit der automatisierten Prüfung gemacht. Sie ist heute in der Lage, Finanzierungen unterhalb einer gewissen Relevanzgrenze mit einem „vollautomatischen No-Touch-System“ zu bearbeiten. Voraussetzung dafür war, dass der entsprechende Prozess schnell und effizient aufgesetzt wurde. Auch für PS Team liegt in der technologischen Transformation der Leasinggesellschaften, aber auch von Banken und anderen Finanzdienstleistern der Schlüssel, um mit den regulatorischen Herausforderungen zurande zu kommen. Dabei ist der Gesamtprozess zu betrachten und es bleiben einige Herausforderungen zu lösen.

 

IV. Belastbare Datenbasis

Eines der größten Hindernisse für automatisierte Vergabe- und Prüfprozesse ist der Mangel an verlässlichen statistischen Daten. Da die Sicherheiten nur selten zurückgegeben werden, erheben die Finanzierer kaum Verwertungsdaten am Ende der Laufzeit. Vor allem für das Breitengeschäft muss es standardisierte durchgängige Prozesse geben. Voraussetzung auch hier: granulare Daten, aus denen sich Prognosewerte ableiten lassen. Zum einen kommt es auf die Fülle an Daten an, zum anderen auf das Auswertungs-Know-how. Entscheidend ist, dass beides an einem Ort gesammelt und verdichtet wird. 

 

1. Gesammelte Daten von Bewertungspartnern 

Vor einigen Monaten brachte PS Team das Bewertungstool Value Guard auf den Markt, das genau diese Funktion übernehmen soll. Es bietet Finanzdienstleistern eine Reihe von Möglichkeiten, um Wertentwicklungen oder Zeitwerte von Investitionsgütern regulatorisch sauber zu ermitteln, und generiert Datensätze, die als Basis für eine Portfolio- oder Einzelbewertung sowie zum Backtesting eigener Wertansätze herangezogen werden können.

Neben den verwendeten Algorithmen und einem End-zu-End-fähigen Prozess entscheidet die Datenqualität und -fülle über den Nutzen des Tools. Von Beginn an waren die Maschinendatenspezialisten von der NetBid AG integriert. Nun konnten zwei weitere Datenschwergewichte gewonnen werden: Der Geschäftsbereich Valuplex des Industrieauktionshauses Surplex verfügt über eine sehr umfangreiche Datenbank im Bereich Metall- und Holzbearbeitung. MBKvaluations ist auf Nutzfahrzeuge aller Art, Anhänger und Auflieger spezialisiert. Je mehr Spezialwissen in die Plattform einfließt, desto besser ist sie geeignet, ebenfalls spezialisierte Leasinggesellschaften in ihrem Risikomanagement und die Finanzindustrie insgesamt bei der Bewertung diverser Maschinen und Anlagen im Massengeschäft zu unterstützen – bis hin zum Handwerksbetrieb. Zugleich setzen Finanzierer damit die in den EBA-Richtlinien formulierte Anforderung um, die Expertise eines unabhängigen Dritten einzubeziehen.

 

2. Herausforderung ESG

ESG (Environmental Social Governance)-Kriterien müssen nicht nur in die Bewertung einfließen, Finanzdienstleister sind vielmehr gefordert, kurzfristig ESG-relevant zu agieren. Der Wertverlust von Fahrzeugen mit Dieselmotoren dürfte nur ein kleiner Vorgeschmack auf das gewesen sein, was in den nächsten Jahren auf die Branche zukommt. CO2-intensive Technologien beispielsweise werden dramatisch an Wert verlieren. Zu nachhaltigen Alternativen liegen kaum Daten vor, da die Lösungen gerade im Entstehen begriffen sind. Um mit der Bepreisung von Krediten nicht vollkommen danebenzuliegen und Risiken einigermaßen vernünftig einschätzen zu können, bedarf es ausgefeilter Analysetools – und einer immensen Datenbasis, mit der sie lernen können. Gut, dass die Branche begonnen hat, sich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen und digitale Tools in ihr Tagesgeschäft zu integrieren.

 

PRAXISTIPPS

  • Beginnen Sie Aspekte des Risikomonitorings Ihrer Kredite zu automatisieren! So sichern Sie die Wirtschaftlichkeit Ihrer Engagements.
  • Betrachten Sie den Kreditnehmer und die zu finanzierenden Objekte als Einheit! Wenn Sie über vielfältige Informationen verfügen, schätzen Sie Risiken realistisch ein.
  • Stellen Sie sich darauf ein, dass ESG-Kriterien schnell an Relevanz gewinnen werden, und entwickeln Sie Methoden für die Bewertung neuer Technologien!

Beitragsnummer: 16040

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