Sonntag, 30. Mai 2021

Green Finance - "grüne Immobilienfinanzierung"

Gesicherte Identifikation „grüner Immobilien“ in der privaten Wohnungsbaufinanzierung: regulatorisches Übel oder mit Blick auf sozioökonomische Marktchancen ein Muss?

Elvira Nowak, Projektleiterin nachhaltiges Kreditgeschäft, Team Nachhaltigkeit und ESG, LBBW

Unter Green Finance versteht man die Finanzierung von Vorhaben mit positivem ökologischen Nutzen. Das Emissionsvolumen von Green Bonds und Green Loans ist in den letzten Jahren rasant gestiegen. Bereits heute gehört Deutschland zu den größten Green-Bond-Emittenten mit einer der höchsten Wachstumsraten. Gleichwohl übersteigt die Nachfrage nach grünen Anleihen das derzeitige Angebot um ein Vielfaches. Dieses Marktungleichgewicht gilt es durch mehr Marktwachstum auszugleichen. Vorteile von Green Finance sind der Reputationsgewinn, hohe mediale Aufmerksamkeit und die Erweiterung des Investorenkreises, wodurch eine breitere Finanzierungsbasis geschaffen werden kann.

Investoren können davon profitieren, indem sie einen besseren Zugang zu Fremdkapital und dieses zu günstigeren Konditionen erhalten. Während die Hereinnahme „grüner Masse“ bei großvolumigen Immobilienfinanzierungen die Regel ist, spielen Nachhaltigkeitsaspekte bei der Kreditvergabe im Mengengeschäft noch kaum eine Rolle. Für die Zukunft besteht aus verschiedenen aufsichtsrechtlichen Normen und aus geschäftspolitischen Erwägungen heraus Anpassungsbedarf.

Mit dem Pariser Klimaschutzabkommen Ende 2015 wurde die Limitierung der globalen Erwärmung auf höchstens 2°C, mit Anstrengungen für eine Beschränkung auf 1,5°C, als globales Ziel für den Klimaschutz beschlossen. Auch für Deutschland haben diese Ziele Gültigkeit, weswegen nationale Klimaschutzabkommen formuliert und umgesetzt werden. Ein Ziel des Energiekonzeptes der Bundesregierung ist die Schaffung eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestandes. Damit ist der Immobilienbereich direkt von klimapolitischen Regulierungen betroffen. Da Gebäude und Bau einen Anteil von über 35 % des globalen Endenergieverbrauchs und fast 40 % an den globalen energiebedingten CO2-Emissionen ausmachen, können sie einen wichtigen Beitrag zur Erreichung der Ziele leisten. (Quelle: Research Studie LBBW) 

Die wichtigste Voraussetzung für grüne Immobilienfinanzierungen ist die Beurteilung und Klassifizierung von Gebäuden anhand ihrer Nachhaltigkeitsaspekte. Denn nur ca. 15 % des nationalen Immobilienbestandes fallen unter die Kategorie „grün“. Um absehbare Entwicklungen wie den Anstieg der CO2-Steuer und deren Einfluss auf den Wert der Immobilie antizipieren zu können, muss zunächst ihr Status quo mittels eines geeigneten Datensets bereits im Geschäftsanbahnungs-Prozess erfasst werden. Ziel soll sein, ein geeignetes System der Erfassung und Auswertung der Nachhaltigkeitskriterien von Immobilien, beginnend mit den energetischen Eigenschaften (Energieeffizienz) und dem energetischen Potenzial (Energieerzeugung und -speicherung) zu schaffen, um eine Einordnung in die Umweltziele 1 und 2 der EU-Taxonomie (Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel) vornehmen zu können.

Fazit

Aufgrund großer Erwartungen an die Kreditwirtschaft im Bereich nachhaltige Finanzprodukte von Politik, Aufsicht, Gesellschaft und Kunden ist die Zukunft ohne grüne Immobilienfinanzierung kaum denkbar, jedoch sind insbesondere im Mengengeschäft eine dateneffiziente Integration in digitale Prozesse von entscheidender Bedeutung. Manuelle Schritte erhöhen Prozesskosten und sind zu vermeiden. Gelingt es, „grüne Immobilien“ in der privaten Wohnungsbaufinanzierung datenbasiert und ökonomisch effizient zu finanzieren, können dem Kunden darüber hinaus zahlreiche nachhaltige Anlage-, Spar- und Finanzprodukte angeboten und gleichzeitig regulatorische Anforderungen erfüllt werden. 

PRAXISTIPPS

  • Um absehbare Entwicklungen wie den Anstieg der CO2-Steuer und deren Einfluss auf den Wert der Immobilie antizipieren zu können, sollte ihr Status quo mittels eines geeigneten Datensets bereits im Geschäftsanbahnungs-Prozess erfasst werden.
  • Schaffen Sie ein geeignetes System für die Erfassung und Auswertung von Nachhaltigkeitskriterien von Immobilien – beginnend mit den energetischen Eigenschaften (Energieeffizienz) und dem energetischen Potenzial (Energieerzeugung und -speicherung) für eine Einordnung in die Umweltziele 1 und 2 der EU-Taxonomie (Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel).

Beitragsnummer: 18116

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