Montag, 25. Oktober 2021

Insourcing-Verträge aus Sicht der Internen Revision

Eine Beleuchtung von Insourcing aus Verbundverträgen im Kreditgeschäft

Simon Hirzel, Leiter Interne Revision, Volksbank Breisgau Nord eG

Einleitung

Die Kreditvermittlung hat in den vergangenen Jahren eine zunehmende Bedeutung erfahren. Zum einen in Form von Vermittlungen von Finanzierungen durch Finanzberater an die Banken, zum anderen in Form von Vermittlungen von Geschäftsbanken an spezialisierte Banken, regelmäßig innerhalb des Bankenverbunds. 

Hierbei kam es in den vergangenen Jahren zu prozessualen Änderungen in den Verträgen, im Wesentlichen in der Gestalt, dass bestimmte Tätigkeiten von den Spezialbanken im Rahmenvertrag auf die Geschäftsbanken übertragen wurden. Im Rahmen der Kreditvermittlung gehören hierzu neben der Beratungstätigkeit insbesondere die Prüfung der Kapitaldienstfähigkeit und der Sicherheitenbewertung.

Insourcing meint in diesem Beitrag also nicht die in der Literatur auch zu findende Definition der Wiedereinlagerung, sondern die Übernahme von ggf. auch bereits im eigenen Geschäft vorkommenden Tätigkeiten für einen Dritten. 

In der Revisionslandschaft von Primärbanken waren diese Verträge bisher nur selten Thema, obwohl die Bank sich hierbei „auf den anderen Stuhl“ der Auslagerungsseite setzt. Auf die sich daraus ergebenden Pflichten und möglichen Fallstricke wird im Folgenden eingegangen.

 

Pflichten von Insourcingunternehmen

Ganz grundsätzlich gilt für eine Bank, die Insourcing betreibt, selbstverständlich § 25a KWG, der sich auch auf die übernommenen Dienstleistungen bezieht.

Genauer werden die Pflichten dann in den MaRisk definiert. AT 9 führt die Institutspflichten bei Auslagerungen auf, welche im Rahmen der neuesten Fassung vom 16.08.2021 noch einmal erweitert wurden. Umgekehrt ergeben sich hierdurch selbstverständlich auch Pflichten für die Auslagerungsunternehmen selbst, die ihren Auftraggebern ermöglichen müssen, aufsichtsrechtlich konforme Prozesse zu gestalten. 

Von besonderer Relevanz ist hier AT 9 Tz. 7 MaRisk, der entsprechende Vorgaben zu den Vertragsinhalten regelt und u. a. die Festlegung von Informations- und Prüfungsrechten sowie von Berichtspflichten vorsieht. Hieraus lassen sich die Grundanforderungen für das als Dienstleister auftretende Institut ableiten.


Fallstricke in der Praxis

Innerhalb des Verbundes wird wegen der Vielzahl der betroffenen Banken auf Standardverträge des auslagernden Instituts zurückgegriffen. Diese entsprechen i. d. R. den Anforderungen der MaRisk, was natürlich für beide Seiten positiv ist. Änderungen am Vertragstext sind jedoch üblicherweise nicht möglich, was in der Folge bei den Prozesserfordernissen zu Schwierigkeiten führen kann, wenn Vertragsbedingungen definiert werden, die nicht den üblichen Prozessen der Bank entsprechen.

So stellt sich also bereits die Frage, ob alle vom Vertrag Betroffenen bei der Vertragsanbahnung beteiligt und die Umsetzbarkeit der Anforderungen beleuchtet werden. Zu nennen sind hier der Vertrieb, der Kreditbereich, das Auslagerungsmanagement und nicht zuletzt die Interne Revision, da Auslagerungsüberwachung auf der einen Seite ja auch das Berichten auf der anderen Seite bedeutet. 

In der genossenschaftlichen Praxis stellt sich diese Frage auch vor dem Hintergrund, dass Kreditvermittlungen im Verbund schon seit vielen Jahren praktiziert werden, Auslagerungstatbestände aber erst in jüngerer Vergangenheit durch Übertragung von bestimmten Prozesstätigkeiten geschaffen wurden. Hier reichte es regelmäßig nicht, nur den geänderten Vertrag zu unterschreiben und das bisherige Geschäft weiter zu betreiben.

Den vorgenannten Überlegungen folgend ist ein Punkt, der bei der Vertragsanbahnung bereits ausreichend beleuchtet werden sollte, eventuell notwendig werdende Prozessanpassungen. Gerade im Bereich der Kreditvermittlung gibt es normalerweise seitens des auslagernden Instituts genaue Vorgaben zur Vornahme von Kapitaldienstprüfungen und Beleihungswertermittlungen, da nur so sichergestellt werden kann, dass einheitlich zu bewertendes Geschäft generiert wird. 

Während die Beleihungswertermittlungen nach einem bestimmten Verfahren vorzunehmen ist, wobei sich hier die BelWertV zunehmend durchsetzt, aber auch noch gruppeneigene Verfahren bestehen, sind für die Berechnung der Kapitaldienstfähigkeit viele unterschiedlich ausgestaltbare Paramater denkbar. Bei der Beleihungswertermittlung kann insofern eine notwendige Prozessanpassung durch Umstellung des Wertermittlungssystems noch vergleichsweise einfach erreicht werden.

Ganz anders stellt sich dies bei der Kapitaldienstermittlung dar. Hier bestehen üblicherweise zwar ähnliche, aber keine identischen Regeln der einzelnen Institute, denn selbst die Wohnimmobilienkreditrichtlinie trifft hierzu keine detaillierten Vorgaben und lässt den Banken entsprechenden Gestaltungsraum. Zur Erfüllung der Vertragspflichten ist es jedoch unabdingbar, die genauen Vorgaben des auslagernden Instituts zu beachten, selbst wenn diese im Widerspruch zu den eigenen Anforderungen stehen. 

Grundsätzlich muss sich die Bank also entscheiden, ob sie die eigenen Geschäfte weiterhin nach ihren Anforderungen durchführen will, oder aber sich dem auslagernden Institut generell anpasst. Will sie dies nicht, muss dennoch sichergestellt werden, dass Kreditvermittlungen nach den korrekten Parametern geprüft werden. Dies führt vor allem dann, wenn eine Finanzierung aus eigenen Darlehen (kurz- und mittelfristige Zinsbindungen) und Darlehen des Verbundpartners (langfristige Zinsbindungen) besteht, zur Notwendigkeit einer doppelten Betrachtung der Kapitaldienstfähigkeit, welche nach beiden Anforderungen erfüllt sein muss.

Sofern dies technisch abbildbar ist und Werte automatisiert von der einen Berechnung in die andere übernommen werden können, liegt noch keine nennenswerte Prozessschwierigkeit vor. Ist dies jedoch nicht möglich, wird es erforderlich in manueller Arbeit eine weitere Kapitaldienstbetrachtung vorzunehmen, mit der Folge der gesteigerten Komplexität für den einzelnen Mitarbeiter. Damit einhergehend steigen in solchen Fällen die Prozesskosten sowie die Fehleranfälligkeiten. 

In der Praxis kann sich hier gerade beim Vermitteln von Krediten an mehrere Partnerbanken das Problem der korrekten Berücksichtigung zunehmend verschärfen. Beispielsweise gibt es im genossenschaftlichen Finanzverbund bislang keine einheitlichen Anforderungen der entsprechenden Institute. Dies macht die Umsetzung eines vertragskonformen Geschäfts mit mehreren Verbundpartnern komplex. Hier stellt sich die Frage, ob bei einer Vielzahl von notwendig werdenden Berechnungsansätzen tatsächlich noch die erforderliche Prozesseffizienz gegeben ist, um angesichts der engen Margen ein ertragsstarkes Geschäft zu generieren. In diesem Zusammenhang sollte ggf. die Konzentration auf einen Vertragspartner oder aber die technische Umsetzbarkeit bzw. Automatisierung geprüft werden.

Auch sollte klar geregelt sein, wer die jährlichen Bestätigungen an die Verbundunternehmen abgibt, in denen die ordnungsgemäße Bearbeitung bescheinigt wird. Dies sollte nur durch die Interne Revision selbst erfolgen und keinesfalls durch die Fachbereiche, weil nur so ein unabhängiges und somit uneingeschränkt vertrauenswürdiges Urteil erreicht wird. Da die Verbundunternehmen häufig selbst entsprechende Vordrucke versenden, sollte prüfungsseitig darauf geachtet werden, dass diese auch bei der Internen Revision ankommen und von dieser beantwortet werden. 

 

Fazit

Die Vermittlung von Krediten innerhalb des Verbundes ist allein schon aufgrund der langen Zinsbindungen vertrieblich sehr interessant, kann jedoch durch die vertraglichen Anforderungen und die Ausgestaltung der eigenen Prozesse an ihre Grenzen kommen. Revisionsseitig sollte daher die Einhaltung der Vertragsvorgaben regelmäßig überprüft werden. Kommt es hier zu prozessualen Fehlern, ist schnell die Wesentlichkeit von Mängeln erreicht, was Berichtspflichten an das auslagernde Unternehmen sowie die Aufsicht auslöst. Daher kann es besser sein, sich nicht zu breit aufzustellen, sondern die Prozesse sauber auf wenige Partner abzustimmen. 


PRAXISTIPPS

  • Betrachten Sie die vollumfängliche Vertragserfüllung der KDF und Sicherheitenbewertung.
  • Prüfen Sie bei mehreren Vermittlungspartnern, inwiefern die Prozesseffizienz gegeben ist.

Beitragsnummer: 18135

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