Montag, 7. Juni 2021

EBA definiert Prozesse bei Überschreitungen der Großkreditgrenzen

Liebe Leserinnen und Leser,

für die aktuelle Ausgabe unseres BankPraktiker konnte ich ein Interview mit Markku Lindstedt, Inhaber M. Lindstedt Unternehmensberatung, über das Thema „EBA definiert Prozesse bei Überschreitungen der Großkreditgrenzen nach CRR II neu“ führen. 

Hierbei spiegeln die Aussagen von Herrn Lindstedt seine persönliche Meinung wider. 

Blatz: Guten Tag Herr Lindstedt. Mit Anwendung der CRR II zum 28.06.2021 erfahren auch die Vorgaben zum Umgang mit Überschreitungen der Großkreditgrenzen einige Änderungen. Was sind die Ziele und Beweggründe für diese Änderungen? 

Lindstedt: Guten Tag Herr Blatz. Ziel ist vor allem die Vereinheitlichung der EU-weiten Aufsichtspraxis im Falle von Großkreditüberschreitungen. Die Anpassungen in Art. 396 (1) CRR heben besonders die individuelle Kommunikation zwischen dem Institut und der zuständigen Aufsichtsbehörde hervor, insbesondere dann, wenn es in „außergewöhnlichen Umständen“ ausnahmsweise zu Großkreditüberschreitungen kommt. Für die Definition der außergewöhnlichen Umstände, den Zeitraum bis zur Wiedereinhaltung der Grenze und den dafür zu ergreifenden Maßnahmen wurde von der EBA ein Mandat zur Vorgabe einer Leitlinie erteilt. Mit dem am 17.02.2021 veröffentlichen Konsultationspapier (EBA/CP/2021/03) ist die EBA diesem Mandat nachgekommen. Auch wenn die Konsultationsfrist noch bis Mitte Mai läuft, sind bereits jetzt einige Handlungsfelder für die Institute ersichtlich.

Blatz: Was sind, Ihrer Meinung nach, die wichtigsten Inhalte des Konsultationspapiers?  

Lindstedt: Gemäß Art. 395 CRR sind die Großkreditobergrenzen jederzeit einzuhalten. Jeder Umstand, der zu einer Überschreitung der Obergrenzen außerhalb des Handelsbuchs führt, muss demzufolge bereits per Definition als „außergewöhnlich“ gelten, da ansonsten eine bewusste oder zumindest fahrlässige Aushebelung dieser Vorgabe vorläge. Die EBA-Leitlinien definieren nun, was grundsätzlich unter „außergewöhnlichen Umständen“ zu verstehen ist, vor allem, um diese bspw. von wiederkehrenden Ereignissen, die im Einflussbereich des Instituts stehen, abzugrenzen. Des Weiteren wird geregelt, welche Informationen im Fall einer Großkreditüberschreitung typischerweise bereitzustellen sind, wie die Zeitspanne bis zur Rückführung unter die Obergrenze definiert wird und welche Maßnahmen hierfür durch das Institut zu ergreifen sind.

Blatz: Was sollten aus ihrer Sicht die nächsten Schritte der Institute sein und welche Auswirkungen erwarten Sie für die Institute? 

Lindstedt: Großkreditüberschreitungen können aus einer Vielzahl an Gründen entstehen. Die neuen EBA-Leitlinien geben insbesondere den Aufsichtsbehörden ein zusätzliches Werkzeug an die Hand, um Überschreitungen unter nicht vorhersehbaren „außergewöhnlichen Umständen“ von solchen abzugrenzen, die eher auf Schwächen in Governance, Prozessen und Kontrollen im jeweiligen Institut zurückzuführen sind. Institute sollten die Leitlinie daher als Qualitätssicherung für die Güte und Qualität der eingerichteten Prozesse für die Kreditvergabe, Limitüberwachung und für das Meldewesen verstehen. Institute sollten daher ihre Prozesse „front to end“ untersuchen, um die vielen Zuarbeiten von unterschiedlichen Stellen in der Organisation besser abzustimmen. Etwaige Lücken im Kontrollrahmenwerk sollten zeitnah geschlossen werden. Zusätzlich sollten Institute die Historie der Überschreitungen in ihren Häusern untersuchen, um eventuelle Muster zu erkennen und ggf. proaktiv Maßnahmen zu ergreifen. Hierüber lassen sich auch etwaige Maßnahmen von Aufsichtsbehörden bei zukünftigen Überschreitungen besser abschätzen.

Blatz: Vielen Dank für das Gespräch!


Beitragsnummer: 18207

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