Donnerstag, 8. Juli 2021

Abgrenzung Verbraucher und Unternehmer als Darlehensnehmer

Risiken insbesondere bei GbRs und Immobilienfinanzierungen

Prof. Dr. Patrick Rösler, Rechtsanwalt und Vorstandsvorsitzender FCH Gruppe AG und 

Dr. Volker Lang, Bonn.


I. Bedeutung der Unterscheidung 

Für die Praxis des Darlehensrechts ist von erheblicher Bedeutung, ob der Vertragspartner der Bank als Verbraucher oder als Unternehmer zu qualifizieren ist. Es ranken sich zahlreiche Auseinandersetzungen um diese Frage. Denn der Verbraucher genießt als Darlehensnehmer den weitgehenden Schutz des Verbraucherdarlehensrechts nach §§ 491 ff. BGB[1].

Gelegentlich ist festzustellen, dass sich Darlehensnehmer als Verbraucher gerieren, obwohl die Darlehensaufnahme tatsächlich zu gewerblichen Zwecken erfolgt ist, etwa im Bereich des Bauträgergeschäfts oder der Vermögensanlage. Auf der anderen Seite wurde – häufig aus vermeintlichen Vorsichtsgründen – eine Verbrauchereigenschaft zugrunde gelegt, obwohl es sich tatsächlich um einen gewerblichen Darlehensnehmer handelt. In diesen Fällen werden die vertraglichen Zugeständnisse auch gegenüber dem Unternehmer gelten, da diese explizit vereinbart wurden. Auf Rechte des Verbrauchers, die sich ausschließlich aus dem Gesetz ergeben, kann sich ein Unternehmer dagegen nicht berufen.

Der Begriff des Verbrauchervertrages ist in § 310 Abs. 3 BGB geregelt. Hiernach handelt es sich um einen Vertrag zwischen einer in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelnden Person (§ 14 Abs. 1 BGB) und einer natürlichen Person, die ihn zu privaten, also nicht ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit zuzurechnenden Zwecken, schließt (§ 13 BGB). Paradigmatisch ist in diesem Zusammenhang das Darlehensrecht. So gelten die §§ 491 bis 512 BGB nur für Verbraucherdarlehen, d. h. für Darlehen, die zwischen einem Kreditinstitut (dessen Unternehmereigenschaft stets vorliegt) und einem Verbraucher i. S. d. § 13 BGB abgeschlossen werden. Dies zieht einschneidende Konsequenzen nach sich.

II. EU-rechtliche Grundlagen

Das Unionsrecht legt einen funktionalen Verbraucherbegriff zugrunde, der den Verbraucher in seiner Rolle als natürliche Person definiert. Das europäische Verbraucherrecht stellt hierbei nicht auf die konkrete Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers ab, sondern geht von rollenbezogenen typisierten Vorgängen aus, welche die Schutzbedürftigkeit auslösen sollen[2].

Hinsichtlich des Verbraucherbegriffs in Art. 13–15 EuGVÜ stellt der EuGH darauf ab, dass die andere Vertragspartei den nicht beruflich-gewerblichen Zweck des Geschäftes zu Recht deswegen nicht zu kennen brauchte, weil der vermeintliche Verbraucher in Wirklichkeit durch sein eigenes Verhalten gegenüber seinem zukünftigen Vertragspartner bei diesem den Eindruck erweckt hat, dass er zu beruflich-gewerblichen Zwecken handelte. 

In der Rechtssache „Francesco Benincasa gegen Dentalkit Srl.“[3] hat der EuGH klargestellt, dass der Begriff des Verbrauchers i. S. der Art. 13 Abs. 1, 14 Abs. 1 EuGVÜ eng auszulegen und nach der Stellung dieser Person innerhalb des konkreten Vertrags in Verbindung mit dessen Natur und Zielsetzung zu bestimmen ist. Auf die subjektiven Kenntnisse soll es nicht ankommen. Dies hat zur Folge, dass ein und dieselbe Person im Rahmen bestimmter Geschäfte einmal als Verbraucher und im Rahmen anderer Geschäfte als Unternehmer qualifiziert werden muss. Der EuGH hat daraus abgeleitet, dass nur Verträge, die eine Einzelperson ohne Bezug zu einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit oder Zielsetzung allein zu dem Zweck abschließt, ihren Eigenbedarf beim privaten Verbrauch zu decken, unter die Sonderregelung fallen, die das EuGVÜ zum Schutz des Verbrauchers als des als schwächer angesehenen Vertragspartners vorsieht. Ein solcher Schutz sei dann nicht gerechtfertigt, wenn der Zweck des Vertrages beruflicher oder gewerblicher Natur ist. [...]
Beitragsnummer: 18267

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