Freitag, 6. August 2021

Fahrzeugkaufvertrag und Anschlussfinanzierung – verbundene Geschäfte?

Fahrzeugkaufvertrag und eine ca. drei Jahre später erfolgte Anschlussfinanzierung können verbundene Geschäfte i. S. v. § 358 Abs. 3 BGB sein

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner

In seinem Urt. v. 08.06.2021 Az. XI ZR 165/20 (WM 2021, 1315) hat der Bundesgerichtshof entgegen den beiden Vorinstanzen festgehalten, dass ein Darlehensvertrag und ein Fahrzeugkaufvertrag auch im Falle einer Anschlussfinanzierung verbundene Geschäfte i. S. v. § 358 Abs. 3 BGB sein können.

Dieser Entscheidung lag nach dem unstreitigen Tatbestand ein Fall zugrunde, in welchem ein Verbraucher im August 2013 einen neuen Pkw zu einem Kaufpreis von € 40.880,00 erworben hatte, welchen er wiederum durch Abschluss eines Darlehensvertrages voll finanzierte. In diesem Finanzierungsdarlehensvertrag war wiederum vereinbart, dass das Darlehen in 36 monatlichen Raten und durch die Zahlung einer Schlussrate in Höhe von € 28.176,92 getilgt werden soll. Nachdem der Käufer offenbar nicht in der Lage war, die Schlussrate bei Fälligkeit aus eigenen Mitteln zu bezahlen, schloss er mit seiner Bank zur Finanzierung dieser Schlussrate drei Jahre später im September 2016 einen neuen Darlehensvertrag ab. 

In der Revisionsinstanz beim BGH war, soweit ersichtlich, nur noch streitig, ob der Käufer seine auf Abschluss dieses Anschlussfinanzierungsvertrages gerichtete Willenserklärung widerrufen könne, weil er nicht über die sich aus den §§ 358, 359 BGB ergebenden Rechte und über die Bedingungen für die Ausübung dieser Rechte informiert wurde. Anders als die Vorinstanzen, die das Bestehen eines Widerrufsrechts mit der Begründung abgelehnt hatten, der Käufer habe mit dem Anschlussfinanzierungsvertrag aus dem Jahr 2016 lediglich seine Schlussrate und nicht den Kaufpreis für den Pkw-Erwerb finanziert, gelangt der Bundesgerichtshof in seinem Urt. v. 08.06.2021 zum Ergebnis, dass auch der Anschlussfinanzierungsdarlehensvertrag aus dem Jahr 2016, jedenfalls in Höhe der Schlussrate, der Finanzierung des Fahrzeugkaufvertrages aus dem Jahr 2013 gedient habe. Dem stehe, so der BGH weiter, nicht entgegen, dass es sich bei dem Darlehnsvertrag aus dem Jahr 2016 lediglich um einen Folgevertrag zu dem Darlehensvertrag 2013 gehandelt habe und dass mit dem neuen Vertrag die fällige Schlussrate aus dem Darlehen aus dem Jahr 2013 abgelöst wurde. Vielmehr habe das Darlehen aus dem Jahr 2016 der Tilgung des nach dem Leistungsgeschäft geschuldeten Restentgeltes gedient und müsse daher als verbundenes Geschäft i. S. v. § 358 Abs. 3 BGB angesehen werden.

PRAXISTIPP

Der Bundesgerichtshof verkennt in seiner vorstehenden Entscheidung, dass der Kaufpreis für den Erwerb des neuen Pkw in voller Höhe allein und ausschließlich durch den Abschluss des ersten Darlehensvertrages im März 2013 finanziert wurde. Die Tatsache, dass der Käufer entgegen seiner ursprünglichen Planung bei Fälligkeit die Schlussrate nicht aus eigenen Mitteln zahlen konnte, sondern zur Finanzierung dieser Schlussrate im Jahr 2016 ein neues Darlehen aufnahm, kann nach hiesiger Auffassung nicht dahingehend ausgelegt werden, dass der Käufer den ursprünglichen Kaufpreis jedenfalls i. H. d. Schlussrate auch mit diesem neuen Anschluss-Darlehensvertrag finanziert hat. Vielmehr diente der Abschluss des neuen und dem Darlehensnehmer ein neues Kapitalnutzungsrecht gewährenden Darlehensvertrags im Jahr 2016 ausschließlich und allein der Finanzierung der fälligen Schlussrate aus dem ersten Darlehensvertrag, welche der Käufer/Darlehensnehmer nach dem Inhalt des ersten Darlehensvertrages aus dem Jahr 2013 aus eigenen Mitteln zurückführen wollte und musste. Insofern diente die Anschlussfinanzierung lediglich der Finanzierung der nach dem ersten Vertrag fälligen Schlussrate und hatte mit dem vor drei Jahren erfolgten Pkw-Erwerb nichts mehr zu tun. 


Beitragsnummer: 18297

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