Donnerstag, 30. September 2021

Mut zur Veränderung: Haspa bringt Transformation ins Rollen

Märkte und Kundenanforderungen verändern sich immer schneller. Die Hamburger Sparkasse (Haspa) hat dies bereits erkannt und befindet sich inmitten eines fundamentalen Transformationsprozesses. Neben technischen Aspekten spielt vor allem der ganzheitliche Kulturwandel eine zentrale Rolle. So stellt die Haspa den Status-quo konsequent auf den Kopf, geht Prozesse und Strukturen an und schafft mehr Freiraum zugunsten flacherer Hierarchien. 

Ein Gespräch mit Olaf Oesterhelweg, Vorstand der Haspa für Kundengeschäft, Marketing und Transformationsmanagement.

 

Heidi Bois:

Die Hamburger Sparkasse (Haspa) auf dem Weg in die neue Welt – was genau können sich unsere Leser darunter vorstellen, wie sieht diese Reise aus? 

Dr. Olaf Oesterhelweg

Wir treiben seit knapp einem Jahr die wohl größte Transformation in unserer Unternehmensgeschichte voran und bauen eine Haspa, die auch für kommende Generationen attraktiv ist. Ein strategisches Handlungsfeld ist hierbei unser Kulturwandel. Denn wenn wir die Digitalisierung meistern wollen, brauchen wir die richtige Basis, ein tragendes Fundament – und das ist unsere Unternehmenskultur. Im Kern geht‘s darum, jeden einzelnen Menschen in unserer Organisation zu ermutigen und zu befähigen, das eigene Potenzial zu heben, mit Ideen zu gestalten – und das mit flacheren Hierarchien und Führungskräften, die ihre Mitarbeiter:innen auf Augenhöhe unterstützen und Eigenverantwortung fördern. Das wiederum ermöglicht uns, schnell Entscheidungen zu treffen und flexibel auf Neues zu reagieren. 

 

Heidi Bois:

Wurden bereits Neuerungen umgesetzt oder Innovationen geschaffen, und wenn ja, welche? Welche Veränderungen bringt das für Ihre Geschäftsfelder Kredit, Konto, Anlage und in den internen Bereichen?

Dr. Olaf Oesterhelweg

Einiges sind wir schon angegangen. Wir haben mehr Freiraum zugunsten flacherer Hierarchien geschaffen, unser Führungsverhalten und unsere Struktur neu definiert, damit die Menschen in unserer Haspa mehr Verantwortung bekommen. So verkürzen sich Entscheidungswege und wir gewinnen mehr Geschwindigkeit. Aus unserer neuen Aufstellung heraus sind vier Kundenriesen entstanden. Das sind agile, crossfunktionale Teams, die ausgehend vom Kundenbedürfnis arbeiten. Ihr Fokus hat sich vom reinen Produktangebot, wie z. B. der klassischen Baufinanzierung, hin zu einem Lösungsanbieter verschoben. Nehmen wir das Beispiel „Wohnen“. Durch die Einbindung unserer Partner – wie dem Grundeigentümerverband, Renova oder auch der Hamburger Feuerkasse – bieten wir den Personen mit Immobilienbesitz, aber auch denen, die es noch werden möchten, Lösungen entlang der gesamten Journey. 

Zu unserem Kulturwandel gehört auch, sich gegenseitig stark zu machen, Wissen zu teilen und Erfolge gemeinsam zu feiern. Dafür braucht es Plattformen und Raum, deshalb haben wir eine Mitmach-App für alle Kolleg:innen an den Start gebracht – Haspa2Go. Die App möchte aktivieren, inspirieren und vernetzen, damit jeder den Wandel mitgestalten kann. Durch dieses neue Kommunikationstool hat der Informationsfluss in der Haspa stark an Geschwindigkeit gewonnen

 

Heidi Bois:

Wie sind Sie auf diese Innovationen gekommen?

Dr. Olaf Oesterhelweg

Zum einen weist unser Transformationsteam uns den Weg. Es gibt Impulse und trägt den Wandel in jede Ecke unserer Haspa. Aber unser Kulturwandel lebt ja nicht nur durch das Team. Es kommt auf jeden einzelnen Menschen in unserer Organisation an – hier liegt die wahre Kraft für unseren Wandel. Das Transformationsteam baut vielmehr eine Infrastruktur auf, in der ganz viele andere aktiv werden können – z. B. in unserem Botschafternetzwerk, das kontinuierlich wächst.

Zum anderen werden unsere Mitarbeiter:innen in Workshops, über Aktionen oder Vernetzungsformate ermutigt, ihre Ideen einzubringen und unseren Veränderungsprozess aktiv mitzugestalten. Darüber hinaus ermitteln wir mit umfassenden Befragungen regelmäßig, was den Menschen in unserer Haspa die nötige Energie für den Wandel gibt und was sie raubt. Das hat nichts mit Bäume umarmen oder esoterischem Hokuspokus zu tun. Es geht um die Energie, mit der wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen, um die Herausforderungen der Zukunft anzupacken. So analysieren wir nicht nur den Energiezustand für die gesamte Organisation und jeden einzelnen Unternehmensbereich, sondern können auch entsprechende Handlungsfelder und Potenziale ableiten. 


Heidi Bois:

Wie war der Weg dorthin inhaltlich, technisch und mit welchen Maßnahmen ist er am Ende gelungen?

Dr. Olaf Oesterhelweg

Mit unserer Transformation befinden wir uns erst am Anfang unserer Reise – und die wird nicht enden. Denn so eine Transformation ist kein Projekt, das irgendwann zu Ende ist, sondern ein kontinuierlicher Prozess.

 

Heidi Bois:

Neue Projekte sollen immer schneller Ergebnisse liefern, gleichzeitig wird die Messlatte für Usability und Design immer höher gelegt. IT-Verantwortliche müssen den Spagat schaffen zwischen Neues in kurzer Zeit schaffen und zeitgleich die Sicherheit und Zuverlässigkeit der laufenden Systeme und Services sicherstellen. Wie ist das in Ihrem Hause organisiert?

Dr. Olaf Oesterhelweg

Die digitale Transformation ist kein Projekt der IT, sondern ein Prozess, den wir im gesamten Haus vorantreiben. In puncto Services und Systeme profitieren wir von der Leistungsfähigkeit der Sparkassen-Finanzgruppe. Die Finanz Informatik liefert z. B. als zentraler IT-Dienstleister der Gruppe digitale Lösungen und Services mit tollem Nutzererlebnis und das auf einem gewohnt hohen Niveau an Sicherheit und Betriebsstabilität. Das belegen auch immer wieder Tests. So landet die S-App regelmäßig unter den besten deutschen Banking-Apps. Dadurch, dass wir uns auf die Kraft der Sparkassengruppe verlassen können, erzielen wir als Haspa erhebliche Kostenvorteile, profitieren automatisch von allen Weiterentwicklungen – und können uns so voll auf den Vertrieb und die Betreuung unserer Kund:innen konzentrieren.

Darüber hinaus stellen wir den Hamburger:innen mit unseren beiden Freizeit- und Lifestyle-Apps „AINO“ und „kiekmo“ tolle Beyond-Banking-Angebote zur Verfügung. „AINO“ bietet seinen Nutzern jeden Tag ausgesuchte Event- und Hamburg-Tipps und „kiekmo“ ist ein digitaler Nachbarschaftsservice mit täglich relevanten Tipps und Infos aus den jeweiligen Stadtvierteln und einem App-gesteuerten Schließfachservice.

Ein wichtiger Punkt ist in diesem Zusammenhang aber auch die richtige Ausstattung der Mitarbeiter:innen. Deshalb haben in unserer Haspa vom Azubi bis zur Führungskraft alle Kolleg:innen das neuste iPad Pro und Zubehör erhalten. Neben dem stationären Rechner ist es nun ein fester Bestandteil der Arbeitsausstattung. Damit sind wir ortsunabhängig, können uns in der digitalen Welt besser bewegen und mit unseren Kund:innen auf Augenhöhe agieren. Wir benutzen die neue Technik z. B. für interne Videokonferenzen und um unsere Kundschaft zu beraten – ob vom Nachbarschaftstisch unserer Filialen der Zukunft aus, bei unseren Kund:innen vor Ort oder beim mobilen Arbeiten.

 

Heidi Bois:

Ist geplant, KI einzusetzen, und wenn ja, in welchen Bereichen?

Dr. Olaf Oesterhelweg

Künstliche Intelligenz ist ein großer Überbegriff, worunter viel verstanden wird. An den Themen „maschinelles Lernen“ oder „Hintergrundautomation“ ist auch die Finanz Informatik mit ihrem Kompetenzcenter „KIXpertS“ dran. Dieses Team beschäftigt sich ausschließlich damit, KI für die Sparkassen-Finanzgruppe nutzbar zu machen. Ein Beispiel, wie dies der Kundschaft nutzt: Nehmen wir an, jemand möchte schnell wissen, ob er oder sie sich ein bestimmtes Haus oder Auto leisten kann. Hier macht der Einsatz von KI total Sinn. Der oder die Kund:in könnte einfach ein Foto vom Traumobjekt aufnehmen, an seine Sparkasse schicken und erhält durch die Technologie sofort eine Preisindikation. Dies lässt sich auf verschiedene Bereiche übertragen. Die KIXpertS legen die Grundlagen, damit es möglich wird, diese Technologie in unserem Kernbanksystem zu verankern. So können wir unsere Kund:innen in ihren jeweiligen Lebenssituationen noch besser begleiten.

Aber auch intern nutzt uns die Technologie, um schneller Entscheidungen zu treffen. Zum Beispiel arbeiten wir daran, die Bilanzen unserer Kund:innen bald mithilfe von KI aufzubereiten. So werden wir bei der Analyse und einer eventuellen Finanzierung schneller. 

 

Heidi Bois:

Wie gelingt es Ihnen, alle Mitarbeiter zu begeistern, und was tun Sie, wenn es mal einer nicht ist?

Dr. Olaf Oesterhelweg

Ich bin überzeugt, dass das richtige Führungsverhalten ein wichtiges Puzzlestück ist, um Mitarbeiter:innen zu begeistern. Deshalb versuche ich selbst, mit gutem Beispiel voranzugehen. Dabei ist die richtige Haltung entscheidend – und die hat für mich viel mit Demut und Würdigung zu tun. Demut, weil ich in unserer schnelllebigen Welt gar nicht alles selber wissen kann – und anderen somit vertrauen muss. Und Würdigung, weil ich an die Fähigkeiten und Skills der Menschen in unserer Haspa glaube. Schließlich möchte ich, dass sie mit mir auf die Reise gehen und auch dazu beitragen, dass wir gemeinsam vorankommen.

Außerdem ist es wichtig, dass die eigene Stimme im Veränderungsprozess Gewicht hat. Deshalb bieten meine Vorstandskollegen und ich regelmäßig Gesprächsformate an. Hier können sich die Menschen aus unserer Haspa in kleiner Runde ausdrücken und ihr Feedback direkt loswerden. Wir haben z. B. alle Mitarbeiter:innen unseres Hauses zu Zukunftsworkshops eingeladen. Dort haben wir gemeinsam diskutiert, wie unsere Haspa der Zukunft aussieht, was wir alle in unserer Rolle und Funktion zur Erreichung dieser beitragen können und welche großen Steine dazu aus dem Weg geräumt werden müssen. Diese Art des Austausches ermöglicht uns, zu erkennen, was normalerweise verborgen bleibt: unsere blinden Flecke. 

Aus diesen Gesprächen habe ich auch für mich persönlich etwas Wichtiges mitgenommen. Und zwar, dass ich enorm profitiere, wenn ich in diesen Runden zunächst zuhöre und keine vorschnellen Erklärungen für manch kritische Erkenntnisse finde. So verstehe ich auch besser die Botschaften zwischen den Zeilen, die Dinge, die die Menschen wirklich beschäftigen. Und das ist auch der beste Rahmen, um mit Leuten ins Gespräch zu kommen, die von mir oder unserem Wandel vielleicht noch nicht begeistert sind.

 

Heidi Bois:

Wie nehmen Sie Ihre Kunden mit auf diesem Weg? 

Dr. Olaf Oesterhelweg

Kundenorientierung ist ein extrem wichtiges Thema für uns. Schließlich ist menschliche Nähe unsere große Stärke als Sparkasse und liegt uns quasi in der DNA. Deshalb wollen wir bewusst und systematisch durch die Kundenbrille sehen. Denn: Zufriedene Kund:innen kommen wieder, aber begeisterte empfehlen uns sogar weiter. Wir brauchen also die emotionale Verbundenheit unserer Kund:innen mit der Haspa. Deshalb nutzen wir regelmäßig Feedback und messen die Kundenzufriedenheit mit dem Net-Promotor-Score. Denn nur, wer sich regelmäßig reflektiert, kann gute Dinge ritualisieren und aus Impulsen lernen und besser werden. Diese Kennzahl fließt auch in die Bewertungen aller Mitarbeiter:innen ein.

 

Heidi Bois:

Was raten Sie anderen Banken, was müssen sie jetzt tun? Wie sehen für Banken die nächsten Schritte konkret aus?

Dr. Olaf Oesterhelweg

Da habe ich kein Patentrezept. Jede Organisation ist in ihrer Geschichte, ihren Werten und Glaubenssätzen anders – und das hat enorme Auswirkung auf einen gelingenden Transformationsprozess. Drei Schritte erachte ich aber generell als relevant: Zum einen muss die Dringlichkeit eines Wandels verstanden werden – und zwar in der gesamten Organisation. Zum anderen sollten Prozesse, Strukturen und Zieldimensionen angepasst werden. Schließlich müssen diese zum neuen Zeitgeist passen. Eine Kollegin von mir hat das mal sehr treffend als Abkappen von unsichtbaren Gummibändern bezeichnet, die uns wieder in altes Verhalten, in eine alte Welt zurückziehen. Aber nicht nur die inhaltliche Ebene ist wichtig, sondern vor allem die persönliche. Denn erfolgreiche Unternehmen zeigen, dass eine Transformation zu 70 % im Verhalten begründet liegt und nur zu 30 % in veränderten Prozessen oder Strukturen. Deshalb braucht es ein anderes Führungsverhalten und vor allem Vorbilder, die helfen, eine offene Unternehmenskultur Schritt für Schritt zu entwickeln. Denn einen Kulturwandel kann man nicht verordnen, man muss ihn vorleben.

Wer mehr über die Transformation der Haspa erfahren möchte, kann ihre bisherigen Learnings im Haspa-Blog (https://haspa-blog.de/) nachlesen.


Beitragsnummer: 18316

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