Dienstag, 14. September 2021

Umsetzung der Strahlenschutzgrundsätze

Rechtfertigung, Dosisbegrenzung, Vermeidung unnötiger Strahlenexposition und Dosisreduzierung

Thomas Knoch, Strahlenschutzbevollmächtigter des Universitätsklinikums Heidelberg, Medi­zinphysik-Experte für Röntgendiagnostik und Nuklearmedizin

Kathrin Soiné, MTRA und Studierende der Fachrichtung Medizintechnik an der Hochschule Mannheim

Strahlenschutz-Organisation

Für den Umgang mit ionisierender Strahlung müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, die im Strahlenschutzrecht (StrlSchG/StrlSchV) festgelegt werden. Dazu gehört der Nachweis einer geeigneten Strahlenschutzorganisation innerhalb der Praxis gegenüber der Aufsichtsbe­hörde. Der Strahlenschutzverantwortliche hat u. a. dafür Sorge zu tragen, dass durch geeig­nete Schutzmaßnahmen, unnötige Strahlenexpositionen von Menschen vermieden werden. Er kann, je nach Größe der Praxis, für die Erfüllung seiner Pflichten und Aufgaben einen Strah­lenschutzbeauftragten für einen definierten Entscheidungsbereich schriftlich bestellen. Dieser muss jedoch eine gültige Fachkunde nach Strahlenschutzrecht besitzen. Mit der Bestellung überträgt der Strahlenschutzverantwortliche seine Pflichten und Aufgaben, die sich aus dem Strahlenschutzrecht ergeben, auf den Strahlenschutzbeauftragten und erteilt ihm das Wei­sungsrecht. Er kann sich jedoch nicht von der Verantwortung für die Erfüllung seiner Pflichten und Aufgaben entbinden.

Die rechtfertigende Indikation

Nur der fachkundige Arzt darf die rechtfertigende Indikation stellen, ob und in welcher Weise Röntgenstrahlen am Menschen angewendet werden. Dabei muss er abwägen, ob für die Fra­gestellung mit einer anderen als der vorgesehenen Methode der diagnostische Nutzen gege­benenfalls ohne oder mit geringerer Strahlenexposition gleichwertig oder sogar höher einzu­stufen ist. Ärzte, die noch nicht im Besitz einer Fachkunde sind, dürfen nur dann Röntgen­strahlen anwenden, wenn sie mindestens die Kenntnisse im Strahlenschutz nachweisen kön­nen und unter ständiger Aufsicht und Verantwortung eines Arztes mit Fachkunde stehen. Die Erteilung der Fachkunde erfolgt durch die zuständige Ärztekammer, deren Anwendungsge­biete in der Fachkunderichtlinie festgelegt sind.

Möglichkeiten zur Reduktion der Exposition

Der Umgang mit ionisierender Strahlung kann zu einer unvermeidlichen Exposition führen, die anwendungsbedingt durch geeignete Schutzmaßnahmen auf das Notwendigste zu reduzieren sind. Die Zugangsregelung stellt sicher, dass sich nur die Personen im Röntgenraum befinden, die auch tatsächlich in die Untersuchung direkt involviert sind. Die fachkundige Mitarbeiterin legt dem Patienten die geeigneten Schutzmaterialien an. Es ist jedoch darauf zu achten, dass dadurch nicht die Bildqualität des zu untersuchenden Bereichs vermindert wird. Hierzu müssen für die verschiedenen, möglichen Röntgenuntersuchungen Arbeitsanweisungen vorhanden sein, in denen die Arbeitsabläufe ausreichend beschrieben sind, um die Qualität der Röntgen­untersuchung sicherzustellen.

Geräteseitig hat die Position der Röntgenröhre einen Einfluss auf die Exposition des Mitarbei­ters. Die höchste Intensität der Streustrahlung entsteht zwischen der Röntgenröhre und dem Patienten. Daher sollte die Röntgenuntersuchung möglichst in Untertischposition durchgeführt werden. Durch die Bleischürze oder -abschirmung am Untersuchungstisch kann die Exposition mit geringem Aufwand deutlich reduziert werden. Hingegen kann in der Obertischposition die Exposition nur mit einem höheren Aufwand minimiert werden.

Weitere Optimierungsmöglichkeiten liegen in der engen Einblendung des zu untersuchenden Bereichs und in der Positionierung des Patienten. Mit der Anzeige des Dosisflächenprodukts muss stichprobenartig überprüft werden, ob die Untersuchungen auch mit den vorgegebenen diagnostischen Referenzwerten vergleichbar sind. Sie werden vom Bundesamt für Strahlen­schutz regelmäßig aktualisiert und veröffentlicht.

Die Bildqualität wird durch die Spannung und Filterung beeinflusst. Mit einer hohen Röhren­spannung sind große Absorptionsunterschiede darstellbar und aus strahlenhygienischer Sicht besser (geringere Dosis). Hingegen lässt sich Weichteilgewebe deutlich besser mit einer geringeren Röhrenspannung darstellen. Allerdings führt dies zu einer erhöhten Dosis, da die Röntgenstrahlung durch Photoeffekt und elastische Streuung mehr im Patienten absorbiert wird. Der niederenergetische Anteil des Röntgenspektrums wird durch einen Aluminiumfilter im Gerät absorbiert. Bei Kindern sollte noch ein weiterer Filter (meist Kupfer) eingesetzt werden (siehe auch Leitlinie der Bundesärztekammer zur Qualitätssicherung in der Rönt­gendiagnostik).

Ob ein Streustrahlenraster verwendet werden soll, ist vom durchstrahlten Bereich des Patien­ten abhängig. Das Raster dient zur Verringerung des ungerichteten Streustrahlanteils durch den Patienten. Dadurch wird das erzeugte Bild kontrastreicher, aber die Dosis erhöht sich. Daher empfiehlt sich deren Anwendung erst bei einem größeren Compton-Anteil (größer als 60 kV). Bei normalgewichtigen Kindern jünger als zehn Jahre und dünnen Objekten wird kein Raster verwendet.

Meldung von bedeutsamen Vorkommnissen

Da bei der Vielzahl von unterschiedlichen Röntgenuntersuchungen das Risiko einer Schädi­gung des Patienten oder Personals durch einen geräte- oder personenbedingten Fehler steigt, wird in der Strahlenschutzverordnung ein Meldesystem für bedeutsame Vorkommnisse ein­geführt (§ 108 StrlSchV i. V. m. Anlage 14). Darin wird definiert, wann die Kriterien einer Mel­dung an die zuständige Aufsichtsbehörde erfüllt sind. Dabei werden Dosisgrenzen für Gruppen von Personen und einzelne Personen festgelegt sowie mögliche Ursachen einer fehlerhaften Röntgenuntersuchung.

Überprüfung der Schutzkleidung

Die verwendete Schutzkleidung für das Personal muss in regelmäßigen Abständen auf ihre Schutzwirkung überprüft werden. Hierzu ist die DIN 6857-2 in ihrer aktuellen Version heranzu­ziehen, in der die verschiedenen Prüfvorgänge beschrieben sind. Es wird zwischen Beschädi­gung (keine Beeinträchtigung) und Mangel (Minderung der Schutzwirkung oder Funktionalität) unterschieden.

Als Prüfmethoden sind arbeitstägliche Sichtprüfungen, jährliche Tastprüfungen und mindes­tens Prüfung mittels Röntgenstrahlung alle zwei Jahre vorzusehen.

Physikalische Strahlenschutzkontrolle

Die Ermittlung der äußeren Exposition erfolgt mit einem amtlich zugelassenen Personendosimeter. Zur Bestimmung der Effektivdosis (Ganzkörperdosis) werden Optisch Stimulierten Lumineszenz-Dosimeter (OSL) verwendet. In der Regel wird dieses Dosimeter auf der Vorderseite des Rumpfs der beruflich exponierten Person getragen (repräsentative Stelle der Körperoberfläche). Bei Tätigkeiten, bei denen die Möglichkeit einer Teilkörperexposition besteht, kommt das Thermolumineszenzdosimeter (TLD) zum Einsatz und wird meist am Finger getragen. Alle Systeme können nur von einer amtlich zugelassenen Messstelle ausgewertet werden und müssen in der Regel monatlich im Austausch an diese versandt werden.

PRAXISTIPPS

  • Rechtfertigende Indikation darf nur durch einen fachkundigen Arzt erfolgen.
  • Durch die Optimierung der Einstelltechnik wie eine optimale Patientenpositionierung, ent­sprechendes Einblenden gemäß der Fragestellung und Verwendung von Schutzkleidung kann die Exposition reduziert werden.
  • Die Qualitätskontrolle der Schutzkleidung gewährt die Sicherstellung der Funktion und Schutzwirkung.
  • Verwendung von Dosimetern zur physikalischen Strahlenschutzkontrolle.

Beitragsnummer: 18320

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