Dienstag, 19. Oktober 2021

Unklare Sollzinssatzangabe bei Dispokredit

Unklare Sollzinssatzangabe bei eingeräumter Überziehungsmöglichkeit beim Girovertrag

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner

 

In einem Fall, in dem das verklagte Kreditinstitut auf der Internetseite den Sollzinssatz, der für die Überziehungsmöglichkeit auf dem Girokonto berechnet werden sollte, mit „Aktuell bis zu 10,90 % p.a. Zinsen" angegeben hatte, entschied der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 29.06.2021, Az. XI ZR 46/20 (WM 2021, 1487), dass diese Sollzinsangabe schon deswegen nicht klar und eindeutig i. S. v. Art. 247 a, § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB sei, weil das beklagte Kreditinstitut bei der Festlegung des Sollzinssatzes insofern differenzierte, als es je nach der Dauer und dem Umfang der Kontenverbindung den Zinssatz unter Berücksichtigung einer Zinsspanne von 7,90 % bis 10,90 % bestimmte, ohne auf ihrer Konditionenseite jedoch die Zinsspanne anzugeben. Nach Sinn und Zweck der Regelung des Art. 247 a, § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB müsse nämlich beim Bestehen einer Zinsspanne sowohl die Unter- als auch die Obergrenze angegeben werden (Rn. 17–23).

Sodann hält der BGH fest, dass die Darstellung des Sollzinssatzes im Preisaushang des beklagten Kreditinstituts auch deswegen gegen Art. 247 a, § 2 Abs. 2 EGBGB verstößt, weil der Zinssatz nicht in „auffallender“ Weise i. S. d. Norm angegeben sei. Denn das Merkmal „in auffallender Weise" i. S. d. Art. 247 a, § 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB sei nur dann erfüllt, wenn sich der Sollzinssatz von den anderen Preisangaben so abhebt, dass er dem Kunden ins Auge fällt. Dies sei bei der Angabe im Preisaushang nicht der Fall gewesen (vergl. Rn. 24 ff.).

 

PRAXISTIPP

Gemäß Art. 247 a, § 2 Abs. 2 Satz 1 EGBGB ist derjenige Sollzinssatz, der für die Überziehungsmöglichkeit berechnet wird, klar, eindeutig und in auffallender Weise anzugeben, wobei dies gemäß Satz 2 auch für die Angabe über einen Internetauftritt des Unternehmens gilt.

Will daher ein Kreditinstitut bei der Festlegung des Sollzinssatzes für die Überziehungsmöglichkeit auf dem Girokonto nach bestimmten Vorgaben differenzieren und eine Zinsspanne hierfür zugrunde legen, dann muss bei Bestehen einer solchen Zinsspanne sowohl die Unter- als auch die Obergrenze klar und eindeutig in auffallender Weise angegeben werden. Um das Erfordernis „in auffallender Weise" zu erfüllen, bedarf es dabei einer solchen Hervorhebung von anderen Preisangaben, dass der Sollzinssatz dem Kunden sofort ins Auge fällt.


Beitragsnummer: 18364

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