Dienstag, 30. April 2019

Nutzung von Parametern aus der Verlustschätzung als Querschnittsaufgabe

Eine Herausforderung für KSA-Institute

Dr. Konstantin Glombek, Senior Referent Adressrisikosteuerung, Bereich Betriebswirtschaft und Regulatorik, Bank für Sozialwirtschaft AG

Verlustdatenbanken als Kommunikationsaufgabe

Nicht zuletzt durch die aktuelle MaRisk-Novelle ist die methodische und prozessuale Ausgestaltung von Datenbanken zur systematischen Erfassung von Ergebnissen aus der Abwicklung und der Verwertung auch in den Fokus kleinerer Institute gerückt. Häufig kollidieren dabei verschiedene Interessen: Während die Abwicklungsabteilung an schlanken Abläufen interessiert ist, möchte das Risikocontrolling eine möglichst exakte Erfassung von Zahlungen gewährleistet wissen. Für die Auflösung solcher Konflikte ist es hilfreich, wenn bei allen beteiligten Abteilungen (neben den bereits genannten auch eine Prozess- und eine IT-Instanz) ein grundsätzliches Verständnis sowohl über die möglichen Erfassungen in der Abwicklung als auch die Parameterschätzungen für das Risikocontrolling gewährleistet ist. Die Eignung der Datenbank und ihrer Daten selbst muss dabei stets Gegenstand einer regelmäßigen Validierung sein, deren Ergebnisse allen Beteiligten offen zu legen sind. Als weiterer Bestandteil ist der Nutzen einer Verlustdank klar zu kommunizieren: Valide Quoten zu Einbringungen sowie Rückflüssen aus Sicherheiten erlauben sowohl eine konkurrenzfähige Darlehensbepreisung auf einer risiko-adjustierten Basis als auch eine nicht zu konservative Adressrisikomessung in einem Kreditportfoliomodell.

Nutzen externer Dienstleister

Ein weiterer Pfeiler bei der Analyse von Verlustdaten sind Vergleiche mit den Ergebnissen aus Datenpools, welche in der Regel über einen externen Dienstleister erhalten werden können. Solche Vergleiche erlauben Aussagen über die angemessene Verwendung von Pool-Parametern, aber auch die Identifikation von eigenen prozessualen Besonderheiten (z. B. Nutzung von abweichenden Bagatellgrenzen). Für die Einordnung von Institutseigenen Parametern sind solche Analysen von großer Bedeutung, um nicht zuletzt Ergebnisse aus geringen Fallzahlen angemessen würdigen zu können.

Entscheidet man sich dabei für die Nutzung von Pool-Parametern, steht stets die Frage nach der Repräsentativität dieser Parameter für das eigene Haus im Vordergrund. Die Beantwortung dieser Frage kann in der Regel nicht nur nach strengen quantitativen Analysen, sondern auch nach qualitativen Aspekten erfolgen. Grundsätzlich ist dabei zu begründen, warum die Prozesse zur Entstehung der Pooldaten (z. B. die Ausfallerkennung oder das Beitreibungsniveau) vergleichbar mit denjenigen des eigenen Hauses sind. Hier geben die Validierungsberichte der Dienstleister oftmals wertvolle Analysen, welche man mit entsprechenden eigenen Ergebnissen vergleichen kann. Weiter sind die eigenen Erfassungsprozesse zu Ausfällen und Verwertungen auf die Vorgaben des Dienstleisters abzustimmen. Die Auswertung von Datenqualitätsberichten und begleitenden Dokumenten des Dienstleisters können so insgesamt zu einem angemessenen Nachweis der Repräsentativität führen.

Analyse der Validierungsergebnisse von Verlust-Parametern

Die Entscheidung über die Verwendung bestimmter Parameter (Verwertungs- und Einbringungsquoten) bedingt auch Kenntnisse über deren Validierung. Dabei sind oftmals Ergebnisse bzgl. Pool- und institutseigener Parameter gegenüber zu stellen. Folgende Fragen können dabei von Interesse sein:

  • Wie stabil sind die jeweiligen Quoten geschätzt? Welche Sicherheitsabschläge sind in der Quotenbestimmung enthalten, um etwaigen Schätzunsicherheiten begegnen zu können?
  • Gibt es Verzerrungen in den Quoten (z. B. eine überproportional große Menge von Fällen mit kürzeren Verwertungsdauern oder besondere konjunkturelle Einflüsse)?
  • Wie trennscharf sind die Quoten segmentiert? Wie sinnvoll sind entsprechende Risikofaktoren gewählt?

Diese Punkte sollen nur einen Überblick geben und stellen keine abschließende Aufzählung dar.




Die ersten beiden Fragen zielen auf die Genauigkeit der Schätzung von Quoten ab. Ausreißer in den Daten sind hier oftmals zu analysieren und in der Regel über erhöhte Standardabweichungen oder größere Konfidenzintervalle der Quotenschätzung festzustellen. Ausreißer sind dabei nicht kategorisch auszusteuern, sondern durch eine geeignete Segmentierung gesondert zu betrachten.

Weiter ist immer der Prozess der Datenentstehung mit der Realität im Institut abzugleichen. Hierbei ist zunächst auf die vollumfängliche Abbildung eines Konjunkturzyklus zu achten. Die Analyse von Quoten auf Jahresbasis kann hier Unterschiede in den Quoten nach unterschiedlichen Konjunktur-Phasen aufzeigen. Zu untersuchen ist dann, ob ein Mittelwert über den gesamten Datenbestand auch unter schlechteren Konjunkturbedingungen angemessen ist. Gegebenenfalls sind hier geeignete Abschläge für Rezessionsjahre festzulegen.

Ein wesentlicher Punkt bei Verwertungen sind Fälle mit kürzeren Verwertungsdauern (d. h. weniger als zwei Jahre). Solche Fälle zeichnen sich oft durch höhere Quoten als Fälle mit längeren Verwertungsdauern aus. Zu klären ist somit, ob es auch ausreichend Fälle mit längeren Verwertungsdauern im Datenbestand der zu verwendenden Quoten gibt. Dies kann durch Vergleiche mit Pooldaten erfolgen, welche im Gegensatz zu Institutsdaten über ausreichend viele solcher Fälle verfügen können.

Die letzte Frage zielt auf die gezielte Unterscheidung von Quoten nach bestimmten Segmenten ab. Eine wohlbekannte Unterscheidung in KSA-Instituten ist die Aufteilung von Beleihungssätzen nach wohnwirtschaftlichen und gewerblichen Immobilien. Solche Differenzierungen können im Kontext von Verwertungs- und Einbringungsquoten eine deutliche Verfeinerung erfahren und durch geeignete Trennschärfe-Untersuchungen analysiert werden.

FAZIT UND PRAXISTIPPS

  • Kommunizieren Sie das Datenmodell Ihrer Verlustdatenbank ausreichend an alle beteiligten Abteilungen!
  • Verlieren Sie bei der Erfassung von Verwertungen und Abwicklungen nicht den Blick auf das Wesentliche. Nicht jeder Fall kann sinnvoll erfasst werden. Allerdings muss das verwendete Datenmodell alle vorkommenden wesentlichen Fälle erfassen können, was in einer regelmäßigen Validierung zu untersuchen ist.
  • Kleinere Institute sollten die Ergebnisse externer Dienstleister (z. B. diejenigen des eigenen Verbandes) nutzen. Eigene Schätzungen sind oftmals nur indikativ und nicht stabil. Externe Dienstleister verfügen oftmals über das bessere methodische Wissen und über die Ressourcen, aufsichtliche Anforderungen umsetzen zu können.
  • Die angemessene Wahl von Verwertungs- und Einbringungsquoten ist eine umfangreiche Aufgabe und mindestens jährlich zu validieren. Nehmen Sie sich Zeit für alle wesentlichen Analysen und dokumentieren Sie diese ausreichend.
  • Die EBA hat jüngst für IRBA-Institute (EBA/GL/2017/16, „Leitlinien für die PD-Schätzung, die LGD-Schätzung und die Behandlung von ausgefallenen Risikopositionen“) die aufsichtlichen Anforderungen an Verlustdatenbanken konkretisiert. Auch KSA-Institute sollten sich mit diesen Anforderungen vertraut machen, da diese entsprechend auf kleinere Institute ausstrahlen können.

SEMINARTIPPS

Kreditrisikosteuerung Aktuell, 23.09.2019, Frankfurt/M.

Schlanke § 18 KWG-Prozesse, 24.09.2019, Frankfurt/M.

OpRisk: MaRisk-Vorgaben und neuer Standardansatz, 25.09.2019, Frankfurt/M.

Auf-/Ausbau hauseigener Verwertungsdatenbanken & Erlösquotensammlungen, 26.09.2019, Frankfurt/M.

Prüfung Frühwarnverfahren, 08.10.2019, Frankfurt/M.


Beitragsnummer: 1941

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