Montag, 22. November 2021

Novellierung der BelWertV auf der Zielgeraden

Dipl.-Ing. Andreas Ostermann FRICS, Immobiliengutachter CIS HypZert F/M, Leitung Immobilienbewertung in der NORD/LB

 

Die bisherige Beleihungswertermittlungsverordnung vom 01.08.2006, die bislang nur einmal am 16.09.2009 durch den Innenbesichtigungsverzicht im Einzelfall (§ 24 Abs. 3a BelWertV) geändert worden ist, soll im Rahmen der „Ersten pfandbriefrechtlichen Änderungsverordnung“ durch eine grundlegend überarbeitete Beleihungswertermittlungsverordnung abgelöst werden. Die BaFin hatte den Entwurf der vorgesehenen Änderungen vom 02.07. bis zum 03.09.2021 zur Konsultation im schriftlichen Verfahren gestellt. Eine mündliche Anhörung soll nicht erfolgen.


Das von der BaFin im Entwurf genannte Ziel der Novellierung, der seit vielen Jahren zunehmenden Diskrepanz zwischen Markt- und Beleihungswerten entgegenzuwirken, wird allerdings mit dem vorliegenden Entwurf keineswegs erreicht. 


Nach der nunmehr abgeschlossenen Anhörung sollen die Änderungen am Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft treten. Teile der „Ersten pfandbriefrechtlichen Änderungsverordnung“ dienen der Umsetzung der Covered-Bonds-Richtlinie und müssen daher bis Mitte 2022 in Kraft treten. Dies lässt vermuten, dass mit einem Inkrafttreten der BelWertV spätestens am 01.07.2022 zu rechnen ist. 


Der aktuell mit Stand 02.07.2021 vorliegende Entwurf der überarbeiteten BelWertV enthält u. a. folgende Änderungen:

  • Zur Feststellung der Nachhaltigkeit bewertungsrelevanter Objektmerkmale bedarf es einer langfristigen Betrachtung der Marktgegebenheiten mindestens der letzten zehn Jahre.
  • Steuerliche Gleichbehandlung im Sach- und Ertragswert.
  • Umstand einer bestehenden Vermietung soll bei eigennutzungsfähigen Objekten grundsätzlich wertmindernd berücksichtigt werden.
  • Aufhebung der „Fünf-Objekte-Regel“ bei Nutzung des Vergleichswertverfahrens für Eigenheime nur im Zusammenhang mit computerunterstützter Immobilienbewertung im Kleindarlehensbereich.
  • Aufnahme eines Passus zum Nachhaltigkeitsfaktor für Eigenheime; ausschließlich Nachhaltigkeitsfaktoren < 1 sind zulässig. 
  • Ergänzung, dass Objektdaten (insb. Flächenmaße) ebenso wie Bewertungsparameter nachvollziehbar darzulegen und zu begründen sind.
  • Erweiterung der Aufzählung regelmäßig wertrelevanter dinglich gesicherter Umstände um Mieterdienstbarkeiten und Sanierungsvermerke.
  • Ausklammerung des Modernisierungs- bzw. Revitalisierungsrisikos aus dem 15%igen Mindestansatz der Bewirtschaftungskosten.
  • Mindestsätze für Verwaltungs- und Instandhaltungskosten im Bereich des Wohnungsbaus gem. § 26 der Zweiten Berechnungsverordnung.
  • Absenkung der maximal anzusetzenden Nutzungsdauer bei Warenhäusern und Einkaufszentren von 50 auf 40 Jahre.
  • Ausnahmeregelung, wonach für erstklassige Immobilien der Mindestkapitalisierungszinssatz (5 % wohnwirtschaftliche Nutzung, 6 % gewerbliche Nutzung) um 50 Basispunkte unterschritten werden darf, auch für die Nutzungsarten Wohnimmobilien sowie Lager- und Logistikimmobilien.
  • Neuregelung in § 13 Abs. 1 BelWertV, dass der ermittelte Bodenwert vom Zeitpunkt der (theoretischen) Grundstücksfreilegung auf den Wertermittlungsstichtag zu diskontieren ist.
  • Übertragung der Regelung aus § 13 Abs. 2 BelWertV, wonach bei einer Restnutzungsdauer von weniger als 30 Jahren die Abbruchkosten der baulichen Anlage nominal in Abzug zu bringen sind, auf Sachwertobjekte.
  • Aufnahme der Finanzierungskosten als Teil der Baunebenkosten. 
  • Erhöhung der Kleindarlehensgrenze um 25 % auf 500.000 EUR Grundschuld bei wohnwirtschaftlich genutzten Objekten; zur Begrenzung der teilweise gewerblichen Nutzung des Objektes wird statt auf den Rohertrag künftig auf den Reinertrag abgestellt.
  • Durch den neu eingefügten § 24 Abs. 1a BelWertV wird innerhalb des Kleindarlehensbereiches für die Bewertung von Vergleichs- und Sachwertobjekten die Möglichkeit der Nutzung computerunterstützter Bewertungsmodelle geregelt.
  • Forderung einer jährlichen Überprüfung der Grundlagen der Beleihungswertermittlung.    

 

Fazit

In welchem Umfang die BaFin in den kommenden Wochen noch Anpassungen am vorliegenden Novellierungsentwurf vornehmen wird und ob zu einem möglicherweise überarbeiteten Entwurf der BelWertV nochmals die Möglichkeit zur Stellungnahme besteht, bevor dieser von der Bundesregierung endgültig beschlossen wird, bleibt abzuwarten.  

Der BelWertV-Entwurf vom 02.07.2021 enthält eine Vielzahl an Änderungen, die sich auf die Höhe der Beleihungswerte auswirken und den Dokumentations- bzw. prozessualen Aufwand in der Gutachtenerstellung erhöhen

 

PRAXISTIPPS

  • Durch die Festlegung eines langfristigen Betrachtungszeitraumes der Marktgegebenheiten über zehn Jahre sind geeignete Zeitreihen in den Bewertungsprozessen zu implementieren.
  • Die zahlreichen sich aus der Neufassung der BelWertV ergebenden Änderungen sind in den Softwareprodukten mit einer angemessenen Übergangszeit entsprechend umzusetzen. 

 


Beitragsnummer: 19424

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