Mittwoch, 12. Januar 2022

BGH zu Renditeprognosen bei Blind-Pool-Konzept

Sowie weitere Hinweise auf Interessenskonflikte

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner

In seiner Entscheidung vom 08.06.2021 Az. XI ZB 22/19 (ZIP 2021, 2585) erinnert der Bundesgerichtshof zunächst daran, dass der Prospekt auch die für die Anlageentscheidung wesentlichen Prognosen über die voraussichtliche künftige Entwicklung des Anlageobjekts enthalten müsse, wobei der Prospektherausgeber grundsätzlich keine Gewähr dafür übernehme, dass die von ihm prognostizierte Entwicklung tatsächlich eintrete. Die Prognosen im Prospekt müssten daher lediglich durch Tatsachen gestützt und ex ante betrachtet vertretbar sein. Dabei seien Prognosen nach dem bei der Prospekterstellung gegebenen Verhältnissen unter Berücksichtigung der sich abzeichnenden Risiken zu erstellen. Hänge wiederum ein wirtschaftlicher Erfolg von bestimmten Voraussetzungen ab, deren Eintritt noch ungewiss ist, müsse dies im Prospekt deutlich gemacht werden. Auch bloße Mutmaßungen müssten sich deutlich aus dem Prospekt ergeben (Rn. 40).

Handelt es sich bei der betroffenen Beteiligung wiederum um ein sog. Blind-Pool-Konzept und hat der Prospektersteller angesichts der dem Blind-Pool-Konzept innewohnenden Ungewissheiten die Prognoseberechnungen anhand eines Modellportfolios vorgenommen und wurde im Rahmen der Ausführungen zu den prognosegefährdenden Risiken darauf hingewiesen, dass das tatsächlich eingekaufte Portfolio mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von dem Modellportfolio abweichen werde, so genügt dies den Anforderungen einer prospektgerechten Prognoseangabe (Rn. 42 f.).

In diesem Zusammenhang führt der Bundesgerichtshof noch aus, dass die Einführung des Kapitalanlagemusterverfahrensgesetzes nichts daran geändert habe, dass die Anleger die Darlegungs- und Beweislast für einen Prospektfehler tragen, weswegen es auch am Kapitalanleger liegt, darzulegen und zu beweisen, dass sich die Prognoseberechnung nicht auf sorgfältig ermittelte Tatsachen stützt und aus ex ante-Sicht nicht vertretbar ist (Rn. 50).

Was wiederum die Angaben zu Interessenskonflikten anbelangt, so erinnert der Bundesgerichtshof daran, dass zu den aufklärungspflichtigen Tatsachen wesentliche kapitalmäßige und personelle Verflechtungen zwischen einerseits der Komplementär-GmbH, ihren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern und andererseits den Unternehmern sowie deren Geschäftsführern und beherrschenden Gesellschaftern gehören, in deren Hand die Publikums-KG die nach dem Emissionsprospekt durchzuführenden Vorgaben ganz oder wesentlich gelegt hat (Rn. 59). Hierzu würden auch personelle Verflechtungen zwischen dem Treuhandkommanditisten und der Geschäftsführung der Fondsgesellschaft gehören. Dies deshalb, weil derartige Verflechtungen die Gefahr einer Interessenkollision zum Nachteil der Gesellschaft und der beitretenden Gesellschafter begründen würden (Rn. 59). Worin genau dieser beherrschende Einfluss im Rechtssinne bestehe, bedürfe wiederum keiner abstrakten Erläuterung (Rn. 62).

In diesem Zusammenhang weist der Bundesgerichtshof ergänzend darauf hin, dass nur ganz allgemein auf Interessenskonflikte hingewiesen werden müsse, ohne dass die denkbaren Interessenskonflikte im Einzelnen dargestellt werden müssten (Rn. 72). Zudem erinnert er daran, dass nach seiner Rechtsprechung das allgemeine Risiko, dass die Verwirklichung des Anlagekonzepts bei Pflichtwidrigkeiten der Personen, in deren Händen die Geschicke der Fondsgesellschaft liegen, gefährdet ist, als dem Anleger bekannt vorausgesetzt werden muss und daher grundsätzlich keiner besonderen Aufklärung bedarf. Pflichtverletzungen seien deswegen regelmäßig kein spezifisches Risiko der Kapitalanlage. Anders könne es lediglich sein, wenn bestimmte Pflichtverletzungen aus strukturellen Gründen als sehr naheliegend einzustufen seien (Rn. 73).


Beitragsnummer: 19508

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