Samstag, 5. Februar 2022

Bankenaufsicht und Vorstandsbestellung

Bankenaufsicht sieht (bei Neubestellungen) Eignung von Vorständen zunehmend kritischer

Marcus Michel, Vorstand FCH Gruppe AG

Bereits im Juli 2021 haben die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (European Securities and Markets Authority – „ESMA“) und die Europäische Bankaufsichtsbehörde (European Banking Authority – „EBA“) ihre überarbeiteten Joint Guidelines zu den Geeignetheitsanforderungen an Geschäftsleiter veröffentlicht. Dies führt nun scheinbar auch bei der Neubestellung von Vorständen durch die BaFin dazu, dass die „Zulassungs-Latte“ zunehmend höher gelegt wird.

Durch die Anzeigenpflicht nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 KWG muss die Bankenaufsicht bereits sehr früh über eine beabsichtigte Bestellung informiert werden. Dies führt in der Folge dazu, dass auf Seite der Aufsicht genügend Zeit vorhanden ist, den Kandidaten zu überprüfen und ggf. ergänzende Qualifikationen im Sinn der „Fit & Proper“-Anforderungen zu verlangen, bzw. auch Kandidaten abzulehnen. War früher das Thema „gelebte Kreditgeschäftserfahrung“ eines der wichtigsten Kriterien, ist diese heute längst nicht mehr ausreichend. Gerade die Bereiche Risiko- & Compliance-Management und auch die Erfahrungen rund um das Thema Informationssicherheitssysteme haben in den vergangenen Jahren sehr stark an Bedeutung gewonnen. Diese werden bei den Bestellungen (gerade auch mit Blick auf die Gesamtverantwortung und das Gesamtwissen der in einem Haus bestehenden Vorstandsgremien) immer wichtiger und offensichtlich auch von der Bankenaufsicht stark beachtet. Es gibt zwar keine offizielle Quelle dazu, wie viele vorgestellte Bewerber von der Aufsicht abgelehnt werden, aber das Thema ergänzender Qualifikationen für zukünftige Vorstandskandidaten wird zunehmend im Markt nachgefragt, inkl. der für die Aufsicht notwendigen „Fit & Proper“-Nachweise.

Gerade auch aus von der EZB beaufsichtigten Banken hört man vermehrt, dass die Aufsicht durchaus das Instrument des „Reassessment“ nutzt, um insbesondere bei aufgetretenen Mängeln die fachliche und persönliche Eignung (Fit & Proper) zu überprüfen. Auch die Aufsichts-/Verwaltungsräte sind von dieser Entwicklung nicht ausgenommen und werden von der Aufsicht zunehmend in die Pflicht genommen, zum einen mit Blick auf ihre eigene Qualifikation, um die Überwachungsaufgaben zu erfüllen, zum anderen aber auch mit dem Fokus darauf, die Qualifikation des Gesamtvorstands-Gremiums einschätzen zu können.

Die Verschärfung der Geeignetheitsanforderungen hat neben den bereit oben genannten Themen noch zwei neue Anforderungen mitgebracht, die zwar aktuell noch nicht direkt in die Anzeigenverordnung eingegangen sind, bei denen man aber sicher davon ausgehen kann, dass dies erfolgen wird.

Dies sind insbesondere „Kenntnisse zur Verhinderung von Geldwäsche“. Hier wird klargestellt, dass Kenntnisse im Bereich der Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung Bestandteil der fachlichen Eignung von Geschäftsleitern sind. Ausreichende fachliche Eignung und Kenntnisse der Geschäftsleiter, die für die Umsetzung und Einhaltung der geldwäscherechtlichen Vorschriften verantwortlich sind, schließt ausdrücklich die Identifizierung, das Management und die Minderung von Geldwäscherisiken und des Risikos der Terrorismusfinanzierung mit ein. Kenntnisse im Bereich der Geldwäsche sind auch für die kollektive fachliche Eignung der Geschäftsführung erforderlich. Diese können etwa durch entsprechende Schulungen sichergestellt werden. Diejenigen Geschäftsleiter aber, die die Umsetzung geldwäscherechtlicher Anforderungen verantworten, bedürfen hier vertiefter Kenntnisse.

Zudem stellen die Joint Guidelines klar, dass Institute zum einen eine Policy aufgesetzt und implementieren haben sollten, die Diversität in der Geschäftsführung fördert, um eine möglichst große Vielfalt in deren Besetzung zu erreichen. Zum anderen sollten Institute auch ganz konkret eine angemessene Vertretung aller Geschlechter im Leitungsorgan anstreben und sicherstellen, dass bei der Auswahl der Mitglieder des Leitungsorgans das Prinzip der Chancengleichheit beachtet wird. Hierbei handelt es sich aber (noch) nicht um zwingende Regelungen, sondern um „Sollvorschriften“.

Allerdings zeigen dazu begleitende Entwicklungen, z. B. die Guideline zum Thema „Gender Pay“, dass die Aufsicht dieses Thema sehr ernst nimmt.


PRAXISTIPPS

  • Das Thema „Fit & Proper“ ist in der Realität angekommen, der bisher doch eher zahnlose „Papiertiger“ gewinnt in der Aufsichtspraxis zunehmend an Bedeutung und ALLE Institute sollten sich damit intensiv beschäftigen.
  • Die fachliche Eignung für zukünftige Vorstände setzt ein immer breiteres Wissen in verschiedensten Risikobereichen voraus, daher muss bei einer geplanten Nachbesetzung auch immer das Thema „Kollektive Eignung“ berücksichtigt und dokumentiert werden.

Beitragsnummer: 19517

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