Sonntag, 6. Februar 2022

(Corona)Anspruch „Mobiles Arbeiten“ – Betriebsvereinbarungen gestalten

Dr. Thorsten Christoffer, Leiter Personalpolitik und Personalcontrolling, Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale

Homeoffice-Pflicht 2.0 oder wie das mobile Arbeiten zur Regel und nicht mehr zur Ausnahme wird. Die Corona-Pandemie hat dem Thema Homeoffice/Mobiles Arbeiten einen großen Schub gegeben und damit auch dafür gesorgt, dass aktuell immer mehr Banken vor der Herausforderung stehen, entsprechende Dienst-/Betriebsvereinbarungen abzuschließen. 

Schon die rechtlichen Rahmenbedingungen für ein Arbeiten im Homeoffice stellen sich komplex dar, u. a. sind hier ArbZG, ArbSchG, ArbStättV zu nennen und natürlich auch § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG bzw. § 74 Abs. 1 Nr. 6, 16 sowie der neue § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG.

Viele Institute haben sich vor Beginn der Pandemie bereits mit der Frage des Einführens von mobiler Arbeit auseinandergesetzt und hierzu auch Dienst- oder Betriebsvereinbarungen mit der Arbeitnehmervertretung abgeschlossen. Die Erfahrungen aus der Covid-19-Pandemie haben jedoch gezeigt, dass bestehende Kollektivregelung komplett neu oder noch einmal grundlegend überarbeitet werden müssen. 

Auf dieser Basis wurden in unserem FCH TopAktuell: „(Corona-)Anspruch „Mobiles Arbeiten“ – Betriebsvereinbarungen gestalten“ mögliche Leitgedanken und Prinzipen definiert, zu welchem Zweck und mit welcher Intention Finanzinstitute das mobile Arbeiten für ihre Beschäftigten ermöglichen sollten. Dabei wurden aktuelle HR-Trends (Arbeitgeberattraktivität, Diversity-Aspekte, Employee Experience) mitberücksichtigt.

Der Unterschied zwischen mobilem Arbeiten und dem Arbeiten im Homeoffice wurde detailliert herausgearbeitet und auch die derzeit vieldiskutierte Frage beantwortet, inwieweit Arbeitgeber ihren Beschäftigten das Arbeiten aus dem (europäischen) Ausland ermöglichen können. Hierzu wurden zahlreiche Praxistipps und Empfehlungen ausgetauscht. Die Teilnehmenden haben im Rahmen angeregter Diskussionen über die institutsspezifischen Voraussetzungen und Gestaltungsoptionen des mobilen Arbeitens diskutiert und konnten durch diesen Perspektivwechsel viele Tipps und Handlungshilfen mitnehmen. 

Wie hoch bzw. in welchem Umfang wird den Beschäftigten das mobile Arbeiten erlaubt? Welche internen Mechanismen greifen, wenn das Arbeiten im Homeoffice nicht möglich oder abgelehnt wird? Wie verhalten sich Führungskräfte und Mitarbeiter in der neuen Form des „hybriden Arbeitens“? Bieten sich begleitende Seminare für Beschäftigte im Rahmen des Weiterbildungsmanagements an? Wie wird in Finanzinstituten mit sog. Störfällen umgegangen? Wie sollte man mit Forderungen nach einer Kostenübernahme bzw. Aufwendungserdsatz für das Arbeiten im Homeoffice umgehen? 

Diese praxisrelevanten Fragen wurden eingehend erörtert und von den Teilnehmenden im Rahmen eines Erfahrungsaustausches diskutiert. Daneben wurden aber auch rechtliche Aspekte wie Arbeitszeitbestimmungen und Arbeitszeiterfassung, die Umsetzung von Arbeitsschutzvorschriften sowie datenschutzrechtliche Bestimmungen und Anforderungen im Detail besprochen. Abgerundet wurden die sehr praxisrelevanten Inhalte mit Fragen des Unfallversicherungsschutzes sowie von Haftungsfragen. Solange das nur als Referentenentwurf vorliegende Mobile Arbeit-Gesetz nicht ratifiziert wird, werden sich Finanzinstitute einer Flut von noch offenen Fragen bei der Umsetzung des mobilen Arbeitens ausgesetzt sehen. 

Generell haben die Teilnehmer über folgende Mindestinhalte einer entsprechenden Betriebsvereinbarung diskutiert, welche hier exemplarisch aufgeführt sind:

Mögliche Inhalte und Regelungsgegenstände der Dienstvereinbarung zum Homeoffice:

Geltungsbereich

  • Alle Dienststellen in Deutschland

Regelungsgegenstand

  • Definition und Umfang des mobilen Arbeitens
  • Voraussetzungen für die Teilnahme am mobilen Arbeiten
  • Eignung der Arbeitsaufgabe und betriebliche Gründe
  • Räumliche Grenzen

Evaluierung

  • Fortlaufende Überprüfung der Regelung in einem ständigen AK
  • Mitarbeiterbefragung

Arbeitszeit

  • Wird durch die mobile Arbeit grundsätzlich nicht verändert
  • Arbeitszeiterfassung bleibt in der Verantwortung der Beschäftigten

Kostenübernahme/Ausstattung

  • Grundsätzlich entscheidet die Bank über die konkrete Arbeitsplatzausstattung

Arbeitsschutz

  • Information der Mitarbeitenden über das Intranet
  • Übertragung der Pflicht zur Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften (§ 15 I ArbSchG)
  • Gefährdungsbeurteilung bei mobiler Arbeit?

Datenschutz und Datensicherheit

  • Verantwortung liegt bei den Mitarbeitenden
  • Keine Ausdrucke

Haftung und Versicherung

  • Allgemeine Haftungsgrundsätze
  • Informationspflicht bei durch Dritte verursachte Schäden
  • Unfallversicherung à gesetzliche Regelung

Härtefälle

  • Ausnahmeregelung für Härtefälle
  • Entscheidung der direkten Führungskraft

PRAXISTIPPS

  • Eine Betriebsvereinbarung zum Homeoffice schafft Klarheit und Verlässlichkeit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
  • Das Thema Homeoffice und dessen Regelung sind heute schon wichtiger Bestandteil der Arbeitgeberattraktivität bei der Gewinnung neuer Mitarbeiter.
  • Auch mit Blick auf verschiedene aufsichtsrechtliche Anforderungen (u. a. BAIT) sind klare Regelungen in einer Betriebsvereinbarung wichtig.

Beitragsnummer: 19544

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