Dienstag, 19. April 2022

Das makroprudenzielle Maßnahmenpaket in der Kapitalplanung

Die Reaktivierung des antizyklischen Puffers und die Neueinführung eines sektoralen Systemrisikopuffers haben potenzielle Auswirkungen auf den Kapitalplanungsprozess

Dr. Daniel Baumgarten, Teamleiter Risikotragfähigkeit & Kapital, Sparkasse KölnBonn

 

Neue Kapitalpufferanforderungen für deutsche Kreditinstitute

Für Mitarbeiter in den Bereichen Gesamtbanksteuerung und Risikocontrolling deutscher Kreditinstitute fing das Jahr 2022 direkt mit einer Überraschung an: Am 12.01. wurde ein sog. makroprudenzielles Maßnahmenpaket durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) angekündigt. Das Paket umfasst die Reaktivierung des antizyklischen Puffers, der im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu Beginn der Covid-19-Pandemie von 0,25 % auf 0 % reduziert wurde, sowie die Neueinführung eines sektoralen Systemrisikopuffers.

Am 01.02.2022 hat die BaFin den antizyklischen Puffer mit Wirkung ab dem 01.02.2023 auf 0,75 % festgesetzt. Am 01.04.2022 ordnete die BaFin mittels Allgemeinverfügung die Festsetzung des Systemrisikopuffers für den Wohnimmobiliensektor in Höhe von 2,00 % der risikogewichteten Aktiva von durch Grundpfandrechte besicherten Wohnimmobilien-Finanzierungen an, ebenfalls mit Wirkung ab dem 01.02.2023.

Die Deutsche Kreditwirtschaft hat den Zeitpunkt der Aktivierung der makroprudenziellen Maßnahmen sowie die davon ausgehenden Impulse auf die Kreditvergabe und den bereits hohen Wettbewerbsdruck deutscher Kreditinstitute kritisiert und fordert Nachbesserungen wie z. B. eine stufenweise Einführung und eine Begrenzung auf das Neugeschäft.

 

Herausforderungen in der Kapitalplanung/normativen Perspektive

Mittels der Kapitalplanung/normativen Perspektive ist – unter der Zielsetzung einer Fortführung der Geschäftstätigkeit – die Fähigkeit eines Instituts zur Einhaltung der regulatorischen Mindestkapitalanforderungen sowie relevanter Kapitalpufferanforderungen und ggf. interner Managementpuffer für einen mindestens dreijährigen Zeitraum nachzuweisen. Dabei stehen die Eigenmittelanforderungen und -erwartungen sowie der interne Kapitalbedarf der Risikotragfähigkeit im Mittelpunkt. Die Kapitalplanung stellt als Verknüpfung der Strategie mit der Unternehmensplanung einen wichtigen Baustein in der Sicherstellung der Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells und der Geschäftsstrategie dar. In diesem Zusammenhang sind auch aktuelle bzw. erwartete Entwicklungen zu berücksichtigen.

In den Kreditinstituten stellt sich daher die Frage der potenziellen Auswirkung der Ankündigung erhöhter bzw. neuer Kapitalpufferanforderungen auf die Kapitalplanung. Auch unter Berücksichtigung der erweiterten Anforderungen an den Kapitalplanungsprozess durch die aufsichtlichen Vorgaben zur Darstellung einer normativen und ökonomischen Perspektive ist die Jahres- und Mittelfristplanung grundsätzlich weiterhin jährlich sowie anlassbezogen zu erstellen.

Durch die erhöhten bzw. neuen Kapitalpufferanforderungen ergibt sich kein Anlass einer Aktualisierung der gesamten Jahres- und Mittelfristplanung, da wesentliche Elemente wie die Vertriebs- oder Kostenplanung grundsätzlich nicht tangiert sein sollten. Es können sich jedoch mögliche Implikationen für eine Überprüfung und ggf. Aktualisierung eines der letzten Schritte des Planungsprozesses ergeben, der Kapitalplanung, da sich ein anderer Abstand zwischen den geplanten Kapitalquoten und deren Soll-Anforderungen über den Planungszeitraum ergibt. Ist dieser Abstand weiterhin auskömmlich, führt dies, außer einer entsprechenden Kommentierung, zu keinen weiteren unmittelbaren Erfordernissen. Bei sich abzeichnenden Engpässen in der Kapitalplanung sind jedoch Auswirkungsanalysen durchzuführen und bei Bedarf passende strategische Handlungsempfehlungen abzuleiten.

 

PRAXISTIPPS

  • Führen Sie Auswirkungsanalysen der erhöhten Pufferanforderungen auf Ihre Kapitalplanung durch.
  • Dokumentieren Sie Ihre Bewertung in Bezug auf die Abweichung gegenüber der bestehenden Planung.
  • Leiten Sie ggf. bei Bedarf strategische Handlungsempfehlungen ab.

Beitragsnummer: 20608

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