Donnerstag, 19. Mai 2022

Berufen auf Anscheinsbeweis kein UWG-Verstoß

Berufen auf Anscheinsbeweis bei abhandengekommener EC-Karte kein UWG-Verstoß

Prof. Dr. Hervé Edelmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart

 

Im Anschluss an die Entscheidung des Oberlandesgerichts Bremen vom 19.05.2021 (vgl. hierzu Edelmann, BTS Ausgabe Februar 2022, S. 6 f.), hält nunmehr auch das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. in seinem Urteil vom 30.09.2021, Az. 6 U 68/20 (BKR 2022, 334), fest, dass ein Zahlungsdienstleister nicht gegen § 675 w Satz 4 BGB verstößt, wenn er die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Anscheinsbeweises erbringt, indem er darlegt, dass die Sicherheitsmerkmale von Zahlungskarten praktisch unüberwindbar sind. Die von § 675 w, Satz 4 BGB geforderten unterstützenden Beweismittel müssten nämlich nur dadurch erbracht werden, dass die praktische Unüberwindbarkeit der Sicherheitsmerkmale von Zahlungskarten dargelegt und ggf. bewiesen wird (so auch Werner, BKR 2022, 336 ff.; vgl. auch Jungmann, EWiR 4/2022, 97).

In diesem Zusammenhang hält das OLG Frankfurt ergänzend noch fest, dass dann, wenn sich ein Kreditinstitut auf die Regeln des Anscheinsbeweises bei Abhandenkommen von EC-Karten beruft, darin keine irreführende geschäftliche Handlung i. S. v. § 5 Abs. 1, S. 2 UWG gesehen werden kann. Dies gilt nach Auffassung des OLG selbst dann, wenn man in Bezug auf § 675 w, S. 4 BGB eine andere Rechtsauffassung als das OLG vertreten wollte. Denn dem Kreditinstitut müsse das Recht eingeräumt werden, zumindest eine vertretbare Rechtsauffassung zu äußern, womit keine falsche Tatsache behauptet würde. Zudem müsse es dem Kreditinstitut bei der Abwehr von Ansprüchen unbenommen bleiben, einen entsprechenden vertretbaren Rechtsstandpunkt einzunehmen.

 

PRAXISTIPP

Nachdem nunmehr zwei Oberlandesgerichte bestätigt haben, dass an den Grundsätzen zur Verfügbarkeit des Anscheinsbeweises auch vor dem Hintergrund der Neueinführung von S. 4 in § 675 w BGB festzuhalten ist und der Bundesgerichtshof bereits zur Vorgängernorm des § 675 w S. 3 BGB festgehalten hat, dass diese Norm der Anwendung des Anscheinsbeweises dann nicht entgegensteht, wenn man besondere Anforderungen an dessen Ausgestaltung stellt (BGH, Urteil vom 26.01.2016, XI ZR 91/14 Rn. 23), ist davon auszugehen, dass der Bundesgerichtshof selbiges auch in Bezug auf § 675 w S. 4 BGB entscheiden wird.

 


Beitragsnummer: 21699

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