Freitag, 24. Juni 2022

Wirksamkeit einer Nachrangklausel bei partiarischen Darlehen

Prof. Dr. Hervé EdelmannFachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, Thümmel, Schütze & Partner, Stuttgart

 

In einem Fall, in welchem die Kläger einer EWFIV (eine europäische Personengesellschaft; Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung) ein partiarisches Darlehen (Beteiligungsdarlehen) gewährt hatten, welches an sie infolge der Insolvenz der Gesellschaft nicht zurückgezahlt worden war und in welchem die Kläger daher den Geschäftsführer und Mitglied der EWIV auf Schadensersatz in Anspruch genommen hatten, gelangt das Oberlandesgericht Brandenburg in seinem Urteil vom 23.12.2021, Az. 7 U 113/21 (BKR 2022, 383 m. Anm. Schwennicke, BKR 2022, 387 ff.), zum Ergebnis, dass die EWIV als Darlehensnehmerin mit Abschluss des partiarischen Darlehens gegen das Verbot des unerlaubten Betreibens des Einlagegeschäfts i. S. v. §§ 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, 32 Abs. 1, 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG verstoßen habe, da sie nicht über eine Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG verfügte, was dazu führt, dass den Klägern ein Schadensersatzanspruch wegen Verstoß gegen ein Schutzgesetz (§ 32 Abs. 1 KWG) i. V. m. § 823 Abs. 2 BGB zustünde.

Zur Begründung führt das OLG aus, dass das partiarische Darlehen zwar aufgrund der darin enthaltenen Nachrangklausel die an die Annahme eines Einlagengeschäfts zwingend notwendige Voraussetzung der unbedingt rückzahlbaren Gelder nicht erfülle. Nachdem jedoch die im Darlehen enthaltene Nachrangklausel wegen AGB-Verstoß als unwirksam zu qualifizieren ist, sei die Vereinbarung des partiarischen Darlehens als eine Vereinbarung über unbedingt rückzahlbare Gelder und damit als ein Einlagengeschäft nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KWG anzusehen.

Was den AGB-Verstoß anbelangt, so hält das Oberlandesgericht Brandenburg zunächst fest, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Vermeidung der Rechtsfolgen von § 305c Abs. 1 BGB ein eindeutiger Hinweis auf den Nachrang erforderlich sei. Zumindest müsse aber der Nachrang inhaltlich verständlich und drucktechnisch so hervorgehoben sein, dass eine Kenntnis des Darlehensgebers hiervon erwartet werden kann, so z. B. durch die Bezeichnung als Nachrangdarlehen auf der ersten Seite des Vertragsformulars verbunden mit Hinweisen auf dessen rechtliche Besonderheiten (vgl. hierzu Schwennicke, a. a. O., u. H. a. BGH, Urteil v. 06.12.2018, Az. IX ZR 143/17, Rn. 21 sowie BGH, Urteil v. 20.02.2014, Az. IX ZR 137/13, Rn. 16). Da das streitgegenständliche Darlehen entsprechende deutliche Hinweise auf den Nachrangcharakter nicht enthalten habe, sei, so das Oberlandesgericht, von einer überraschenden und damit unwirksamen Klausel nach § 305c Abs. 1 BGB auszugehen (Rn. 36 ff.).

Hiervon unabhängig bejaht das Oberlandesgericht Brandenburg zudem einen Verstoß gegen das Transparenzgebot i. S. v. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Diesbezüglich gilt nach der Rechtsprechung des BGH im Zusammenhang mit Nachrangklauseln, dass eine transparente Nachrangklausel die Rangtiefe, die vorinsolvenzliche Durchsetzungssperre, deren Dauer und die Erstreckung auf die Zinsen klar und unmissverständlich aufzeigen muss, was bedeutet, dass die Voraussetzungen der vorinsolvenzlichen Durchsetzungssperre hinreichend deutlich erläutert werden müssen, insbesondere, inwieweit Zins- oder Rückzahlungsansprüche aus dem Darlehen undurchsetzbar sind, wenn die Darlehensschuldnerin zum Zeitpunkt des Leistungsverlangens bereits zahlungsunfähig oder überschuldet ist oder dies zu werden droht (so Schwennicke, a. a. O., u. H. a. BGH, Urteil vom 06.12.2018, Az. IX ZR 143/17, Rn. 36). Zudem müssten der Rang und die Behandlung der Ansprüche in der Insolvenz verständlich dargestellt werden, insbesondere dass Zahlungen von Zinsen und Darlehenskapital erst nach vollständiger Befriedigung aller anderen vorrangigen Gläubiger erfolgen. 

Da die streitgegenständliche Nachrangklausel diesen Anforderungen nicht genügte, wurde diese für unwirksam erklärt. 


Beitragsnummer: 21740

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