Sabine Haberland-Hoffmann, Dozentin und Trainerin, ehem. Gleichungsbeauftragte der Sparkasse Krefeld
Wie formuliere ich in jeder Situation angemessen? Wie kann ich Lächerlichkeiten vermeiden? Wie gelingt die Akzeptanz für eine sprachliche Veränderung in der dienstlichen Kommunikation?
Diese Fragen habe ich mir als Gleichstellungsbeauftragte in den vielen Jahren häufig selbst gestellt.
Das Landesgleichstellungsgesetz gibt es in Nordrhein-Westfalen seit dem 09.11.1999. Ich wurde im Februar 2000 zur Gleichstellungsbeauftragten bestellt und hatte dieses Amt durchgängig bis zu meinem Renteneintritt inne.
In meinem ursprünglichen Verantwortungsbereich als Ausbildungsleiterin ab Mitte der 90er Jahre hatte ich auch dafür zu sorgen, dass die neuen Auszubildenden ab dem 1. Tag ihrer Tätigkeit bei uns korrekt gekleidet waren und mit angemessenen Umgangsformen auf unsere Kund:innen und auf alle Kolleg:innen in unserem Hause zugingen. Die Formulierung von Kundenanschreiben, die kundenorientierte Ansprache am Telefon und das direkte Gespräch wurden geübt.
Aber auch alle Mitarbeiter:innen fragten mich stets um Rat bei Zweifelsfragen. Sehr oft ging es hier aber auch um Themen im Umgang mit männlichen und weiblichen Kunden.
Bereits damals beschwerten sich z. B. Kundinnen, dass sie in Anschreiben oder Vordrucken gar nicht erwähnt oder nicht richtig angesprochen wurden.
Die wesentliche Aufgabe der Gleichstellungsbeauftragten ist es, als Unterstützerin der Geschäftsleitung und aller Führungskräfte dazu beizutragen, dass Männer und Frauen tatsächlich in einem Unternehmen gleichberechtigt behandelt werden, Benachteiligungen von Frauen abgebaut werden, Frauen gefördert und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Männer und Frauen verbessert wird.
Außerdem besteht die allgemeine Bestimmung, dass in der internen wie externen dienstlichen Kommunikation die sprachliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern anzuwenden ist. Dabei sind zunächst geschlechtsneutrale Personenbezeichnungen einzusetzen. Sofern diese nicht gefunden werden, ist die weibliche und die männliche Sprachform zu verwenden.
Das hört sich grundsätzlich leicht und einfach an. Die Umsetzung dieser gesetzlichen Vorschrift war und ist schwierig:
- von der Aussage, dass Frau zu viel Zeit hat, sich mit solch einem überflüssigen und nebensächlichen Thema zu beschäftigen bis hin zu persönlichen Angriffen und massiven Vorwürfen
- andere ignorieren die gesetzliche Vorschrift einfach.
Nachdem ich mich mit dem Gesetz vertraut gemacht hatte, habe ich meine eigenen Texte – so gut ich konnte – gegendert.
In meinem Unterricht bei den Auszubildenden und den Seminaren, die ich in der Erwachsenenbildung gegeben habe, habe ich darauf geachtet, mich gendergerecht auszudrücken und immer, wenn ich darauf angesprochen wurde, das auch zu erläutern.
Weiterhin wurden zunächst alle offiziellen Texte in unserem Haus – aber auch in der gesamten Sparkassenorganisation – im generischen Maskulinum verfasst.
Dies hatte zum Teil auch eine ganz einfache Begründung. Gleichstellungsrecht ist Landesrecht und nicht in allen Bundesländern stand in den Gesetzen, dass eine gendergerechte Sprache einzuhalten ist. Sollte der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) und auch der Sparkassenverlag für einige Bundesländer die Texte gendern und für die anderen nicht?
Ich war für das Thema sensibilisiert, nahm aber im Geschäftsleben und in der Politik keine Sensibilisierung für eine breite Anwendung wahr. Es wurde im Betrieb von Kolleg:innen nicht für erforderlich gehalten, galt als kompliziert. Außerdem wurde mir stets der Hinweis gegeben, dass doch regelmäßig in allen Publikationen steht: „Wegen der besseren Lesbarkeit wird im folgenden Text ausschließlich die männliche Bezeichnung gewählt. Gemeint sind jedoch stets alle Geschlechter“.
Insoweit war es auch nicht verwunderlich, dass in der unmittelbaren Kommunikation mit der Kundschaft oder auch bei offiziellen Reden ganz selbstverständlich weiterhin das generische Maskulinum verwendet wurde.
Mit der Novellierung des Landesgleichstellungsgesetzes NRW Ende 2016 fiel der Startschuss für Veränderungen: Sofort Anfang 2017 wurde in unserem Haus ein neuer Gleichstellungsplan erstellt und die Umsetzung der gendergerechten Sprache in unseren betrieblichen Alltag als ausdrückliche Maßnahme zur Sichtbarmachung der Frauen aufgenommen. Der Gesamtvorstand hat den Gleichstellungsplan unterschrieben. Im gleichen Jahr bekannte sich der Verwaltungsrat als unser Kontrollorgan dazu, Texte prinzipiell zu gendern.
Zunächst zögerlich, dann aber immer selbstverständlicher werden Männer und Frauen im gesamten Unternehmen unmittelbar angesprochen und auch genderneutrale Formulierungen setzten sich immer mehr durch.
Deutlich unterstützt wurde das Thema „gendergerechte Sprache“ in den Rheinischen Sparkassen 2018 durch eine Veröffentlichung des Präsidenten. Er stellte heraus, dass die Sparkassen eine Vorbildfunktion in der Öffentlichkeit haben, die Sparkassen sich gesetzeskonform verhalten wollen und es wichtig ist, den gesellschaftlichen Wandel zu unterstützen und sich klar und unmissverständlich auszudrücken.
In diesem Jahr wurde ein weiterer wichtiger Impuls durch den DSGV gesetzt und allen Sparkassen ein Leitfaden zur gendersensiblen Sprache mit Argumentationshilfen angeboten.
Mein Fazit
Den Menschen sollte im privaten wie im beruflichen Alltag Zeit gegeben werden, sich neuen Entwicklungen anzupassen. Geduld ist hier, wie in so vielen anderen Themenstellungen, gefragt.
Die Ausdrucksweise zeigt meine innere Haltung. Neben der im Grundgesetz bereits seit 1949 rechtlichen Gleichstellung der Geschlechter drücke ich durch meine Sprache meine Wertschätzung für alle Geschlechter aus und mache sie sichtbar.
PRAXISTIPPS
- Nutzen Sie Ihr Initiativrecht und beantragen Sie einen Beschluss der Geschäftsleitung zum Einsatz der gendergerechten Sprache in allen Bereichen.
- Setzen Sie sich für die Bildung eines Teams ein. Für die Aufgabe besonders geeignet sind Mitarbeitende aus den Bereichen Vorstandsstab, Organisation, Personalbereich, Unternehmenskommunikation oder Markt. Oder: Schreiben Sie für dieses Thema ein Projekt aus und fördern Sie gezielt die Teilnahme von jungen Mitarbeitenden und auch Auszubildenden.
- Sichern Sie den Erfolg des Teams/der Projektgruppe. Damit die Umsetzung nachhaltig wirkt, benötigt es eine langfristige Umsetzungsstrategie. Das Thema „Gendergerechte Sprache“ entwickelt sich mit der Gesellschaft stets weiter.
Beitragsnummer: 21772